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Stahlriesen fürs mobile Internet

Eine Telekom-Tochter baut entlang der ICE-Strecke nach Dresden neue Funkmasten. Davon profitiert nicht nur die Bahn.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Stefan Lehmann und Antje Steglich

Riesa. Mehr als 40 Meter reckt sich das Stahlkonstrukt in die Höhe. Selbst auf den Satellitenbildern im Netz ist der Mast überdeutlich zu erkennen, wirft einen langen Schatten über den Feldweg, der hinter der Bahnstrecke Oschatz-Riesa entlangführt.

Ein solcher Mast soll in naher Zukunft auch in Riesa gebaut werden, erklärt Benedikt Albers. Er ist Sprecher der Deutschen Funkturm. Die Telekom-Tochter mit Sitz in Münster ist dafür zuständig, die Infrastruktur für Mobilfunkanbieter, den Rundfunk und auf Funkverbindungen angewiesene Behörden auf- und auszubauen. Ein wichtiger Teil dieser Infrastruktur sind Stahlgittermasten wie der, den die Deutsche Funkturm nun auf dem Gelände der AGV an der Canitzer Straße errichten möchte. „In Riesa-Merzdorf sind wir uns schon einig mit dem Grundstückseigentümer“, bestätigt Benedikt Albers. Der Mast, der in direkter Nachbarschaft einer Halle der AGV entstehen soll, wird allerdings nicht 45 Meter hoch werden wie der nächstgelegene in Richtung Oschatz. Geplant sei eine Höhe von 30 Metern, erklärt der Funkturm-Sprecher.

Auf dem Stahlgittermast wird nach dessen Fertigstellung zunächst die Deutsche Telekom Sender für die sogenannten LTE- und GSM-Dienste aufbauen, das heißt für das mobile Internet sowie für die „normale“ Sprachtelefonie. Dass das geplante Bauwerk in direkter Nähe zur Zugstrecke verläuft, kommt nicht von ungefähr.

Alle fünf Kilometer ein Funkstandort

Rund 28000 Funkstandorte hat die Deutsche Funkturm mit Sitz in Münster mittlerweile bundesweit eingerichtet. Neben Stahlgittermasten, wie sie nun in Riesa und Röderau geplant sind, gehören dazu auch kleinere Anschlüsse auf Dächern oder an Hausfassaden.

Die Funkturm stellt dabei lediglich die Infrastruktur für die verschiedenen Funknetzbetreiber, allen voran die Deutsche Telekom. Die wiederum mieten sich sozusagen auf den Masten und Türmen ein.

Die Wahl des Standorts ist in erster Linie Mathematik, erklärt Sprecher Benedikt Albers: Anhand der vorhandenen Sender berechnet das Unternehmen den Idealstandort für den nächsten Funkmast. „Unsere Aufgabe ist es dann, Grundstücke zu akquirieren, die möglichst nah an diesem Idealstandort liegen.“ Der Abstand zwischen den verschiedenen Sendern beträgt laut Albers normalerweise etwa fünf Kilometer.

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„Die Masten dienen vor allem der Versorgung der Bahnlinie“, sagt Benedikt Albers. Wer heutzutage auf der Strecke unterwegs ist, fährt immer wieder mal ins Funkloch, der Ausbau der Infrastruktur soll diese Ausfälle reduzieren. Außerdem entlasten zusätzliche Türme auch die vorhandenen Netze. „Stellen Sie sich vor, ein voll besetzter ICE fährt jede halbe Stunde vorbei und mit einem Mal wählen sich mehrere Hundert Mobiltelefone in eine Zelle ein.“ Das führe fast zwangsläufig zu einer starken Belastung, der man mit zusätzlichen Funkstandorten begegnen könne.

Freilich verbessere ein zusätzlicher Funkmast auch den Empfang für die Handynutzer, die in Riesa leben. Zunächst allerdings nur für Telekom-Kunden, so Albers. Andere Anbieter könnten sich allerdings sukzessive auf dem Turm einmieten und ihre eigenen Sender anbringen. Es sei erfahrungsgemäß nicht ausgeschlossen, dass die Anbieter Vodafone und Telefonica noch dazukommen.

Nicht nur in Riesa-Merzdorf möchte die Deutsche Funkturm demnächst bauen. Ein weiterer Mast mit 40 Meter Höhe ist im Zeithainer Ortsteil Röderau geplant. Die Gemeindeverwaltung hat angekündigt, dafür eine Fläche zwischen dem Tennisplatz und dem Bolzplatz an das Unternehmen verpachten zu wollen. Damit wolle man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: „Das ist zurzeit eine wilde Ecke“, sagte Bauamtsleiter Holger Koßwig. Und die würde durch das Vorhaben nicht nur aufgeräumt. Die Kommune hätte dadurch zudem Einnahmen und könne auf eine bessere Funkverbindung für die Anwohner hoffen. Der Nachteil: Am Waldrand steht dann ein 40 Meter hoher Mast – und das dürfte nicht jedem schmecken.

„Es gab schon einmal Anfragen, da gab es aber richtig Ärger“, sagte Gemeinderat Holger Krüger (parteilos). Die Anlieger hätten das Vorhaben vehement abgelehnt, weshalb es letztlich auch nicht umgesetzt wurde. Andere Gemeinderäte argumentierten hingegen, dass sich dort zwar Sportanlagen, aber schließlich keine Wohnbebauung befindet. Zudem hätten das Telefonieren mit Handys und die Internetnutzung heute einen ganz anderen Stellenwert – „wir brauchen diese Masten“, so CDU-Gemeinderat Christian Wagner. Der Verpachtung wurde deshalb zugestimmt.

Von der Telekom-Tochter heißt es dennoch, das Vorhaben stecke in einem „sehr frühen Stadium“ – anders als das in Riesa, wo man wahrscheinlich Anfang 2019 mit dem Bau beginnen kann. Reibungslos war es dort auch nicht vorangegangen. Für den Mast auf dem AGV-Gelände hatte sich die Telekom-Tochter monatelang mit den Behörden abstimmen müssen, weil der Mast direkt neben einem denkmalgeschützten Gebäude entstehen soll.

Wann die Merzdorfer Funkzelle letztlich an den Start gehen soll, ist laut Benedikt Albers noch völlig offen. „Der Turm wird voraussichtlich im ersten Quartal fertig. Dann ist die Telekom an der Reihe.“ Ehe die Technik des Telefonanbieters angebracht ist, werden wohl noch einmal zwei Monate vergehen. Anschließend wird es komplex: „Alle Antennen drumherum müssen dann neu ausgerichtet werden.“ Das geschieht immer in einem Zwei-Monats-Turnus.

Je nachdem, wann der Turm technisch so weit ist, könnten also noch einmal bis zu zwei Monate vergehen, ehe vom neuen Mast auch wirklich gesendet wird.