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Kleines Haus für große Sorgen

Können Eltern ihre Kinder nicht großziehen, schreitet das Jugendamt ein. Dafür gibt es bald eine neue Adresse in Freital.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Freital. Eigentlich, sagt Frank Hendrich, eigentlich sei es total traurig, dass man so ein Haus überhaupt brauche. Hendrich steht in der ersten Etage eines ehemaligen Wohngebäudes an der Dresdner Straße, ein großer Garten umgibt es. Die Räume, die Hendrich zeigt, sind noch nicht ganz fertig. Die Wände aber strahlen schon in gelben, grünen und orangen Pastelltönen. Bald sollen hier Kinder im Alter von bis zu sechs Jahren wohnen. Kinder, die das Jugendamt aus Familien nehmen muss, weil zu Hause nichts mehr geht. Die Behörde spricht dann von „Kindeswohlgefährdung“. Diese Kinder kommen zu Frank Hendrich und seinem Team vom Kinder- und Jugendhilfeverbund Freital (KJV).

Der Verein betreibt bereits ein Kinder- und Jugendwohnhaus in Burgk. Hier wohnen Kinder von sechs bis 16 Jahren, manche für kurze Zeit, andere mehrere Jahre. Der Bedarf ist steigend. Der KJV wurde daher schon vor vier Jahren vom Landkreis angesprochen, mehr Plätze zu schaffen. Als der Verein sich nach einem Grundstück umsah, stieß er auf den Verkaufswillen eines Ehepaares an der Dresdner Straße unweit des Wohnobjektes Storchenbrunnen. Ihnen war das Haus mit Garten zu groß geworden. „Für uns war es ideal“, sagt Vereinsvorsitzender Ralph Grundmann. Im November 2017 kam dann der Auftrag vom Landratsamt, Plätze für Kleinkinder zu schaffen. Im März 2018 war Baubeginn, jetzt konnte bereits Richtfest gefeiert werden. Das Richtfest bezieht sich vor allem auf einen Anbau, der als Treppenhaus dienen und den zweiten Fluchtweg gewährleisten soll. Das Bestandsgebäude wird komplett saniert und umgebaut.

Im Erdgeschoss entstehen eine Garderobe sowie ein großer Gemeinschaftsraum mit offener Küche. Hier soll sich der Alltag größtenteils abspielen. In der ersten Etage werden drei Kinderzimmer und ein Bad eingerichtet. Immer zwei Kinder müssen sich einen Schlafraum teilen. Insgesamt gibt es sechs Plätze im Heim. Zudem soll es einen Snoozle-Raum geben, also ein Zimmer, in dem sich die Kleinen entspannen und träumen können. Sieben Sozialpädagogen und Erzieher teilen sich die Betreuungsarbeit, dazu kommt Personal für Küche, Reinigungsarbeiten, Hausmeisterdienste. „Insgesamt werden hier zwölf Leute arbeiten“, sagt Vereins-Chef Grundmann. Auch das Dachgeschoss wird neu ausgebaut. Es entstehen Gesprächs- und Therapieräume – für Erwachsene. Denn das Ziel sei es, sagt Heimleiter Hendrich, dass die Kinder irgendwann wieder zu ihren Eltern zurückkehren. Zudem finden nach Möglichkeit mit den Eltern regelmäßige Kontakte und Besuche statt.

Das Kinderheim soll Anfang November eröffnen. Bis dahin müssen sämtliche Ausbauarbeiten beendet sein. Auch die Außenanlagen werden erneuert, einige Parkplätze geschaffen und ein Spielbereich angelegt. Insgesamt investiert der Verein 1,3 Millionen Euro in das Projekt. Dafür habe der KJV einen Kredit aufgenommen, sagt Geschäftsführer Tobias Schmieder. Das Geld muss nun über die Belegung der Plätze wieder eingespielt werden. „Aber da ist die Nachfrage groß“, sagt Hendrichs.