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Wie viele Hochhäuser verträgt die Stadtsilhouette?

Rot-Rot-Grün will ein Leitbild entwickeln, an welchen Stellen sie sich anbieten.

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© Screenshot: SZ

Von Kay Haufe

Zehn Hochhausprojekte sind derzeit für Dresden in Planung oder ihr Bau hat sogar schon begonnen. Aber passen sie auch alle ins Stadtbild? Sind sie zu hoch oder zu klotzig? Klare Prämissen für den Bau will die Stadtratskooperation aus Grünen, Linken und er SPD jetzt in einem Leitbild für Hochhäsuer festlegen.

Viele Neubauvorhaben würden von den Investoren, dem Stadtplanungsamt oder sogar in Werkstattverfahren nur im direkten Umfeld betrachtet. „Die Auswirkung auf das Gesamtstadtbild wird oft nicht beachtet. Genau das spielt aber eine enorme Rolle“, sagt Hendrik Stalmann-Fischer, der baupolitische Sprecher der SPD im Stadtrat. Erst jüngst hatte die Gesellschaft Historischer Neumarkt (GHND) kritisiert, dass das Hochhaus am Pirnaischen Platz nach der Sanierung die Stadtsilhouette verändere, weil es höher werde. „Doch genau in dem Fall stimmt das nicht. Die GHND hat den Standort Marienbrücke gewählt, was zu Verzerrungen führt“, sagt Thomas Löser von den Grünen.

Grundsätzlich aber mache sich in der Stadt das Gefühl breit, dass viele Investoren durch den immer knapper werdenden Baugrund immer mehr in die Höhe bauen wollen, sagt Löser. „Aber nicht die ökonomische Nachfrage darf bestimmen, wo Hochhäuser entstehen. Dafür muss die Stadt selbst ein Leitbild entwickeln. “ Linken-Stadtrat Tilo Wirtz führt ein Beispiel an: Beim geplanten Hochhaus am Lennéplatz seien Denkmalschutz und Amt für Stadtgrün viel zu spät einbezogen worden. Sie befürchten, dass das Hochhaus viel zu dicht an die denkmalgeschützte Gartenanlage heranrückt und diese fast erdrückt. Es musste umgeplant werden, ein Kompromiss ist inzwischen gefunden. „Aber der Hickhack hätte vermieden werden können, wenn wir klare Regeln hätten, wo in Dresden Hochhäuser angebracht sind und wo nicht“, sagt Wirtz.

Die drei Fraktionen haben jetzt den Antrag „Wildwuchs von Hochhäusern im Stadtbild verhindern“ eingebracht, mit dem das Dresdner Leitbild für die Hochhausentwicklung entstehen soll. „Wir wissen, dass auch der Baubürgermeister ein Hochhauskonzept erstellen lässt und wollen dies mit unserem Antrag unterstützen“, sagt Thomas Löser. Dabei müsse man auch darüber sprechen, was man sich für die Stadt wünsche, ob beispielsweise eine Silhouette mit 200-Meter-Hochhäusern wie in Frankfurt am Main auch Dresden gut stehen würde. „Höhen müssen durchaus diskutiert werden“, sagt Löser. Wichtig ist allen drei Parteien zu sagen, dass mit diesem Antrag der Hochhausbau zwar reguliert, aber keineswegs verboten werden soll. „Es gibt einige Orte in der Stadt, wo sie gut hinpassen. Zum Beispiel am Wiener Platz, wo sie den Hauptbahnhof gut fassen“, sagt Stalmann-Fischer.

Derzeit gibt es in Dresden etwa 350 Gebäude, die höher als 22 Meter sind und damit nach sächsischer Bauordnung als Hochhaus bezeichnet werden. Rund 230 dieser Gebäude haben zehn, 33 sogar 17 Geschosse – so wie die beiden Studentenwohnheime direkt am Lennéplatz. Über Jahrhunderte bildeten repräsentative Gebäude wie die Frauenkirche, die Dreikönigskirche oder das Neue Rathaus die Hochpunkte der Stadt. Erste Ausnahme war das Hochhaus am Albertplatz. Zu DDR-Zeiten wurde diesem Gestaltungsprinzip aber nicht mehr gefolgt, es entstanden die Hochhäuser am Terrassenufer, dem Käthe-Kollwitz-Ufer, am Pirnaischen Platz oder am Fritz-Löffler-Platz. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Wohnungen gebraucht wurden. „Wir als Grüne würden im Leitbild auch Themen von Dach- und Fassadenbegrünung, Versieglung oder Regenwassernutzung festschreiben lassen“, sagt Löser.

Und die drei Fraktionen machen bei den Hochhausprojekten nicht Halt, sondern wollen auch ein Gestaltungshandbuch für neue Gebäude auf den Weg bringen. „Moderne Architektur findet geringe Akzeptanz in der Bevölkerung“, sagt Tilo Wirtz. Niemand wolle Endlosfassaden mit immergleichen Fensteröffnungen und monoton angeordneten Balkonen sehen. Doch Gebäude dieser Art entstünden immer mehr in Dresden. „Farblich oft im sogenannten Architektencappuccino Milchgrau, Milchbraun und abgelöschtem Weiß“, sagt Wirtz provokant. Im Handbuch sollen positive Beispiele aufgeführt werden. Auch die Farbgestaltung spiele eine große Rolle. Dafür hat die Verwaltung sogar eine eigene Beauftragte im Stadtplanungsamt. „München arbeitet bereits erfolgreich mit einem Handbuch“, sagt Löser. Alle Akteure könnten daraus Prinzipien, wie kleinteilige Gestaltung anhand der Parzellierung oder die kreative Gestaltung von Eckbebauungen ablesen. Kommentar