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Grenzstädte sind Schwerpunkte für Kriminalität

Bei der Anzahl der Straftaten pro Einwohner schneiden Gemeinden im Kreis Görlitz verschieden ab – das hat meist spezielle Gründe.

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Von Anja Beutler

Die Gemeinden, die in sattem Grün glänzen, liegen in der Statistik auf den beneidenswerten Plätzen: Hier verzeichnet die polizeiliche Kriminalstatistik die geringste Anzahl von Fällen, hier leben die Menschen statistisch am ruhigsten: Vor allem rund um Löbau bis ins Oberland und teilweise auf dem Eigen ist das in einigen Gemeinden der Fall – aber auch im Norden des Kreises. Dass die größeren Städte gleichzeitig auch die höchsten Fallzahlen pro 1 000 Einwohner haben, ist kein neues Phänomen und auch im Jahr 2017 wieder zu beobachten gewesen. Auch wenn in der Polizeidirektion Görlitz 2017 der tiefste Stand der Kriminalitätsbelastung seit zehn Jahren gemessen wurde, gab es örtliche Schwerpunkte, die sich auch in der Statistik zeigen: Die Serie von Garageneinbrüchen, die vor allem im Herbst 2017 bis Frühjahr 2018 besonders das Oberland in Atem hielten, schlagen sich in Zahlen nieder. Während Ebersbach-Neugersdorf und Seifhennersdorf ohnehin eine vergleichsweise hohe Kriminalitäts-Fallzahl aufweisen, sind die Zahlen auch für Neusalza-Spremberg im Vergleich zu 2015 leicht gestiegen.

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Solche Phänomene haben natürlich auch Auswirkungen auf Sicherheitsgefühl und Statistik. Die Ergebnisse der Ermittlungsgruppe „Garage“ zeigen laut Polizei, dass es sich bei den Tätern um mehrere, oftmals drogenabhängige Männer handelt. Sie leben auf tschechischer Seite in der Region Varnsdorf, Jirikov, Sluknov sowie Ceska Lipa und treten in wechselnder Konstellation auf. Sie sind in verschiedenen, oftmals von Dritten zur Verfügung gestellten Fahrzeugen unterwegs. „Dabei nutzen sie die Abgelegenheit und nächtliche Ruhe der Tatorte sowie insbesondere die bauliche Substanz von Garagen aus DDR-Zeiten“, fasst Polizeisprecher Thomas Knaup zusammen. Für die Polizei ist es dabei die größte Herausforderung, den einzelnen Tatverdächtigen anhand von Spuren oder anderen Fakten eine Beteiligung in den konkreten Einzelfällen sicher nachweisen zu können. Hier ist die Polizei insbesondere auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.

Diebstahlsdelikte sind gerade im grenznahen Raum generell ein Schwerpunkt der Polizeiarbeit. Dass dies gute Früchte tragen kann, zeigt sich bei Ostritz: 2015, als in der Stadt zwischen Görlitz und Zittau sich gar eine Bürgerwehr bildete, um Hab und Gut zu schützen, standen in der Kriminalstatistik mehr als 100 Fälle auf 1 000 Einwohner zu Buche. Die Polizei widmete Ostritz verstärkt ihre Aufmerksamkeit und war vielfach präsent, sodass sich die Lage deutlich entspannt hat: Mit knapp 35 Fällen pro 1 000 Einwohnern hat sich die Anzahl 2017 deutlich verringert. Manuela Aedtner, Verwaltungsleiterin der Stadt, bestätigt, dass etwa in den sozialen Netzwerken Kriminalität als Thema seltener auftaucht als zuvor. Hochsensibel seien die Menschen vor Ort bei dem Thema aber nach wie vor. Gänzlich sorgenfrei ist die Stadt ohnehin nicht. „Wir haben immer wieder Probleme mit Vandalismus“, bestätigt Frau Aedtner.

So eine positive Entwicklung wünschte sich auch Seifhennersdorfs Bürgermeisterin Karin Berndt. Woran es hapert, kann die Bürgermeisterin nicht genau sagen. „Sicher, wir haben zwei Pkw-Übergänge an der Grenze, da ist alles offen“, benennt sie einen möglichen Grund für die hohe Kriminalitätsbelastung. Doch alles auf Grenzkriminalität zu schieben, ist ihr zu einfach. Denn interessanterweise stieg 2006 – im Jahr vor der Schengen-Erweiterung – die Kriminalitätsrate an und ist seitdem auf dem Level geblieben. „Auch im Inland haben manche Leute lange Finger“, kommentiert die Bürgermeisterin. Was sich genau für Delikte hinter den Zahlen verbergen, weiß sie nicht – wüsste sie aber gern. „Jugendkriminalität, soziale Probleme, all das spielt hier mit hinein. Da müsste man präventiv mehr tun“, sagt Frau Berndt.

Fahrzeugdiebstähle zählen auf alle Fälle auch in Seifhennersdorf zu einem Schwerpunkt der Delikte. „Betroffen waren insbesondere die Region Oberland, die Städte Zittau und Görlitz und die Region Weißwasser sowie Bad Muskau“, zählt Polizeisprecher Knaup auf. Insgesamt seien 2017 der Polizei im Landkreis 370 Fälle gemeldet worden, in denen die Täter das Fahrzeug tatsächlich gestohlen haben. In 210 weiteren Fällen blieb ein Diebstahl im Versuchsstadium stecken. Die Marken Volkswagen, Audi, Skoda, BMW und Mazda waren dabei vor allem im Visier der Diebe.