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Willkommen im Wilden Westen

Der Nachbarschaftsladen für die Innenstadt West eröffnet am Sonnabend am Leipziger Platz. Er ist Beratungsstelle und Ort für Veranstaltungen gleichzeitig.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Ingo Kramer

Görlitz. Das Getränkeangebot hat Toralf Arndt schon mal an den Tresen geschrieben. Wasser für 1,50 Euro gibt es, zudem Cola, Zitronen- und Rhabarberlimo und einiges mehr. „Ausschließlich alkoholfreie Getränke“, betont der 31-Jährige. Es ist schließlich kein Kiosk, den er hier am Leipziger Platz am Sonnabend ab 14 Uhr eröffnen will.

Es ist ein Nachbarschaftsladen – etwas, was es im Quartier vorher nicht gab. Aber auch etwas, was in der Innenstadt West nötig sein könnte, denn in diesem Viertel ballen sich soziale Probleme. Die hat auch die Stadt erkannt – und Ende 2016 aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) 1,3 Millionen Euro bewilligt bekommen. Voriges Jahr sind die ersten Projekte angelaufen, etwa im Kinder-Kultur-Café Camaleón, in der Rabryka oder bei der Freien evangelischen Gemeinde. Der Nachbarschaftsladen ist kein konkretes ESF-Projekt, sondern er begleitet die anderen Projekte, ist quasi die Schnittstelle zwischen Rathaus, Bewohnern und Vereinen. Und Toralf Arndt ist die Kontaktperson für alle. Mittwochs will er von 10 bis 18 Uhr im Nachbarschaftsladen sein, am Montag, Donnerstag und Freitag hingegen nur am Nachmittag, wahrscheinlich ab 13 Uhr. In dieser Zeit ist der studierte Sozialarbeiter Ansprechpartner sowohl für Leute, die mit ihren Problemen zu ihm kommen, als auch für jene, die Veranstaltungen planen. Doch wer will, kann auch einfach nur auf eine Rhabarberlimo vorbeikommen und sich auf die Couch setzen.

Den Rest seiner Arbeitswoche verbringt Toralf Arndt mit Terminen bei Projektträgern oder der Stadtverwaltung und der Planung von Veranstaltungen. „Doch auch außerhalb der Öffnungszeiten kann der Nachbarschaftsladen genutzt werden“, sagt er. Veranstaltungen wie Lesungen oder Vorträge seien nach Absprache jederzeit möglich, ohne dass eine Raummiete fällig wird. Aber es müssen öffentliche Veranstaltungen für die Bewohner des Quartiers sein, nicht etwa private Geburtstagsfeiern. Bei der Frage, wer wirklich Bewohner ist, drückt Toralf Arndt aber gern ein Auge zu: „Ich mache jedenfalls keine Ausweiskontrollen.“ Der Bürgerrat wird sich ab November regelmäßig hier treffen, zudem soll es jeden Donnerstag einen Brettspielabend geben. Weitere regelmäßige Veranstaltungen sind denkbar – vom Häkelkurs bis zu Treffen von Selbsthilfegruppen. „Das kommt ganz darauf an, was die Leute aus dem Quartier wollen“, sagt Toralf Arndt.

Er selbst stammt aus Freiberg, kam vor sechs Jahren zum Studium nach Görlitz – und blieb in der Stadt, nachdem er das Studium 2016 abgeschlossen hatte. Heute lebt er mit Frau und Kind in der Neißestadt. Nach dem Studium arbeitete er an einer Grundschule, dann als Dozent an der Hochschule. Für die 36-Stunden-Stelle im Nachbarschaftsladen ist er beim Verein Second Attempt angestellt, der gleich um die Ecke die Rabryka betreibt – und künftig das neue Zentrum für Jugend und Soziokultur. Den Nachbarschaftsladen wird es mindestens bis Juni 2021 geben, so steht es im ESF-Konzept. Toralf Arndt ist gespannt, wie sich alles entwickelt, mit welchen Themen die Bewohner zu ihm kommen. Zum Fokus-Festival im August hatte er schon probeweise geöffnet. Damals konnten Gäste Namensvorschläge für den Laden äußern. Bei der anschließenden Abstimmung hat sich die Idee „Wilder Westen“ durchgesetzt, in Anlehnung an die Innenstadt West.

Eröffnung am Sonnabend, 14 bis 21 Uhr, Leipziger Straße 23. Ab 19.30 Uhr Livemusik von Julius Menschner.