Von Frank Räther,SZ-Korrespondent in Johannesburg,
Einen der berühmtesten Anblicke Afrikas wird es bald nur noch auf Fotos zu bewundern geben: Giraffen in der Savanne vor dem schneebedeckten Gipfel des Kilimandscharo im Hintergrund. In den kommenden 25 bis 50 Jahren wird der höchste Berg Afrikas eisfrei sein. Geschmolzen, weil es zu viele Menschen gibt, die an seinen Hängen den Wald abroden.
Auch der Mount Kenia in der Nähe und die Rwenzori-Berge in Uganda verlieren aus dem gleichen Grund ihre Gletscher an der Spitze. Vor dieser Entwicklung warnen die Green Belt Movement in Kenia und das University College London nach entsprechenden Studien. „In den vergangenen 80 Jahren hat der Kilimandscharo 82 Prozent seines Eisgipfels verloren“, erklärte Fredrick Njau von Green Belt. „Beim Mount Kenia ging die Schneedecke sogar um 92 Prozent binnen eines Jahrhunderts zurück.“ Verblieben dort ist nur noch ein halber Quadratkilometer. Beim Kilimandscharo sind es drei Quadratkilometer und einer in den Rwenzori-Bergen.
Nur noch karge Büsche
Damit verlieren die ostafrikanischen Länder Tansania, Kenia und Uganda wichtige Touristenziele. Denn jährlich kommen Tausende Bergsteiger und andere Naturinteressierte, um mit eigenen Augen die nahe dem Äquator liegenden eisbedeckten Gipfel in der heißen afrikanischen Umgebung zu erklimmen. Von über 30 Grad in der Sonne führt ihr Weg bis zu Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.
Doch wo früher der Aufstieg durch Wälder ging, wachsen jetzt nur noch karge Büsche. Und wo saftiges Gras wuchs, ist dieses verschwunden und lässt nur noch nackten Fels übrig. Die am meisten Leidtragenden von dieser Umweltzerstörung aber sind deren Verursacher: die Bauern, die unterhalb der schneebedeckten Berge leben.
Die Bevölkerungszahl dort hat sich innerhalb eines Jahrhunderts etwa verzehnfacht. Und so brauchen sie immer mehr Platz für ihre Felder, immer mehr Weiden für ihre Rinder, immer mehr Feuerholz zum Kochen. Sie roden Bäume und Büsche und zerstören damit die über Jahrmillionen gewachsene Umwelt. Dieses Abholzen wiederum gibt den tropischen Regenfällen freie Bahn, so dass die karge Bodenkrume weggeschwemmt wird.
Die fehlende Vegetation wirkt am Berghang zudem für die warmen Winde im tropischen Afrika wie ein Kamin und treibt sie immer weiter nach oben in Richtung der schneebedeckten Gipfel. „Die beobachtete Temperaturzunahme beträgt 0,5 Grad pro Jahrzehnt und ist größer als erwartet“, ermittelte Dr. Richard Taylor vom University College London. „Die tropischen Gletscher sind sehr sensible Indikatoren für das tropische Klima und zeigen deutlich, wie es sich dort verändert.“
Währenddessen geht die Umweltzerstörung durch Übersiedlung immer weiter. Der Fluss Ewaso Ngiro, der am Mount Kenia entspringt, wird vom Gletscher des Gipfels und dem Grundwasser, gespeist. Doch es wird immer mehr Wasser entnommen. Und so versiegt jetzt bereits während der Trockenzeit der Fluss, bevor er das Tiefland erreicht. Die dort lebenden Nomaden-Hirten leiden dadurch Wassermangel - und sind so gezwungen, ihre Herden immer höher die Berghänge hinaufzutreiben. Dadurch verstärkt sich die dortige Übernutzung noch zusätzlich.