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Auf Dinglingers Weinberg sprudelt wieder ein Brunnen

Das Kunstwerk aus Sandstein stammt aus der Zeit des berühmten Hofjuweliers.

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© Sven Ellger

Von Bettina Klemm

Die Idylle am Dinglinger Weinberg scheint nun perfekt: Vor dem Eingang des Weinberghauses steht ein Sandsteinbrunnen, so, als ob es ihn dort schon immer gegeben hätte. Doch erst seit Ostern fließt aus seinen vier Düsen das Wasser ins Becken. Caroline und Christoph Hollenders genießen das sanfte Plätschern, immer wieder sehen sie aus einem der Fenster auf den Brunnen. Sogar ihr kleiner Hund fühlt sich dort wohl und sonnt sich zufrieden am Rand.

Hollenders haben den Brunnen bei einem Sammler in Niedersachsen entdeckt. Vor einem Jahr hatte Caroline Hollenders aus Ikea-Kisten vorab schon ein Modell gebaut. „Wir wollten von allen Seiten sehen, ob der Brunnen zum Haus passt“, sagt sie. Im Spätsommer ist das Ehepaar schließlich nach Balkum bei Bramsche gefahren, um den Brunnen im Original zu betrachten. Er wurde Anfang des 18. Jahrhunderts gefertigt. Etwa zu jener Zeit hatte der Hofjuwelier Johann Melchior Dinglinger (1664 bis 1731) das 2,4 Hektar große Landgut mit Weinberg an der heutigen Schevenstraße gekauft. Um 1710 ließ er an das Fachwerkhaus einen Querflügel bauen sowie Pavillon, Kegelbahn und eine barocke Gartenanlage errichten. 1728 feierte Dinglinger auf dem Weinberg seine fünfte Hochzeit.

Hollenders hatten 1996 das Anwesen von einer Erbengemeinschaft erworben. Drei Jahre benötigten sie für die bauhistorischen Untersuchungen, bevor sie im Sommer 2004 mit der eigentlichen Sanierung des Winzerhauses aus dem frühen 17. Jahrhundert und des barocken Anbaus beginnen konnten. Der Zustand war schockierend, in den tragenden Balken hatte sich Hausschwamm ausgebreitet. Der gefräßige Pilz zerfaserte regelrecht alles. Um die Barockdecke im Saal erhalten zu können, wurde eine Stützkonstruktion und ein zweiter Dachstuhl aufgestellt. In enger Absprache mit dem Denkmalschutz haben Hollenders das Winzerhaus und den Anbau aus dem 18. Jahrhundert saniert. Schon damals, als sie den Haupteingang wie einst wieder von der Ost- auf die Westseite verlegt hatten, stand für sie fest, dass dort ein Brunnen hingehört. Doch dieser sollte unbedingt zum Haus passen.

Ein Faible für alte Brunnen hat auch Otto Lingens. Der promovierte Romanist handelte schon während seines Studiums mit Antiquitäten, um sich Geld dazuzuverdienen. Dabei entdeckte er seine Liebe für die Sandsteinbrunnen, die er nun schon seit drei Jahrzehnten sammelt. Gemeinsam mit seiner Frau Gisela trug er Hunderte historische Ring-, Stadt, und Dorfbrunnen zusammen. Ihr Unternehmen Gebrüder Lingens restauriert diese behutsam und stattet sie mit moderner Technik aus. Die nun verwendete Brunnensäule brachte Otto Lingens persönlich auf den Dresdner Weinberg und überwachte, wie die Einzelteile mit einem Kran aufgerichtet wurden.

Hollenders genießen indes die Stille auf ihrem Weinberg. Doch sie laden auch gern Freunde und Bekannte ein. So besuchen rund tausend Menschen jährlich das private Anwesen. Über 200 Gäste verfolgen am 1. Mai vom Weinberg aus die Dampferparade. Im August treffen sich schon zum 6. Mal 25 junge Leute zum Konzertsommer. Begonnen hatten sie als Studenten, heute sind es Ärzte, Physiker, Juristen und Musiker, die gemeinsam spielen. Seitdem Hollenders Honorarkonsul für Südkorea ist, hat das Paar immer öfter auch Besucher aus Asien zu Gast.