Von Thilo Alexe
Die Welt der sächsischen AfD ist nach außen intakt, das Geschäft läuft. Fraktionschefin Frauke Petry kritisiert gewohnt scharfzüngig die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Sie bezweifelt, dass der „Fachkräftemangel in einer hoch entwickelten Gesellschaft durch die Einwanderung ungebildeter Menschen aus Zweit- und Drittweltländern kompensiert werden“ kann.
Der Abgeordnete Uwe Wurlitzer fordert „Schwimmunterricht statt ausufernder Sexualkunde an Sachsens Schulen“. Ein anderer Parlamentarier kritisiert die Bierdeckel-Aktion des Integrationsministeriums gegen Stammtisch-Ressentiments zu Flüchtlingen als weiteren „Versuch politisch-korrekter Umerziehung“.
Business as usual? Jedenfalls thematisiert Sachsens AfD den Führungsstreit um Petry, die auch Bundes- und Landesvorsitzende der Partei ist, nur am Rande. Unklar bleibt, ob die Politikerin den jüngsten Parteikonvent in Kassel als Sieg oder Niederlage interpretiert. Die Absage an einen Sonderparteitag mit vorgezogener Vorstandswahl hat weitreichende Konsequenzen, auch für Petry. Die Sächsin hoffte, bei vorfristigen Neuwahlen den mit ihr zerstrittenen Ko-Vorsitzenden Jörg Meuthen loswerden zu können. Der Spitzenkandidat aus Baden-Württemberg hatte im Antisemitismus-Streit um einen Stuttgarter Abgeordneten die Spaltung der dortigen Fraktion nicht verhindert und sich zudem zuvor mit den weit rechts stehenden Petry-Gegnern Alexander Gauland und Björn Höcke gegen Petry verbündet.
Die beiden lehnten jedoch eine Neuwahl der Spitze ab – ahnend, dass davon die an der Basis beliebte Petry und nicht Meuthen profitieren würde. Es kann als Beleg für Petrys strategisches Talent gelten, dass ihre ärgsten Gegner dazu beitragen, sie bis zum Bundestagswahljahr 2017 an der Spitze zu bestätigen. Wahrscheinlich ist, dass die heute 40-Jährige von der Position aus Ansprüche auf die Spitzenkandidatur geltend macht. Hält der AfD-Erfolg an, wäre Petry in einflussreicher Position im Bundestag und würde das Landtagsmandat in Sachsen niederlegen, auch wenn sie es rein formal behalten dürfte.
Hat der Konvent also Petry gestärkt? Zumindest in Sachsen gilt sie als unangefochten. Politiker der rechtspopulistischen Partei sind äußerst zurückhaltend im Umgang mit Journalisten. Redet dennoch jemand, wird rasch die Loyalität zu Petry betont.
Das wirkt glaubhaft. Denn Petry hat die Partei von Sachsen aus mit aufgebaut. Hier zog die AfD erstmals in ein Landesparlament ein. Spannend ist, ob Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Aufstellung der Landesliste für die Partei und Petry zum Problem werden. Zwei Jahre nach der Wahl befasst sich ein Landtagsausschuss noch immer mit der Angelegenheit. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Im AfD-Landesverband laufen offensichtlich die Vorbereitungen für die Zeit nach der Bundestagswahl, wenn Petry vermutlich in Berlin sein wird. Der parlamentarische Geschäftsführer und sächsische AfD-Generalsekretär Wurlitzer hat in der vergangenen Woche eine Koalition mit der CDU nach der Landtagswahl 2019 ins Gespräch gebracht. „Wenn wir hier in Sachsen vernünftige Ergebnisse bekommen und nicht als Partner von der anderen Seite kleingespielt werden, kann das durchaus sein“, sagte er der Leipziger Volkszeitung.
Wurlitzer gibt als Ziel aus, in der Mitte anzukommen. Der Tonfall etlicher Pressestatements nährt Zweifel an dem Prozess. Dennoch oder deswegen verbucht die AfD in Sachsen wie andernorts Zustimmung. In Mecklenburg-Vorpommern könnte sie demnächst stärkste Kraft werden.
Die Pegida-Partei FDDV ist bislang keine kampagnefähige Kraft, auch wenn sie Wurlitzer nach einem Bericht der Hauspostille AfD-Sachsen aktuell als Konkurrenz einstuft. Allenfalls weitere Führungsquerelen können derzeit der Rechtspartei schaden. Der Thüringer Höcke lästert bereits über die AfD-Spitze: „Wir kommen bis zum Sommer 2017 gut mit einem Bundesvorstand hin, der gemeinsam Kaffee trinken geht und sich mit der Erstellung von Werbematerial und alternativen Medienstrategien beschäftigt.“