Merken

„Auf Schnelligkeit kommt es an“

Ohne eine Bank als Partner ist der Aufbau von Tochterfirmen im Ausland schwer. Der Dresdner Anlagespezialist Xenon und die Commerzbank sind ein eingespieltes Team.

Teilen
Folgen
© SMWA/Matthias Rietschel

Von Nora Miethke

Der sächsische Mittelstand muss sich international stärker aufstellen, ist Tobias Reißmann, Geschäftsführer der Xenon Automatisierungstechnik GmbH, überzeugt. Selbst hat der Dresdner Sondermaschinenbauer den Sprung nach Asien schon geschafft. Xenon hat 2014 ein Tochterunternehmen im Suzhou Industriepark in Jiangsu eröffnet. In Hongkong ist das Unternehmen mit einem Vertriebsbüro vertreten. Und in diesem Jahr gelang auch der Sprung in die entgegengesetzte Richtung auf den amerikanischen Kontinent mit einer Niederlassung in Mexiko.

Der Auslöser für den Expansionsdrang war ausgerechnet die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, die andere Unternehmen eher auf die Investitionsbremse treten ließ. „Mein Vater hat damals einen Globus genommen und auf ihm nach Regionen gesucht, wo keine Krise herrschte“, erinnert sich Reißmann. In Asien waren die Wachstumsraten hoch. Zuerst gründete Xenon mit einem chinesischen Partner ein Gemeinschaftsunternehmen, das in Hongkong und Shenzen aktiv war. Es wurde 2013 wieder aufgelöst, um die Xenon Automation Technology Co. Ltd. in Su-zhou mit sieben Mitarbeitern zu starten. Heute entwickeln und fertigen dort 50 Mitarbeiter komplett eigenständig Automatisierungsanlagen für die Autoindustrie und die Branchen Elektronik, Photovoltaik und Medizintechnik.

Kleine und mittelständische Firmen haben bei Internationalisierungsvorhaben vor allem Bedarf an Informationen und finanzieller Unterstützung. Denn meist reichen die thesaurierten Gewinne nicht aus, um das Auslandsengagement zu finanzieren. Die Bank spielt also eine wichtige Rolle, die sich jedoch in den einzelnen Phasen des Internationalisierungsprozesses wandelt von der Informations- und Beratungsstelle bis hin zum Allfinanzpartner. Xenon vertraut dabei allein auf die Commerzbank. „Als Experten für grenzüberschreitende Transaktionen, insbesondere in der Unternehmensfinanzierung, im Währungsmanagement und in der Handelsfinanzierung können wir unsere Kunden weltweit bei ihren Geschäften unterstützen“, sagt Roland Boehm, Bereichsvorstand Corporates International bei einem gemeinsamen Gespräch mit Reißmann in Dresden. „Internationalisierung ist die DNA des Hauses“, ergänzt Burkhard von der Osten, zuständig für die Firmenkunden in der Dresdner Niederlassung.

Die 1870 als Handelsbank gegründete Commerzbank ist in 50 Ländern mit 29 Tochterbanken physisch präsent. In Polen etwa ist sie mit der Filialbank MBank vertreten. „Damit sind 85 Prozent der weltweiten Handelskorridore abgedeckt“, betont von der Osten. Er und sein Team betreuen von Dresden aus rund 2 500 sächsische Firmenkunden, die für ein Fünftel des sächsischen Exportgeschäfts verantwortlich sind. Die Sachsen liefern nicht nur Autos, Maschinen und Werkzeuge in andere Länder, sondern auch Stoffe, die sich Frauen in Afrika um ihre Körper wickeln, oder Softwareprogramme.

Xenon gehört laut von der Osten zu den drei Dutzend sächsischen Kunden, die wirklich Auslandsniederlassungen haben und deshalb ein globales Cash Management brauchen. Die meisten Firmen seien zu klein und könnten sich das finanziell und personell nicht leisten. „Wenn ihr euch nicht 30 Prozent von eurer Arbeitszeit um die Auslandskontakte kümmern könnt, macht es nicht“, rät Reißmann oft seinen Unternehmerfreunden. Xenon hat außerdem bislang schon einen hohen sechsstelligen Betrag im Ausland investiert.

Warum er bei den internationalen Aktivitäten nur mit einer Bank zusammenarbeitet, erklärt er so: „Wenn ich eine Sache in China gelernt habe, dann Geschwindigkeit.“ Die Volksrepublik China wolle die USA als ökonomische und politische Weltmacht ablösen, und seine Mitarbeiter seien von diesem Virus infiziert, sagt er und lacht. Das Unternehmen nehme in Asien sehr große Aufträge an von international tätigen Konzernen. Da komme es darauf an, dass die Vorfinanzierung schnell und problemlos gesichert ist, sonst ist der Auftrag weg. „Die globalen Kreditlinien, die flexibel in Anspruch genommen werden können und bei Bedarf schnell verlängert werden, sind für uns das Wichtigste bei der Zusammenarbeit“, sagt der Xenon-Chef.

Als ausländischer Investor erhält er von chinesischen Banken keine Kredite. Ohne die globale Kreditlinie, die ab einem Darlehen von 250 000 Euro möglich ist, könnte er keine großen Projekte annehmen, und die Firma würde langsamer wachsen. Als weiteren positiven Faktor nennt er die Sprache: „Wir können auf Deutsch reden und die Firmengründungen im Ausland auf Deutsch machen. Das erleichtert die Arbeit sehr.“ Globales internationales Banking mittelstandsfähig machen, nennt das Commerzbank-Experte von der Osten. Die Mittelstandsbank will internationaler agieren und kann dabei auch für kleinere Firmenkunden mit einem Jahresumsatz ab 15 Millionen Euro auf den aufwendigen Service zugreifen, der sonst den großen Konzernkunden vorbehalten ist.

Die Commerzbank bietet zunehmend Mittelständlern auch syndizierte Kredite an. 30 Prozent davon waren Debüt-Transaktionen, also der Erstaufschlag auf dem Kapitalmarkt für den Kunden. Dabei schließen sich mehrere Geldinstitute zusammen, um bei großen Investitionsvorhaben hohe Konsortialkredite gewähren zu können. Bei der Finanzierungsform, die sich in Deutschland eines starken Wachstums erfreut, lassen sich Beträge zwischen 30 Millionen und 30 Milliarden Euro aufnehmen.

In Mexiko, wo Xenon Anlagen für die Autozulieferindustrie produzieren lassen will, muss Reißmann ohne die Commerzbank klarkommen. Die ist dort nicht vertreten. Der Xenon-Chef muss dort mit einer lokalen Bank auf Spanisch und Englisch verhandeln und drei Konten in Peso, US-Dollar und Euro führen. Die Währungskursabsicherung wird oft in Unternehmen unterschätzt, weiß von der Osten zu berichten. Aber die Chancen in Mexiko will sich Reißmann nicht entgehen lassen. „Mexiko wird den nächsten Chinaboom auslösen“, da ist er sich sicher.

Die Internationalisierungsexperten Boehm und von der Osten sehen beim Wachstumspotenzial aber nach wie vor Asien ganz vorn. Taiwan, Malaysia, Südkorea, aber auch Indonesien sind interessante Märkte. Mit ihrem BranchenKnow-how will die Mittelstandsbank dabei helfen, dass kleine Unternehmen größer werden durch Internationalisierung. Die Kleinteiligkeit der sächsischen Wirtschaft durch Fusionen und Übernahmen infolge der Unternehmensnachfolge zu überwinden – daran glaubt von der Osten nicht. Der digitale Wandel wird die Karten ohnehin neu mischen. Und da kann die Kleinteiligkeit und das Produzieren in Nischen sogar von Vorteil sein, betont Boehm. Anders als große Unternehmenstanker hätten kleine, spezialisierte Firmen den natürlichen Vorteil, schnell und flexibel auf Veränderungsprozesse zu reagieren. „Nicht in allen, aber in vielen Punkten ist das Dasein in der Nische eine Chance – auch im internationalen Geschäft“, sagt der Bereichsvorstand.