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Aus Alt mach Neu

Um die Wohnungsknappheit in Dresden zu bekämpfen, werden immer mehr Altbauten saniert.

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© Rene´ Meinig

Von Lars Kühl

Gelbe Lücken klaffen auf dem Dach zwischen roten Ziegeln. Feinmaschig umspannt ein Netz die Häuserecke. Lediglich der reich verzierte Erker lugt aus dem Gerüst hervor. Die Zeichen sind eindeutig: Hier, wo die Ostra-Allee in die Maxstraße abbiegt, wird ein Haus saniert. Es ist das letzte an dem Straßenzug, der auf Höhe der Kleinen Packhofstraße beginnt. Gründerzeit, mit langer Geschichte. Verblasste Reklame, fast 100 Jahre alt, schimmert im Parterre noch durchs verblichene Mauerwerk. Nach dem Abschluss wird ein weiteres Stück Wilsdruffer Vorstadt anerkennendes Nicken der Passanten bekommen.

Aus Ruinen werden schicke Häuser

Das Eckhaus an der Ostra-Allee/Maxstraße wird als Letztes des Straßenzuges gerade saniert.
Das Eckhaus an der Ostra-Allee/Maxstraße wird als Letztes des Straßenzuges gerade saniert.
Bei der Modernisierung der maroden Klingenberger Straße 7 ...
Bei der Modernisierung der maroden Klingenberger Straße 7 ...
... wurde ein gläserner Aufbau auf das Dach gesetzt.
... wurde ein gläserner Aufbau auf das Dach gesetzt.
Die Jahnstraße 1 in der Wilsdruffer Vorstadt vor ...
Die Jahnstraße 1 in der Wilsdruffer Vorstadt vor ...
... und nach der umfangreichen Sanierung.
... und nach der umfangreichen Sanierung.
Das markante, aber heruntergekommene Eckhaus ...
Das markante, aber heruntergekommene Eckhaus ...
... Altplauen 16 bekam eine ansehnliche Frischekur.
... Altplauen 16 bekam eine ansehnliche Frischekur.

Und das in Dresden, der Stadt, wo lieber ein altes Haus abgerissen wird, anstatt zu sanieren. Um einen Neubau, oft modern und preiswert, an dessen Stelle hochzuziehen. So die weit verbreitete öffentliche Meinung. Selbst vor denkmalgeschützten Gebäuden werde nicht haltgemacht, die Scheunenhofstraße 3 in der Äußeren Neustadt oder die Eichstraße 1 in Blasewitz sind nur zwei aktuell diskutierte Beispiele.

Doch der Vorwurf stimmt nicht. Die Frau, die das sagt, sitzt im Technischen Rathaus und hat durch ihre riesigen Balkonfenster einen großartigen Ausblick in Richtung Stadtzentrum. Der ist es allerdings nicht, welcher Ursula Beckmann diese Behauptung mit tiefer Überzeugung vortragen lässt. Es sind die vielen Fotos auf ihrem Schreibtisch. Darauf Häuser, die in den vergangenen vier, fünf Jahren aufwendig saniert wurden oder demnächst werden.

Mehr Anträge genehmigt – gefühlt

Eine Zahl kann die Leiterin der Bauaufsicht nicht präsentieren, die Fälle werden nicht erfasst. Gefühlt seien in den vergangenen Jahren aber mehr Anträge von Investoren gestellt und genehmigt worden. Das mag am niedrigen Zinsniveau liegen, aber auch an der Bereitschaft, Altes zeitgemäß zu modernisieren und aufzuhübschen. Die Wohnungsknappheit in Dresden kommt dazu. Nicht alle maroden Gebäude werden nur einfach aufgepeppt, die Bauherren wollen auch Dachaufbauten aus Glas, neue Balkone, Grundrisse verändern oder die Fenster anders gestalten. Alles müsse geprüft werden, bei geschützten Häusern zudem in Absprache mit dem Denkmalamt.

Zu einer Sanierung zwingen kann die Bauaufsicht die Eigentümer nicht, höchstens, wenn Gefahr vom leer stehenden Haus ausgeht, beispielsweise durch herabfallende Steine oder Scherben auf öffentliche Straßen und Gehwege. „Unansehnlichkeit ist aber kein Rechtsgrund“, sagt Beckmann. Solche ruinösen Gebäude verschwinden trotzdem zunehmend aus dem Stadtbild. In Striesen und Blasewitz gibt es kaum noch welche, auch auf dem Weißen Hirsch. Frühere Problemviertel wie die Friedrichstadt mit der Schäfer-, der Berliner oder der Friedrichstraße, Pieschen mit der Leipziger oder der Mohnstraße sowie Löbtau und Cotta holen gerade stark auf.

Eine Konzentration der Investoren auf bestimmte Gebiete stellt Beckmann nicht fest. Selbst ganze Blöcke, wie an der Hertelstraße in der Johannstadt, schrecken Investoren nicht ab. Auch Gasthöfe, wie der am Borsberg, werden zu Wohnzwecken umgebaut. Für das Brauereigebäude des „Freigutes Eschdorf“ gab es jetzt gerade die Genehmigung. Drei Monate nach Antragstellung soll diese möglichst erteilt werden, erklärt Beckmann. Das klappe nicht immer, besonders, wenn die Veränderungen groß sind. Über den Vorwurf, in Dresden gehe alles langsamer, kann die Bauaufsichtsamtschefin nur lächeln. „Wenn ich mit meinen Kollegen in Leipzig und Chemnitz rede, erzählen die mir dasselbe über ihre Stadt.“