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Aus der Kaiserstadt ans Großenhainer Gymnasium

Die Zahl der Gastschüler steigt. Viele kommen für ein Jahr. Eine Chinesin bleibt nur zwei Monate – dann ist sie selbst Gastgeber.

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© hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Sie ist im Jahr der Schlange geboren – vor 15 Jahren – und sie liebt Gummibärchen. Museen liebt sie weniger. Jingyi Zhang mag außerdem Handyspiele und auch Kartenspiele wie Mogel Motte. „Das hat sie ganz schnell gelernt“, lobt ihre Großenhainer Gastmutter Annett Purl. Doch mit der deutschen Sprache hat Jingyi noch große Schwierigkeiten.

Fast allen Austauschschülern, die ans Werner-von-Siemens-Gymnasium kommen, geht es so. Doch während die meisten ein Jahr bleiben und am Ende gut Deutsch können, ist die junge Chinesin aus Xian, der alten Kaiserstadt in Mittelchina, nur von Februar bis Ende März in Großenhain. Das liegt daran, dass ihr Aufenthalt über die Organisation AFS mit einem gleichlangen Gegenbesuch von Medea Purl in China gekoppelt ist. Die Großenhainer Gymnasiastin wollte keinen längeren Austausch, um kein Schuljahr wiederholen zu müssen. Nun kommen für ihr Gastkind bei Purls der Wok und Essstäbchen häufiger zum Einsatz. Seit Jingyi bei ihnen ist, kann die Familie auch ihre Englischkenntnisse verbessern. „Wir tun uns mit der Verständigung auf Deutsch ein bisschen schwer und versuchen, so einfach wie möglich zu reden“, gibt Medea Purl zu. Jingyi ist eben sehr schüchtern und ruhig. Das ist sie auch in der Schule.

Mitarbeit im Unterricht schwierig

Die junge Chinesin hat immerhin im Musikunterricht die Lieder ihrer Heimat vorgestellt. „Das ist oft so, dass Gastschüler den Unterrichtsalltag bereichern, indem sie von ihren Heimatländern berichten“, sagt Michaela Barthel, die am Gymnasium für die Austauschschüler zuständig ist. Für die Lehrer sind diese Jugendlichen allerdings gerade wegen der Sprachbarrieren eine große Herausforderung, wenn sie in den Unterricht einbezogen werden sollen. „Bei der Integration helfen aber auch Vereine wie der HC Großenhain oder die Musikschule“, so Michaela Barthel.

Austauschschüler am Gymi

Aus Taiwan kamen zwei Elfklässler im Schuljahr 2015/16.

Taiwan, Japan und Kolumbien sind die Heimatländer der vier Gastschüler des vorigen Schuljahres. Einer begann sogar ein Studium in Dresden. Er lebte bei Familie Tennert in Ebersbach, die gar kein Englisch können.

In diesem Schuljahr kommen Austauschschüler aus Paraguay, Brasilien, Mexiko, China und Argentinien. Diese fünf Schüler bleiben zwischen zwei Monaten bis ein Jahr.

Ab Mai werden mehrere Achtklässler am Austauschprogramm mit Frankreich teilnehmen.

Quelle: Gymnasium

www.afs.de

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Jingyi ist mit Kyra und Medea schon zum Treff der Jungen Gemeinde gegangen. „Sie macht alles mit“, konstatiert Gastmutter Anett. Allein ist sie allerdings nie unterwegs. Beim Einkaufen wünschte sie sich neulich spezielle Zutaten, um selbst für die Familie zu kochen. „Nudeln mit Ei und Tomaten hat sie gemacht“, so die Purls. Allerdings essen Chinesen ihrer Region wohl gern scharf. Tee und Süßigkeiten hatte Jingyi für ihre Gastfamilie als Geschenk mitgebracht. Und Füllfederhalter hat sie für sich gekauft. Gemeinsam mit zwölf weiteren Chinesen der Organisation AFS war sie in Deutschland gelandet, in Heidelberg gab`s einen Crashkurs in Deutsch. Jingyis Freundin lebt nun in Hamburg – also ziemlich weit weg. „Wir haben unserer Gastschülerin Dresden und Weimar gezeigt und wollen noch nach Berlin“, erzählt Annett Purl. In der Hoffnung, dass es Jingyi gefällt. Die Purls sehen mit ihrer Austauschschülerin allerdings vieles mit ganz anderen Augen. So hat sich die 15-Jährige sehr gewundert, wie wenig Leute es in der Stadt gibt. Hat Großenhain nur so wenig Häuser? hat sie ihre Gasteltern gefragt. Ihre Stadt hat mehr als sieben Millionen Einwohner.

Mit 50 Schülern in einer Klasse

Daran wird sich Medea Purl gewöhnen müssen, wenn sie von August bis Oktober als Gegenaustausch nach China fliegt. „Ich wollte eigentlich nach Singapur“, gibt die 15-jährige Gymnasiastin zu. Aber auf China freut sie sich auch – schließlich war sie noch nie in Asien. Mit 50 Schülern wird sie dort in einer Klasse sein. Und Schuluniform tragen. „Bis 18 Uhr soll ich Schule haben und viele, viele Hausaufgaben“, hat Medea schon erfahren. „Ich gehe es locker an“.