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Aus der Zeit gefallen

Die SZ erinnert an Läden, die alle kennen, obwohl sie nicht mehr da sind. Heute: das Antiquariat von Susanne Klotz.

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© privat

Von Dietmar Rößler

Am Ende ihrer Geschäftstätigkeit betrieb sie einen kleinen schmalen Laden. Dort, wo die Straßenfront der Reichenberger Straße (damals „Straße der DSF“) in die des Rathausplatzes übergeht. Aber auch wenn das Antiquariat nicht groß war. Für Buchliebhaber und Wissbegierige aller Generationen war es ein regelmäßiges Ziel. Und sie erinnern sich an schöne Einblicke in alte und gebrauchte neuere Bücher. Und an eine kompetente Beratung durch Susanne Klotz.

Die betagte Geschäftsinhaberin, die Wert auf die damals nicht ehrenrührige Anrede „Fräulein“ legte, erwies sich dabei stets als fachkundige Beraterin. Und konnte manchem Kunden zu einem seltenen oder einem besonderen Buch verhelfen. Vor allem hatte sie auf jede Frage eine Antwort und offenbarte im Gespräch umfassendes Wissen aus den verschiedensten Gebieten der Literatur.

Jüngere Besucher dieses schon vor 50 Jahren für die junge Generation ziemlich „aus der Zeit gefallenen“ Buchladens machten sich darüber wohl wenig Gedanken und nahmen die alte Dame als normale Realität wahr. Nur buchinteressierte ältere Besucher wussten, dass in Gestalt dieser rüstigen kleinen Frau ein Stück Zittauer Verlagskultur überlebt hat.

Ihr Vater Johannes Klotz betrieb seit 1887 „W. Fiedlers Antiquariat“. Wie der Name besagt, setzte bereits er damit eine Tradition fort, die er so hoch achtete, dass er den Namen bis zum Ende seiner Geschäftstätigkeit beibehielt. Und damit hielt er sich nicht nur bei seinem Namen zurück, sondern auch bei den Leistungen seines Geschäftes. Es war nämlich nicht nur Antiquariat, sondern auch Buchgeschäft und Verlag.

Attraktiv wie das Verlags- und sicher auch Buch-Angebot von „W. Fiedler“ war auch das Ladengeschäft. Es war das Eckhaus Rathausplatz/Brüderstraße, eines der hübschesten Häuser des Platzes. Im Obergeschoss konnten Buchliebhaber wunderbar in alten Büchern schmökern.

Im kleineren Geschäft von Susanne Klotz war das nur noch bedingt möglich.

Aber es gelang ihr, einen Hauch der bibliografischen Kultur, die sie bei ihrem Vater erlebt hatte, zu bewahren. Fast über die gesamte „DDR-Zeit“ …

Die Zittauer konnten sich glücklich schätzen, so ein Geschäft zu haben. Viele dieser Art gab es in vergleichbaren Städten damals nicht. Als Frau Klotz dann ihr Geschäft aufgab, war nicht wahrscheinlich, dass es je wieder in Zittau ein Antiquariat geben würde. Aber dann änderten sich die Zeiten. Und heute besteht am Mandauer Berg wieder ein Antiquariat und im Buchgeschäft am Markt gibt es auch antiquarische Bücher. Und bei beiden sind immer wieder Bücher von „W. Fiedlers Antiquariat“ im Angebot.