Merken

Aus für das Hetzportal

Erst kam die Polizei, dann verbot der Bundesinnenminister das rechte Internetportal Altermedia. Für Neonazis war es eine wichtige Nachrichtenbörse.

Teilen
Folgen
© Screenshot: SZ

Von Thomas Schade

Ein Beitrag mit dem Titel „Andere Länder, andere Sitten“ vom 26. Januar, eingestellt um 21.35 Uhr, war der letzte, der am Mittwoch bis in den späten Vormittag auf dem rechtsextremistischen Internetportal „Altermedia-Deutschland“ zu lesen war. Ein Gast namens Müritzer Jung jammerte darin, „dass man sich in der eigenen Heimat von fremdartigen Invasoren alles gefallen lassen“ müsse. Er hetzte über „importierte Alis“ und „Ausländerbanden, die ,Jagd auf weißes Fleisch‘ machten“. Auf 808 Seitenaufrufe hatte es das Pamphlet gebracht. Dann ging das „Altermedia“-Portal offline, das wohl in Russland angemeldet war.

Stunden zuvor hatten 60 Beamte des Bundeskriminalamtes und örtlicher Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Berlin und Thüringen sowie im spanischen Badeort Lloret de Mar Durchsuchungen bei den Betreibern des Portals begonnen. Bei der Razzia wurden auch zwei Haftbefehle vollstreckt. Sie gelten der 47-jährigen Jutta V. und dem 27-jährigen Ralph Thomas K. Beide sind dringend verdächtig, mit drei weiteren Beschuldigten auf „Altermedia Deutschland“ volksverhetzende Inhalte verbreitet zu haben. Verdächtigt wird auch die Betreiberin eines Kulturhauses im thüringischen Haselbach, die in der NPD politisch aktiv ist.

Im Haftbefehl wird den Administratoren des Portals laut Bundesanwaltschaft zur Last gelegt, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Sie sollen die Rädelsführer der Gruppe gewesen sein.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière verbot wenige Stunden später die Internetplattform auf der Grundlage des Vereinsgesetzes und erklärte: „Der Rechtsstaat toleriert keine Hasskriminalität.“ Die Vereinigung habe über das Internet unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit rassistische, ausländerfeindliche, antisemitische und islamfeindliche Inhalte verbreitet.

Das rechte Internetportal war 1997 als Störtebecker-Netz online gegangen – gegründet von dem Rechtsextremisten Axel Möller, einem ehemaligen FDJler aus Stralsund, der nach 1990 versucht hatte, bei fast allen Rechtsparteien Fuß zu fassen, erst bei der DVU, bei den Republikanern und bei der NPD. Seit 2000 ist er „freier Nationalist“. Als Betreiber der Seite „Altermedia Deutschland wurde Möller 2011 wegen Volksverhetzung zu 30 Monaten Haft verurteilt. 2013 wurde die Strafe wegen weiterer ähnlicher Straftaten um ein Jahr verlängert. Seit Mai 2015 ist Möller wieder auf freiem Fuß. Nun sind Polizei und Justiz seinen Nachfolgern auf den Fersen.

Laut dem Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern wurde das Portal bis zu fünf Millionen Mal im Jahr aufgerufen. Als Sponsoren traten in der Neonaziszene bekannte Devotionalienhändler auf.