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Ausnahmen gibt’s bei ihr nicht

Kristina Gebhardts Arbeit als neue Ordnungsamtschefin geht übers Verteilen von Knöllchen weit hinaus und kann mitunter auch sehr unangenehm werden.

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© Andreas Weihs

Von Heike Heisig

Roßwein. Der dicke Ordner „Ordnungsamtspraxis“ ist im Moment tägliche Lektüre von Kristina Gebhardt. Die 37-Jährige aus Ziegra hat die Leitung des Ordnungsamtes der Stadt Roßwein übernommen. Manch einer hat sie in Uniform schon auf den Straßen der Stadt Ausschau halten sehen, ob Park- und Halteverbote eingehalten werden, Feuerwehrzufahren und Rettungsgassen frei sind. Und nicht nur dort.

Während des Behördensamstages im Juli hat sich Kristina Gebhardt an einem Wochenendtag auch die ersten Ortschaften angeschaut – und dort zum Erstaunen einiger Anwohner Knöllchen verteilt. Zum Beispiel fürs Parken entgegengesetzt zur Fahrbahn oder auf Gehwegen. Manch einer hat sich daraufhin beschwert, dass er dies oder das schon jahrelang so handhabt. „Das ist aber kein Grund, übers Falschparken und andere Verstöße wie abgelaufenen Tüv hinwegzusehen. Da gibt es bei mir keine Ausnahmen“, sagt die Chefin des Ordnungsamtes. Sie hat bemerkt, dass sich da einiges eingeschliffen hat, der eine oder andere Roßweiner sogar selbst gebastelte Straßen- oder Sperrschilder verwendet, wenn er sein Haus einrüstet. „Das geht natürlich nicht“, sagt Kristina Gebhardt.

Dabei versichert sie, dass es ihr nicht vordergründig ums Abstrafen geht, sondern um die öffentliche Sicherheit. Dafür müssten zum Beispiel die Fuß- und Rettungswege frei bleiben, Container auf Gehwegen unter Umständen beleuchtet werden, damit niemand zu Schaden kommt.

Ab Mittwoch teilt sich die Ordnungsamtsleiterin mit drei Kollegen das Büro, dann kommt eine geringfügig Beschäftigte als Hilfe dazu. Seit Montag ist außerdem eine Praktikantin im Einsatz. An ihrem ersten Tag war sie mit Karl-Heinz Gillner, der sich auf Honorarbasis unter anderem um den ruhenden Verkehr im Gebiet Roßwein kümmert, unterwegs. Schön wäre es, wenn sich ein gutes Verhältnis zwischen Innen- und Außendienst entwickeln und jeder hauptsächlich das erledigen könnte, was ihm Spaß macht. „Nicht jedem liegt es, mit einem Vollstreckungsbescheid an einer Haustür zu klingeln“, erklärt Kristina Gebhardt.

Außendienst hat mehrere Aufträge

Sie selbst ist übrigens gern in der dunkelblauen Uniform mit dem Aufdruck Ordnungsamt in der Stadt unterwegs. Dabei hat sie aber nicht nur ein Auge auf den ruhenden Verkehr. „Bei uns wird nie nur eine Aufgabe erledigt. Wer draußen ist, der schaut auch, wo der Hundebesitzer seinen Vierbeiner das Geschäft erledigen lässt und ob er das wegräumt. Es müssen Bescheide verteilt oder Geld eingetrieben werden.“ Wer sich weigert, sein Knöllchen zu zahlen, bekommt als nächstes Post vom Landratsamt. „Das gebe ich weiter“, erklärt die Ordnungsamtsleiterin. Dagegen liegt es an den Vollzugsbediensteten der Stadt, Säumige aufzusuchen und abzukassieren, die etwa die Grund- oder Hundesteuer nicht gezahlt haben oder der Kommune die Elternbeiträge für die Betreuung des Kindes in einer Einrichtung schuldig sind.

Zurzeit landen wieder viele Hinweise in den Briefkästen der Grundstückseigentümer, dass und wie Lichtraumprofile freizuhalten sind. „Nach 14 Tagen müssen wir aber auch kontrollieren, dass etwas getan worden ist“, so Kristina Gebhardt.

Wenn sie das nicht tut, dann ist meist im Büro ein Stapel Anträge abzuarbeiten. Ihr Aufgabengebiet ist groß. Dazu gehört, das Aufhängen von Plakaten und die Sondernutzung von Fußwegen zu genehmigen. Verkehrsrechtliche Anordnungen wie Straßensperrungen gehen über ihren Tisch. Als Nächstes stehe der Test der neuen Geschwindigkeitstafel in Haßlau an, die zu Schuljahresbeginn funktionieren soll. Wieder regelmäßig soll es Verkehrsschauen geben. Den Schilderwald muss das Ordnungsamt im Blick haben und möglichst lichten. Wer ein Feuerwerk zünden will, muss sich im Ordnungsamt eine Genehmigung holen. Und auch auf die Einhaltung der Polizeiordnung hat das Amt als Ortspolizeibehörde zu achten.

Sogar für lebende und tote (Fund-)Tiere ist Kristina Gebhardt zuständig. Ein totes Wildschwein und einen Dachs musste sie schon entsorgen. Bei Einsätzen von Polizei und Zoll leistet sie Amtshilfe. Und hat jemand länger seinen Nachbarn nicht gesehen und befürchtet Schlimmes, dann muss das Ordnungsamt nachschauen, was passiert ist. Traurige Bilder verfolgen sie dann und wann schon mal, auch nach Dienstschluss.

Trotzdem: „Mir macht die Arbeit immer mehr Spaß“, so die 37-Jährige, die Betriebswirtschaft studiert hat. Ein weiteres Studium wird sie berufsbekleidend noch aufnehmen und sich zur Verwaltungsfachwirtin qualifizieren. In den nächsten Tagen steht aber erst einmal eine Schulung an, bei der es um Fragen der kommunalen Verkehrsüberwachung geht. Schon die Ausschilderung der Parkregel unter ihrem Büro (entlang der Kirchentreppen) gibt ihr Rätsel auf und lässt mehrere Auslegungen zu. „Wenn wir vom Amt schon ungläubig vor dem Schild stehen, wie soll es dann erst den Kraftfahrern gehen?“, erklärt sie. „Ich muss noch viel lernen.“