Frankfurt/Volkmarsen Auf der Suche nach dem Motiv des Mannes, der beim Rosenmontagszug im nordhessischen Volkmarsen absichtlich in eine Menschenmenge gefahren sein soll, untersuchen die Ermittler Umfeld und Vorleben. "Wir fokussieren uns auf Motiv und Auslöser der Tat", sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt. "Es ist ein Stück weit ein Puzzle."
Auch Datenträger würden ausgewertet. "Wenn harte Fakten auf dem Tisch liegen, werden wir uns äußern", hieß es am Mittwoch. Zwischenstände zu einzelnen Ermittlungsabschnitten solle es aber nicht geben - auch weil neue Erkenntnisse immer die Bewertung ändern könnten. Ermittelt wird in alle Richtungen - dabei schließe man auch einen politischen Hintergrund nicht aus.
Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, dass die Ermittler derzeit von einer Art Amokfahrt ausgehen. Der 29-jährige Deutsche aus Volkmarsen war demnach am Rosenmontag absichtlich in eine Menschenmenge gefahren. Mehr als 60 Menschen wurden verletzt, darunter auch 20 Kinder.
Man werfe dem mutmaßlichen Täter vor, "dass er sein Fahrzeug bewusst in die Menschenmenge steuerte, um Menschen zu töten und schwer zu verletzen", sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Man gehe "von versuchtem Mord, gefährlicher Körperverletzung und einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr aus".
Ein Richter hatte gegen den Tatverdächtigen am Dienstagabend Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen. Der Mann war zunächst nicht vernehmungsfähig gewesen. Zu seinem Gesundheitszustand machten die Ermittler keine weiteren Angaben.
Auch am Mittwoch konnten sich Betroffene noch an ein Informationszentrum der Polizei im Rathaus der Kleinstadt Volkmarsen wenden. Von diesem Donnerstag an werde eine Anlauf- und Betreuungsstelle für Opfer und Zeugen bei der Polizeistation in Bad Arolsen eingerichtet, teilte die Polizei mit. Außerdem sei weiterhin ein Callcenter für Fragen und Hinweise aus der Bevölkerung eingerichtet. Die Opferschutzorganisation Weißer Ring sagte Unterstützung zu. Man helfe auch mittel- und langfristig, etwa bei Behördengängen oder beim Beantragen von Entschädigungen.
Am Dienstagabend besuchten Hunderte Menschen einen ökumenischen Gottesdienst, an dem auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Innenminister Peter Beuth (beide CDU) teilnahmen. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber rief die Menschen zum Zusammenhalt auf. Die Tat könne man nicht verstehen, sagte der katholische Geistliche laut Redemanuskript. Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann, sagte, das Geschehene habe das Leben in Volkmarsen radikal verändert, doch Gott sei auch in diesen dunklen Momenten bei den Menschen.
Die Pfarrkirche St. Marien war schon lange vor Beginn des Gottesdienstes gefüllt. Hunderte Menschen, darunter auch viele Kinder und Jugendliche, standen auf dem Kirchplatz zwischen Fachwerkhäusern und dem Rathaus. Einige Besucher hielten sich im Arm, wischten Tränen weg, Menschen beteten und sangen gemeinsam. Nach dem Gottesdienst, der über Lautsprecher nach draußen übertragen wurde, stellten Menschen Kerzen an der Kirche ab.
"Wenn wir etwas brauchen in diesem Land, dann ist es Zusammenhalt", sagte Bouffier. Die Täter - egal, welches Motiv sie hätten - hätten immer ein Ziel: "Sie wollen unser friedliches und häufig fröhliches Gemeinwesen stören. Sie wollen Angst schüren. Unsere Antwort muss klar sein, wir werden diesem nicht weichen." (dpa)