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Autofahrer haben sich aufs Blitzen eingestellt

Bei den groß angelegten Geschwindigkeitskontrollen erwischt die Polizei nur wenige Raser.

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© Norbert Millauer

Von Alexander Schneider

Der konzertierte „Blitzmarathon“ hat zumindest etwas Gutes: Die Verkehrsüberwacher von der Polizei sind mal wieder an Orten gewesen, die sie offenbar schon lange nicht mehr gesehen haben. Etwa in der Zschertnitzer Kohlenstraße. Hinter einem Gebüsch vor dem Kaufland hat Polizeihauptmeister Frank Sobe um 6.30 Uhr seine Messgeräte aufgebaut – drei Stative mit Sensoren, kaum zu erkennen für Autofahrer, die Richtung Bergstraße fahren. Breite Fahrbahn, wenig Ampeln – eigentlich ein guter Platz. Dennoch hat der Polizist vor dem Monitor in seinem blauen Transporter nicht viel zu tun.

Nur wenige Autofahrer tappen in die Radarfalle. Ein Jaguar um kurz nach 7 Uhr ist der Erste. Er hatte 68 Sachen auf dem Tacho. Erlaubt ist Tempo 50. Ab 64 löst der Blitzer aus. Das Bußgeld von 35 Euro zahlt der Jaguar-Fahrer bar. Fünf Minuten später rast ein Audi A 7 mit Tempo 89 vorbei. Das macht laut Bußgeldkatalog 160 Euro und einen Monat Fahrverbot. Auch dieser Fahrer behält die Ruhe, als ihn die Beamten aus dem Verkehr winken. Er sagt, er habe sich mit seinem Scheibenwischer beschäftigt und sei abgelenkt gewesen.

Die Polizei ist etwas kulanter als die Blitzer der kommunalen Verkehrsüberwachung Dresdens. Während die Polizeiblitzer erst ab einer Überschreitung von mehr als 14 Sachen auslösen, bittet das Rathaus die Fahrer schon bei mehr als neun Stundenkilometern über dem Limit zur Kasse.

Der „Marathon“ in der Kohlenstraße ist auch eine Geduldsprobe. Nur sehr selten muss Hauptmeister Gert Zimmermann seine Kelle ausfahren, um Autos zur Seite zu winken. Zwei weitere Autos in den nächsten eineinhalb Stunden. Darunter Rowena Schulz, die mit 69 erwischt wird. Sie ist total gelassen. „Ich hab’ einfach nicht aufgepasst“, sagt sie. Einkaufen, tanken, die beiden Kinder abliefern. Der Morgen sei hektisch gewesen. „Passiert.“ Den Spaß mit Reporterin Lisa Wohlgemuth von Hitradio RTL macht sie gerne mit: Rowena erhält von ihr eine Urkunde für ihre „erfolgreiche Teilnahme am Blitzermarathon“. Als Dank gibt’s ein Handy-Selfi mit der Radio-Frau, dann fährt Rowena weiter zur Kita. Die Bilanz nach drei Stunden: Fünf Fahrer waren zu schnell, ein weiterer wurde mit Handy am Steuer erwischt. Wenn es immer so wäre, würde es auf Dresdens Straße wohl deutlich weniger krachen.

Nach sieben Stunden hat die Polizei im ganzen Stadtgebiet von Dresden 78 Fahrer erwischt, die zu schnell waren – an sieben verschiedenen Kontrollstellen. Spitzenreiter bleibt der Mann im Audi mit 89 Stundenkilometern. Auf der Autobahn 13 bei Marsdorf rast ein Fahrer bei erlaubten 60 mit Tempo 110 durch eine Baustelle.

„Die Autofahrer haben sich darauf eingestellt, dass wir heute verstärkt kontrollieren“, sagt Polizeisprecherin Jana Ulbricht. Über den „Blitzmarathon“ sei in den Medien viel berichtet worden. „Es wäre schön, wenn sie das auch an den nächsten Tagen tun. Erfahrungsgemäß liege die Quote dann jedoch deutlich höher. Ein Beispiel ist das Blaue Wunder. Mitten auf der Brücke erwischte die Polizei am Mittwoch in zweieinhalb Stunden 319 Fahrer, die zu schnell waren, darunter selbst zwei Linienbusse.

Nachmittags blitzen die Polizeiobermeister Holger Lippert und Attila Dienel auf dem Käthe-Kollwitz-Ufer. Sie stehen mit ihrem Transporter unter der Waldschlößchenbrücke hinter einem Pfeiler und sind kaum zu sehen. Doch auch hier bietet sich ihnen das gleiche Bild: In einer Stunde wurde nur ein Auto mit Tempo 70 von dem Laser erfasst. Erst Mitternacht soll der Marathon enden. Heute wird die Polizei die Blitzer-Bilanz veröffentlichen.