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Automaten-Betrüger vor Gericht

Innerhalb weniger Stunden erspielen zwei Männer am Spielautomaten mehrere Tausend Euro. Ihrem Glück haben sie gehörig nachgeholfen. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft

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Schönfeld/Riesa. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied - das alte Sprichwort haben zwei Männer im Alter von 42 und 48 Jahren wohl etwas zu wörtlich genommen. Im Februar 2014 spielten die beiden an einer Aral-Tankstelle in Schönfeld auf insgesamt drei Automaten - und erwischten dabei eine Glückssträhne, die der Albtraum jedes Kasinobetreibers sein dürfte: Mit 4 000 Euro Bargeld verließen der Mazedonier und der Kosovo-Albaner die Tankstelle. Gewonnen hatten sie noch 2 300 Euro mehr - die drei Spielautomaten waren nach fast vier Stunden allerdings leer. Ihrem Glück hatten die beiden Herren allerdings gehörig nachgeholfen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft Dresden. Demnach nutzten die Männer eine Sicherheitslücke im Automaten aus - was sie nun direkt auf die Anklagebank des Riesaer Amtsgerichts gebracht hat.

Ein „glückliches Händchen“

Rüdiger Schink, beim Automatenhersteller Gauselmann zuständig für Manipulationssicherheit, erklärt bei Gericht zunächst den Trick, den die Angeklagten anwendeten. Anfällig gewesen sei nur das Spiel Roulette. „Am Automaten wird der Einsatz mit einer Wischbewegung auf das Feld gezogen, auf das man setzt“, so der Sachverständige. Gesetzt wurde dabei immer auf das Feld „19-36“, das eine fast 50-prozentige Gewinnchance bedeutet. Statt nun die Finger vom Bildschirm zu nehmen und damit den Einsatz loszulassen, behielten die mutmaßlichen Täter die Finger auf dem Display und betätigten gleichzeitig die Geldrückgabe-Taste. Diese Kombination sorgte dafür, dass der Automat „vergaß“, wie viel er vom eingezahlten Geld eigentlich abziehen müsste. Einfach gesagt: Die Spieler konnten den Maximalbetrag setzen und bekamen auch entsprechenden Gewinn ausgezahlt. Verloren sie dagegen, wurde nicht der Maximalbetrag abgezogen, sondern nur der minimale Einsatz von 20 Cent. „Ich kann nicht verlieren“, so das Fazit des Manipulations-Beauftragten.

Der in Riesa verhandelte Fall ist nur einer von vielen, mit denen die Herstellerfirma im Februar 2014 zu tun hatte. „Ich bekam am 12. Februar einen anonymen Anruf, in dem mir jemand sagte, er hätte eine Manipulationsmethode für unsere Automaten entdeckt, die er mir verkaufen wollte“, erklärt Rüdiger Schink. Weil er über die geforderte Summe nicht entscheiden könne, habe er sich Zeit erbeten. Einen Tag später habe ein Kunde sich an seine Firma gewendet, weil er erste Auffälligkeiten bemerkt hatte. „Wir haben dann sofort die Kunden gewarnt und geraten, das betroffene Spiel sofort abzuschalten.“

Schnell die Runde gemacht

Nicht jeder Kunde habe dieser Aufforderung sofort Folge geleistet. Gleichzeitig hätten weitere Betrüger Wind von der Sache bekommen. „Wenn wir so eine Warnung herausgeben, dann verbreitet sich das automatisch auch in der Szene“, erklärt Schink. Im Internet kursierten Anleitungen, wie die Automaten zu manipulieren sind. Innerhalb kürzester Zeit sei ein bundesweiter Schaden von 3,5 Millionen Euro entstanden - der Großteil innerhalb von zwei Tagen nach Bekanntwerden der Masche. „Es kam an mindestens 500 Standorten zu Manipulationen.“ Die Dunkelziffer könne noch höher liegen. Mittlerweile sei der Fehler behoben.

Die beiden in Riesa angeklagten Männer äußern sich zunächst nicht zu den Manipulationsvorwürfen. Später streiten sie sie ab. Der 48-Jährige sagt aus, er habe bei einem ganz anderen Spiel den Jackpot gewonnen. 920 Euro seien das gewesen. Roulette habe er gar nicht weiter gespielt. Sein 42-jähriger Begleiter erzählt gar, er habe an besagtem Morgen Verlust gemacht. „Ich hatte 900 Euro dabei und bin mit 200 Euro raus.“

Dass ihn die Überwachungskamera offensichtlich dabei filmte, wie er den Automaten in der von Rüdiger Schink beschriebenen Weise manipulierte, begründet er so: „Ich bin da zufällig drauf gekommen.“ Das müsse dann schon ein sehr großer Zufall sein, merkt Amtsrichterin Ingeborg Schäfer schon während der Beweisaufnahme an. „Das ist eine super-ausgebuffte Masche.“ Dass er trotzdem noch Verlust gemacht haben will, halte sie doch für sehr unwahrscheinlich. Zumal Kontrolldaten aus dem Automaten ausweisen, dass höhere Summen erspielt wurden, die so laut Automaten-Experte Rüdiger Schink nicht zu erspielen seien: „Ich kenne kein Gerät, das drei Stunden lang bespielt wird, ohne Gewinne zu erzeugen.“ Gewinne für den Aufsteller, wohlgemerkt.

Zu einem Urteil kommt das Amtsgericht in dieser Woche noch nicht. Der Prozess wird am 11. Mai fortgesetzt. Sollten die beiden Angeklagten für schuldig befunden werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft. (stl)