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Parkstadt steht weiterhin oft vor einem Verkehrskollaps

Bis Juli gab es nur rund 11.000 Übernachtungsgäste in Bad Muskau. Darunter leiden viele touristische Anbieter. Entlastung im Stadtverkehr blieb aber aus.

Von Sabine Larbig
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An vielen Tagen des Jahres sieht es in Bad Muskau so aus: Staus und Autoschlangen in allen Richtungen. Nicht, weil sie alle die Stadt und den Park sehen wollen. Ziel der meisten Besucher ist der Polenmarkt in Leknica, wo eingekauft, getankt, gegessen wird
An vielen Tagen des Jahres sieht es in Bad Muskau so aus: Staus und Autoschlangen in allen Richtungen. Nicht, weil sie alle die Stadt und den Park sehen wollen. Ziel der meisten Besucher ist der Polenmarkt in Leknica, wo eingekauft, getankt, gegessen wird © Sabine Larbig

Die Touristensaison im Fürst-Pückler-Park ist längst beendet. Bis nächstes Frühjahr herrscht im Schloss samt Ausstellungen Winterpause. Selbst Kutschen verkehren nicht mehr im Weltkulturerbe. Wer jetzt den Landschaftspark besucht, will Landschaft, Natur und Architektur bei Spaziergängen oder Radtouren genießen.

Das Saisonende spiegelt sich auch in den Übernachtungszahlen wider. „Über Weihnachten und Silvester kommen noch einige Gäste. Doch generell ist der Winter eher Flautezeit bei uns, die Anziehungsmagneten fehlen“, bekennt Dirk Eidtner von der Stadtverwaltung. Als Hauptamtsleiter und Chef der städtischen Tochter Bad Muskau Touristik ist er zuständig für touristische Belange, die der Stadt obliegen. Dazu gehören neben Grünflächenpflege oder Papierkorbentleerungen auch die Betreibung der Tourist-Info, die Abführung von Kurtaxe durch Betreiber von Hotels, Pensionen, Ferienwohnungen an die Stadt sowie die Betreibung der städtischen Bibliothek, Park- und Caravanstellplätze. Dadurch weiß Dirk Eidtner auch genau, dass die Zahl der Touristen – im Vergleich zu den Vor-Corona-Jahren – in Bad Muskau stark abnahm. Noch liegen ihm keine aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes vor. Für das Jahr 2022 kommen die erst Anfang nächsten Jahres. Doch schon die Zahlen bis Juli 2022 zeigten, dass es einen starken Rückgang gibt.

„Was die Übernachtungen betrifft, so hatten wir in Bad Muskau bis Juli, also in den besucherstärksten Monaten, nur rund 11.000 Übernachtungen. Dagegen waren es 2019 noch weit über 40.000 Übernachtungen. Auch die Zahl der Reisebusse ist weiter rückläufig. Ein herber Rückschlag nach den bitteren Corona-Jahren.“

Dem gegenüber sei, laut Eidtner, im Bereich der Individualtouristen wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht. „Das zeigen auch die Parkplatzauslastungen und die Parkgebühreneinnahmen, die entsprechend Geld in unsere Stadtkasse spülen.“ Doch die können rund 20.000 Euro Mindereinnahmen bei der Kurtaxe für Übernachtungsgäste längst nicht ausgleichen.

Wenig Gäste, Einnahmen, Angebote

In normalen Jahren, so der städtische Tourismusexperte, habe dies allein rund 40.000 Euro gebracht. Geld, mit dem die verschuldete Stadt touristische Vorhaben oder kurstädtische Mehraufwendungen, wie die Unterhaltung von Bänken, Grünflächen, Papierkörben, finanziert. Doch hier klafft nun ein Finanzloch. Seit Jahren ein Zuschussgeschäft ist ebenfalls die Betreibung der städtischen Tourist-Info, die eine Kurstadt aber haben muss. Selbst Wohnmobilplätze sind 2022 nicht mehr so gefragt wie vor der Pandemie. „Die Leute fahren lieber in Metropolregionen, an die Ostsee, in den Spreewald. An Bad Muskau fahren sie vorbei oder sie übernachten nur ein, zwei Tage oder kommen gleich als Tagestouristen.“

Zwar mangele es, meint Dirk Eidtner, zumindest in den Sommermonaten nicht an Attraktionen oder Ausflugsmöglichen in Bad Muskau und dem Umland, um Besucher länger zu halten. Dafür fehle es an attraktiven Übernachtungsangeboten im mittleren Standard- und Preissegment. Denn in den letzten Jahren, erklärt Eidtner, hätten viele Vermieter aus Altersgründen, weil die saisonale Vermietung unwirtschaftlich ist oder durch die Pandemie aufgegeben. Überhaupt habe Corona die Lage noch verschärft. So seien in Bad Muskau inzwischen mehrere Hotels und Gaststätten, und damit meist auch Übernachtungsangebote, durch Schließung weggebrochen. Dieses Dilemma verdeutlicht ebenfalls das neue Gastgeberverzeichnis für Bad Muskau. In diesem Jahr hat es nur noch 18 Seiten. Früher waren es 26 Seiten.

Trotz allem blickt Dirk Eidtner positiv und hoffnungsvoll in die touristische Zukunft der Park- und Kurstadt. „Durch die weitere Entwicklung der Unesco-Titelträger Geopark Muskauer Faltenbogen und Fürst-Pückler-Park entstehen in den nächsten drei bis vier Jahren in Bad Muskau tolle Winter- und Ganzjahresangebote wie Geopark-Besucherzentrum mit Dauerausstellung, Brauerei und Dauerausstellung zu Pücklers Orientreisen im Badepark.“ Davon würden alle städtischen und regionalen touristischen Dienstleister profitieren. Abgesehen davon seien ebenfalls im Umland viele Pläne in der Umsetzung, die Tourismus und Übernachtungszahlen ankurbeln. „Dadurch, dass beispielsweise in Kromlau ein Ganzjahrescampingplatz, Künstlerateliers und Touristenbahn, die als Verbindung zwischen Kromlauer und Muskauer Park pendelt, entstehen, gewinnt auch Bad Muskau Besucher“, so Eidtner.

Dass die Stadt aber trotz sinkender Besucherzahlen weiter unter starkem Verkehr leidet und an vielen Tagen im Jahr vorm Staukollaps steht, auch dafür hat Dirk Eidtner eine plausible Erklärung: den ganzjährig und besonders in Zeiten von Ferien und Feiertagen boomenden Tank- und Einkaufstourismus in Leknica. Und der nimmt adäquat zu Preisexplosionen in Deutschland zu. Nutznießer ist Bad Muskau nicht. Nicht mal bei Parkgebühren. Vielmehr leiden die Einwohner unter Lärm, Stau, Abgasen, Müll. Entlastung brächte ein Parkhaus. Das ist wegen der gestiegenen Baukosten aber in weiter Ferne.