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Präventionsrat scheitert vorerst am Geld

Im September 2021 trat Bad Muskau medienwirksam der „Allianz Sichere Sächsische Kommunen“ bei. Eine besetzbare Mitarbeiterstelle bleibt aber frei.

Von Sabine Larbig
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Bürgermeister Thomas Krahl mit der Urkunde, die bestätigt, dass Bad Muskau der Allianz Sichere Sächsische Kommunen (Asskomm) beitrat, über die der Freistaat kommunale Präventionsarbeit unterstützt.
Bürgermeister Thomas Krahl mit der Urkunde, die bestätigt, dass Bad Muskau der Allianz Sichere Sächsische Kommunen (Asskomm) beitrat, über die der Freistaat kommunale Präventionsarbeit unterstützt. © Archiv: Constanze Knappe

Als Grenz- und Kurstadt sowie Besuchermagnet mitten im deutsch-polnischen Weltkulturerbe „Fürst-Pückler-Park“ will man sich in Bad Muskau gern als attraktiver, sicherer, sauberer und weltoffener Gastgeber präsentieren.

Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es oft anders aus. Auch die Kleinstadt an der Neiße kämpft mit Vermüllung, Vandalismus, (Grenz)Kriminalität, Ruhestörungen, Autodiebstählen und Einbrüchen. Hinzu kommen seit drei Jahren massive Probleme mit zugezogenen Großfamilien bulgarischer Roma, die am Gehalm und in der Bautzener Straße durch nächtlichen Lärm, Unsauberkeit im Wohnumfeld sowie verbale Attacken und Beleidigungen gegenüber ihren Nachbarn auffallen, weshalb Stadtverwaltung, Polizei, Vermieter und Sozialarbeiter bereits tätig sind.

Zukunftsmusik trotz ASSKomm

All dies sind Gründe, weshalb sich weder Einwohner noch Touristen in Bad Muskau so richtig wohl und sicher fühlen, die Stadt der „Allianz Sichere Sächsische Kommunen“, kurz ASSKomm, beitrat. Über dieses Netzwerk, die Bildung eines lokalen Präventionsrates und die Möglichkeit der Besetzung einer Personalstelle im Rathaus – deren Inhaber sich als Ansprechpartner für Bürger und Bindeglied aller Beteiligten gezielt und auf kurzen Wegen um Sicherheit und Präventionsarbeit in Bad Muskau kümmert – will man Probleme lösen und für ein Sicherheitsgefühl sorgen. Und, so die weitere Hoffnung, durch Gespräche, Beratungen, integrative Kinder- und Jugendangebote sowie multikulturelle Veranstaltungen und Feste wird kriminalitätsfördernden Strukturen entgegengewirkt, ziehen in der Folge auch Ordnung und Nachbarschaftsfrieden, Akzeptanz und Miteinander in der Stadt ein.

Noch ist all dies Zukunftsmusik, gibt es lediglich eine ASSKomm-Mitgliedschaft. Und so wird es noch längere Zeit bleiben. Bisher hat sich der Stadtrat nämlich nicht für die Bildung eines Präventionsrates und die Einstellung eines städtischen Präventionsbeauftragten entschieden, einen entsprechenden Beschluss im Februar auf unbestimmte Zeit vertagt. Und dies, obgleich man die vielschichtigen Probleme in der Stadt kennt, ebenso wie die Argumentation der Stadtverwaltung.

„Es geht darum, dass alle bereits Aktiven wie Sozialarbeiter, Bürger, Vereine, Schule, Hort, Kita, Bürgerpolizist im Präventionsrat zusammenarbeiten. Der Freistaat gibt für Präventionsarbeit viel Geld, weshalb wir wegen unserer bestehenden Probleme ASSKomm beigetreten sind. Jetzt braucht es aber einen Beschluss zur Bildung des Präventionsrates, um ebenfalls die Personalstelle und Sachkosten finanziert zu bekommen“, argumentierte Hauptamtsleiter Dirk Eidtner im Stadtrat. Und er verwies auf die Nachbarkommunen Weißwasser und Krauschwitz, die gleichfalls bei ASSKomm sind. „Krauschwitz hat die Personalstelle in der Gemeinde bereits besetzt. Weißwasser sucht dagegen seit Wochen nach Bewerbern. Auch das kann uns passieren“, so Eidtner weiter. Dass es sich in Bad Muskau nicht um einen komplett neu aufzubauendes Gremium handle, unterstrich gleichfalls Bürgermeister Thomas Krahl. „Unser Vorteil ist, dass wir bereits ein Netzwerk haben, dass sich zwei bis drei Mal im Jahr trifft, gemeinsam berät und Lösungen für Probleme sucht und angeht. Nun aber könnten wir für Präventionsarbeit auch Geld bekommen.“

Räte fordern mehr Unterstützung

Anders sehen es die Räte. So erklärte Tobias Kunath (CDU), dass es im Landkreis bereits überall Angebote und Anbieter für Präventionsarbeit von Erwachsenen über Jugend bis Kinder gibt. „Wir müssen als Stadt nur die Akteure und ihre Möglichkeiten nutzen und anfordern.“ Zudem sehe er keine Notwendigkeit darin, etwas auf 18 Monate Begrenztes in Bad Muskau aufzubauen, was letztlich nichts Spürbares leiste. „Wir brauchen Jugendklubs, wir brauchen freie Träger und sollten uns lieber im Landkreis mit Nachdruck für weitere Unterstützung durch Träger und weniger Kürzungen bei Jugendhilfe, Präventions- und Sozialarbeit drängen.“ Und auch Möglichkeiten wie der Einsatz von Fahrzeugen mit Videoüberwachung oder Videokameras am Grenzübergang sprach Kunath an, weil auch da für Bad Muskau nichts vorgesehen und geplant sei – trotz Grenzkriminalität.

Ähnlich sieht die Lage sein Fraktionskollege Tom Lehnert. Dass Präventionsarbeit in Bad Muskau nötig ist, steht für ihn außer Frage. „Doch die Kostenfrage ist schlichtweg nicht leistbar“, erklärte der Stadtrat angesichts nötiger 5.000 Euro Eigenanteil in 2023 und weiterer 15.000 Euro im Jahr 2024, um überhaupt in den Genuss einer finanziellen Unterstützung des Freistaates für die kommunale Kriminalitätsprävention zu kommen.

Ohne Haushalt kein Beschluss

Die Frage der Finanzierung bewegte gleichfalls Stadtrat René Marko (Wir für Bad Muskau). Er wollte daher wissen, ob eine Bedarfsanalyse als Grundlage zur Finanzierung vorliege und ob die anfallenden Eigenmittel überhaupt haushaltstechnisch umsetzbar seien, da man ja in der Haushaltskonsolidierung sei und zudem noch keinen genehmigten Haushalt habe. Dadurch, sagte Marko, dürfe die Stadt ja nur Pflichtaufgaben sowie begonnene Projekte finanzieren, nicht aber freiwillige und neue Aufgaben wie Präventionsarbeit. „Ich schlage daher vor, den Beschluss zurückzustellen und bei Vorlage des Haushalts neu zu beraten“, erklärte der Stadtrat.

Dass ein Präventionsrat und seine Arbeit, unterstützt durch kreisliche Akteure und Anbieter – für die man ja auch die Kreisumlage mit zahle – benötigt wird, verdeutlichte ebenfalls Stadträtin Heidi Knoop (Die Linke). „Mein Vorschlag ist daher, der Gründung des Präventionsrates zuzustimmen. Wir brauchen dafür doch keinen großen Bahnhof. Alle anderen Punkte können wir später beschließen.“

So einfach war es jedoch auch nicht, da der Beschluss nur komplett und somit samt Präventionsratbildung und Stellenbesetzung gefasst werden konnte. Daher mahnte Bürgermeister Thomas Krahl an: „Es gibt nur zwei Varianten: Beschließen oder absetzen und verschieben!“ Letztlich entschied der Stadtrat einstimmig die Vertagung, da Bad Muskau aktuell nicht seinen nötigen Finanzanteil aufbringen kann.