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Bad Schandau bittet um Beistand

Die Kurstadt zeigte gestern seine zwei Gesichter. Am Rande der Asylkundgebungen kam es zu einem Zwischenfall.

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© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Gestern gab es nur ein Thema in Bad Schandau, was überall diskutiert wurde. Und heute wird es nicht anders sein. Eine Initiative, die sich im Internet „Nein zum Heim“ nennt und maßgeblich von NPD-Aktivisten getragen wird, hatte für gestern Abend zu einer Kundgebung auf den Marktplatz nach Bad Schandau eingeladen. Nach mehreren Redebeiträgen zogen die Teilnehmer eine kleine Runde durch die Stadt. Nach Angaben der Polizei versammelten sich etwa 150 Personen und trugen ein Banner, mit der Forderung, keine Verhältnisse wie im Westen Deutschlands zuzulassen. Gemeint waren freilich nicht Gehälter oder soziale Standards. Die überwiegend jungen Demonstranten haben Angst vor einer angeblichen Asylflut.

80 Polizeibeamte sicherten gestern die Kundgebungen ab.
80 Polizeibeamte sicherten gestern die Kundgebungen ab. © Dirk Zschiedrich

Zeitgleich versammelten sich etwa 120 Menschen zu einem bewegenden Friedensgebet in der evangelisch-lutherischen St.-Johannis-Kirche kaum hundert Meter von den NPD-Aktivisten und Sympathisanten entfernt. Außer zu Weihnachten haben lange nicht mehr so viele Menschen gemeinsam gebetet, für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit – aber auch für die, die auf dem Marktplatz demonstrierten, dass denen die Angst vor dem Fremden genommen und Mitgefühl gegeben werde. Über dem Kirchenportal hing ein Banner mit Worten, die Jesus sprach: Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen. Mit wenigen Worten hat Pfarrerin Luise Schramm diesen Satz auf das heutige Handeln übertragen. Gerade die, die unter islamistischem Terror leiden, etwa in Syrien, Irak oder Afrika, sollten bei uns Hilfe finden. Zuletzt wurde dafür gebetet, sich in Bad Schandau nicht auseinanderdividieren zu lassen, von jedweden Extremisten. Für jeden Anwesenden war in diesem Moment zu spüren, dass hier drinnen der Geist des christlichen Abendlandes lebt.

Direkt vor der Kirche wurde noch eine Kundgebung „Für eine solidarische und menschliche Flüchtlingspolitik im Landkreis“ abgehalten, die der DGB-Kreisvorstand angemeldet hatte. Hier wies unter anderem Vize-Landrat Peter Darmstadt (CDU) mit Hinweis auf die hinter der Polizeiabsperrung Versammelten darauf hin, dass gerade wegen der in früheren Diktaturen in Deutschland politisch und rassisch Verfolgten das Recht auf Asyl im Grundgesetz verankert ist. SPD-Ortsvorsitzender Peter Goebel zitierte aus der Präambel des aktuellen Koalitionsvertrages von CDU und SPD in Sachsen, in der es heißt, dass zu einem „weltoffenen und zukunftsorientierten Land eine Willkommens- und Anerkennungskultur für Menschen aus allen Teilen der Welt gehört, ganz gleich, ob unser Land sie als Fachkräfte braucht, sie als Studierende ausbildet oder ob sie als Flüchtlinge auf unsere Solidarität und christliche Nächstenliebe angewiesen sind“.

Die Polizei zog zwischen beiden Kundgebungen eine Trennlinie. Etwa 80 Beamte waren im Einsatz. Nach Polizeiangaben kam es zu einer Gewahrsamnahme für den Verlauf der Demonstration. Offensichtlich handelte es sich um einen Sympathisanten der NPD-Kundgebung. Das Licht des historischen Aufzugs wurde auch nicht wie angekündigt während der Kundgebung abgeschaltet. Etwa 15 Männer hatten die Geschäftsführerin der Bad Schandauer Kur- und Tourismus GmbH daran gehindert, den Technikraum zu betreten. Um eine Eskalation zu vermeiden, wurde auf die Durchsetzung des Hausrechts verzichtet.