Bad Schandau schließt sein Luchsgehege

Schon die Google-Rezensionen für das Luchsgehege in Bad Schandau sprechen eine deutliche Sprache: "Ein viel zu kleines Gehege für Wildtiere. Der Luchs streift apathisch durchs Gehege und man sieht den Tieren an, dass sie sich nicht wohlfühlen", schreibt ein Nutzer. "Das ist keine artgerechte Haltung", meint ein anderer: "Was für ein Armutszeugnis für Bad Schandau." Von einer Schande ist die Rede, von Trostlosigkeit und immer wieder von Tierquälerei.
Unzählige E-Mails und Briefe in einem ähnlichen Tenor hat Bad Schandaus Tourismuschefin Gundula Strohbach in den vergangenen Jahren beantworten müssen, obwohl sie die darin formulierte Kritik weitgehend teilt. Rein rechtlich werden alle Regularien eingehalten, gemäß europäischer Richtlinien zur Zootierhaltung ist das Gehege nicht zu klein. Dennoch war auch die städtische Bad Schandauer Kur- und Tourismus GmbH (BSKT) alles andere als zufrieden mit den Zuständen.
Stadt hält Tierhaltung für nicht mehr zeitgemäß
Allein, es fehlte bislang an einer Lösung. Das Gehege am Ausstieg des historischen Personenaufzugs zu vergrößern, stand nicht zur Debatte, die Stadt selbst hält diese Art der Tierhaltung nicht mehr für zeitgemäß. Lieber gestern als morgen hätte BSKT-Chefin Gundula Strohbach die beiden Luchse an ein Wildgehege abgegeben. Die einhellige Meinung der Experten aber war, dass dies nicht funktioniere. Die zwei Bad Schandauer Luchse seien dafür zu alt. Sie würden von Artgenossen nicht mehr akzeptiert, sondern totgebissen.

Sie freizulassen, scheidet ohnehin aus. Luchs Alphons und seine Tochter Cinderella sind inzwischen 18 und 15 Jahre alt. Beide sind schon in Gefangenschaft geboren und haben nie gelernt, selbst ihr Futter zu jagen.
Luchse bekommen artgerechtes Zuhause
Jetzt hat sich eine Möglichkeit aufgetan. Über enttäuschte Gäste kam Bad Schandau in Kontakt mit der Stiftung für Bären, die unter anderem den Alternativen Bärenpark Worbis im thüringischen Eichsfeld betreibt. Dort sollen die Luchse nun ein neues Zuhause bekommen. "Ich bin sehr glücklich mit dieser Lösung", sagt Bad Schandaus Tourismuschefin Gundula Strohbach.
In dem Bärenpark in Worbis ist genügend Platz für die Luchse. Der Park besteht aus einem großzügigen, umzäunten Areal von mehreren Hektar Größe, in dem Alphons und Cinderella keine Gefahr durch dominante Artgenossen droht. Die Stiftung betreibt unter anderem ein Luchsprojekt, mit dem sie über die Rückkehr wildlebender Luchse nach Thüringen aufklären möchte.
Das Hauptaugenmerk der Stiftung für Bären liegt auf dem Tierschutz, sie engagiert sich nach eigenen Angaben vor allem gegen den Missbrauch von Großbären in Zirkussen, als Kampfbären und als Schauobjekte. In den zwei Bärenparks in Thüringen und dem Schwarzwald finden Bären aus Zirkussen oder Zoos ein neues, artgerechtes Zuhause. Erst im März hat die Stiftung unter anderem drei Bären aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine gerettet.
Areal könnte Waldspielplatz werden
Einen festen Termin für die Umsiedlung gibt es noch nicht. Am Mittwoch liefert die Stiftung zunächst zwei Transportkisten nach Bad Schandau. Diese werden mit etwas Futter in das Gehege gestellt, damit die Luchse sich daran gewöhnen. "Es soll behutsam ablaufen", sagt Gundula Strohbach. Sobald die Luchse die Kisten als Behausung angenommen haben, kann in wenigen Wochen der Umzug starten.
In Bad Schandau könnte die Schließung auch Kritik hervorrufen. "Für viele Bad Schandauer wird dieser Eingriff einen Bruch bedeuten", schreibt BSKT-Mitarbeiterin Hanka Owsian im Amtsblatt der Stadt. Immerhin besteht das Tiergehege schon seit 1936. Früher wurden hier sogar Bären gehalten. Nur wegen der Tradition könne man das Gehege aber nicht guten Gewissens weiterbetreiben.
Für das Gelände gibt es schon einige Ideen. Als Erstes wird die Umzäunung abgebaut. Das Waldstück am oberen Teil des Personenaufzugs soll in jedem Fall attraktiv für Touristen werden, sagt BSKT-Chefin Gundula Strohbach. Vorstellbar sei ein Waldspielplatz für Kinder, eventuell mit Kneipp-Elementen, die in Bad Schandau eine große Rolle spielen. Offen ist noch, was aus dem einstigen Bärenzwinger wird, einem verglasten Massivbau. Vielleicht eine Bar? Tierhaltung ist für die Zukunft ausgeschlossen.