Herr Kunack, zunächst eine persönliche Frage. Sie waren selbst an Covid-19 erkrankt. Wie geht es Ihnen?
Im Nachhinein betrachtet war es ein eher leichter Verlauf. Meiner Familie und mir geht es wieder gut, wir sind gesund.
Die Corona-Pandemie hat uns weiter im Griff. Bad Schandau lebt zu großen Teilen vom Tourismus. Ob Hotels und Gaststätten zu Ostern wieder öffnen können, ist fraglich. Wie schätzen Sie die Situation ein?
Wir sind mittlerweile seit gut einem Jahr in der Pandemie gefangen. Das gesamte öffentliche Leben ist heruntergefahren. Wenn man als Bürgermeister durch die Stadt geht, tut es einem in der Seele weh, die ganzen geschlossenen Geschäfte zu sehen. Existenzen stehen teilweise am Rand des Ruins. Die Menschen sind mitunter verzweifelt, es geht auch um Vereinsamung. Im Tourismusbereich sind viele von Zukunftssorgen geplagt.
Wie ist die Perspektive für den Tourismus? Sie sind ja auch Vizepräsident des Landestourismusverbands Sachsen.
Seit Ende letzten Jahres gab es unzählige Videokonferenzen. Wir haben mit dem Landestourismusverband ein Papier erarbeitet, in dem es um die schrittweise Öffnung des Tourismus in einem 3-Phasen-Modell geht. Natürlich immer mit dem Ziel, die Ansteckungsgefahr gering zu halten und Infektionen auszuschließen, aber trotzdem wirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen. Den Unternehmen ist es vor allem wichtig, einen verlässlichen Planungshorizont zu bekommen. Jetzt kommt es darauf an, was Landes- und Bundesregierung daraus machen.
Glauben Sie, dass es möglich ist zu öffnen, ohne dass es die befürchtete dritte Welle geben wird?
Das müssen letztlich Experten beurteilen. Wir haben mit den Tourismusverbänden unsere Vorschläge zugearbeitet. Es gilt, einen guten Mittelweg zu finden. Jeder Monat, der verstreicht, stehen Existenzen auf dem Spiel.
In der vorigen Tourismussaison fehlte es an Restaurant-Kapazitäten. Manche Besucher wollten gern einkehren, fanden aber keinen Platz. Aus Bad Schandau stammt die Idee, verstärkt auf mobile Gastronomieangebote zu setzen. Was steckt dahinter?
Es ist nicht schön, wenn Urlauber auch an der dritten Gaststätte abgewiesen werden und sich dann notgedrungen ihr Abendessen im Supermarkt kaufen und es auf ihrem Zimmer einnehmen. Das ist im vergangenen Sommer passiert, weil es durch die Abstandsregeln weniger Plätze gab und wir gleichzeitig besonders viele Gäste in der Region hatten. Solche Versorgungsengpässe dürfen wir nicht aufkommen lassen. Wir sprechen momentan zuerst unsere regionalen Gastronomen an, ob sie ihr
Angebot erweitern oder zusätzlich mobile Angebote schaffen können. Erst im zweiten Schritt würden wir auf externe Drittanbieter zugehen.
Gibt es denn geeignete Stellplätze für mobile Essensangebote?
Es muss zentral sein, um die Wege kurz zu halten. In Bad Schandau auf dem Markt könnte ich mir das vorstellen oder am Elbufer. Wir legen natürlich Wert auf eine angemessene Qualität des Angebots, es sollte keine einfache Imbissbude sein.
Im Nationalpark sind aufgrund der umgestürzten Bäume infolge des Borkenkäfers schon ein Dutzend Wanderwege unpassierbar. Die Nationalparkverwaltung sieht sich außerstande, diese Wege bis zum Frühjahr zu beräumen. Wie beurteilen Sie das?
Ich war bei einem Termin mit Nationalparkleiter Ulf Zimmermann selbst vor Ort. An vielen Stellen lauern Gefahren, weil die abgestorbenen Bäume ohne Vorwarnung herunterbrechen können. Das wird durch die Schneelast jetzt noch einmal verstärkt. Dort ist es unstrittig, dass Bereiche aus Sicherheitsgründen abgesperrt werden müssen.
Aber: Gerade bei zentralen Wegen, wie aktuell dem Großen Zschand, sollte die Nationalparkverwaltung - also der Freistaat - dann das Geld in die Hand nehmen, sie freizuhalten. Auch wenn das teuer ist.
Die Natur im Nationalpark soll für nachfolgende Generationen erhalten bleiben, das ist ganz klar. Das muss aber in Einklang mit der Region passieren und den Menschen, die hier leben. Es ist ein Geben und Nehmen. Wenn wir in einem Bereich sperren müssen, sollten wir Möglichkeiten finden, an anderer Stelle etwas freizugeben.
Das heißt der Nationalpark sollte neue Wege öffnen?
Zumindest Alternativen anbieten. Wenn ein Pfad eine Zeit lang nicht begehbar ist, sollte man überlegen, zumindest für diese begrenzte Zeit, einen Nebenpfad wieder freizugeben, damit nicht ein ganzes Gebiet stillgelegt wird. Nur zu sagen, dass etwas nicht geht, ist schwer vermittelbar. Wir müssen das Ganze besser erklären und kommunizieren. Da sehe ich noch Defizite. Wichtig ist, jeden mitzunehmen.
Sobald die Saison losgeht, werden die Menschen wieder ins Nationalparkgebiet strömen. Da wird bei vielen das Verständnis fehlen, warum sie einen altbekannten Wanderweg nicht nutzen können. Soweit darf es nicht kommen. Dann ist der Ärger vorprogrammiert.
Wie sollte das kommuniziert werden? Überall Schilder aufstellen?
Man muss vor allem die Gefahren besser erklären. Niemand will einen Baum auf den Kopf bekommen. Vor Ort Schilder aufstellen, aber auch schon vorab über das Nationalparkzentrum und den Tourismusverband kommunizieren. In Zusammenhang mit dem Borkenkäfer sind wir aber auch ganz schnell beim Thema Waldbrände.
Wenn es brennt, sind die Freiwilligen Feuerwehren der Kommunen gefragt. Der Nationalpark hat keine eigene Feuerwehr.
An manchen Stellen steht so viel Totholz im Wald, dass es schnell aus dem Ruder laufen kann. Ein Vollbrand wäre dort nicht mehr beherrschbar. Da stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: Können wir das unseren Kameraden noch zumuten oder lassen wir es brennen? Das sind Fragen, für die wir endlich Lösungen brauchen. Wir benötigen ein grundlegendes Besucherkonzept für den Nationalpark. Das muss aber von der Nationalparkverwaltung kommen. Vorarbeiten dafür vonseiten des Tourismusverbands gibt es bereits.