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Bäckerin aus Leidenschaft

Eine junge Frau hatte ihre Ausbildung in Kaufbach mit Bravour bestanden. Trotzdem wechselte sie die Branche.

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© Andreas Weihs

Von Maik Brückner

Wilsdruff. Maria Klingner ist ganz bei der Sache. Mit der einen Hand drückt sie den mit Teig gefüllten Beutel. Mit der anderen bewegt sie dessen Spitze über das Backblech. Eine weiße Masse quillt aus dem kleinen Blechvorsatz. Maria Klingner formt Kringel. „Das ist Spritzgebäck“, sagt die 22-Jährige. „Sehr lecker, aber auch sehr kalorienhaltig.“ 18 Kringel hat sie in Sekundenschnelle auf dem Backblech kreiert, das wenig später im Ofen verschwindet.

Bäckermeister Gerhard Schilling schaut der jungen Frau mit einem Lächeln zu. Vor Kurzem hat sie bei ihm ihre dreijährige Lehre beendet – und das mit Bravour. Die junge Frau ist die jahrgangsbeste Handwerksgesellin im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, sagt Antje Reichel, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Südsachsen. Maria Klingner hat die Gesellenprüfung mit „sehr gut“ abgelegt. Ihr Ausbilder traut ihr zu, dass sie beim Landeswettbewerb der Bäckergesellen gut abschneidet. „Maria hat ihre Lehre sehr ernst genommen“, sagt der 69-jährige Bäckermeister, der schon sechs Gesellen ausgebildet hat. Sie sei sehr selbstständig.

In ihrer Lehrzeit hat sie etwas gelernt, was für einen Bäcker unerlässlich ist. „Sie hat ein Gefühl für den Teig bekommen, das ist das Wichtigste“, erklärt der Kaufbacher. Dass sie ihre Lehre so gut abschließt, hat vielleicht auch mit den Genen zu tun. Schon Marias Großvater war Bäckermeister. Er hat aber vor 25 Jahren aufgehört. „Er kann sich leider nicht mehr über meinen Erfolg freuen“, sagt die junge Frau. Er starb, als sie im zweiten Lehrjahr war.

Trotz des Bäckergens kam sie erst über einen Umweg in die Backstube. Denn zunächst besuchte sie die Fachoberschule, machte Abitur. „Ich wollte mich ausprobieren.“ Große Lust, danach ein Studium aufzunehmen, hatte sie aber nicht. „Ich bin ein praktischer Mensch“, sagt sie. Bei ihren Ferienjobs wollte sie immer etwas Praktisches haben, etwas, wo sie zupacken musste. Deshalb stand nach der Schule fest, dass sie entweder Bäckerin, Müllerin oder Landwirtin werden will. „Vom Beruf des Landmaschinenschlossers haben mir alle abgeraten.“ Dass Maria Klingner 2015 dann eine Bäckerlehre aufgenommen hat, lag auch daran, dass sie die theoretische Ausbildung in ihrer Heimatstadt Dresden absolvieren konnte. Bei der Suche nach einem Ausbildungsbetrieb gab es für die junge Frau eine Prämisse: Es sollte eine kleine Bäckerei sein, in der noch die Handwerkskunst gepflegt wird. Diese Bedingung erfüllte die kleine Bäckerei, die Gerhard Schilling vor gut 20 Jahren am Ortsrand von Kaufbach gegründet hat. Maria Klingner kannte die Bäckerei bereits, weil sie als Kind oft in dem kleinen Ort zu Besuch war.

Als sie sich bei Gerhard Schilling vorstellte, lud dieser sie gleich zu zwei Tagen Probearbeiten ein. „Er wollte keine Bewerbungsschreiben haben, sondern sehen, ob mir der Beruf Spaß machen würde.“ Sie ging auf dieses Angebot ein und stand wenige Tage später um 2 Uhr morgens in der Kaufbacher Backstube. Den ganzen Morgen half sie mit. Bereits nach dem ersten Tag stand für sie fest: „Mit dieser Arbeit kann ich mein Hobby zum Beruf machen.“ Denn schon vor ihrer Lehre backte sie gern Kuchen und Stollen, bereitete Torten zu. Auch an Brot und Brötchen wagte sie sich heran.

Ihre Entscheidung, Bäckerin zu werden, hat sie nicht ein einziges Mal bereut. Auch das mit dem zeitigen Aufstehen hat sie in den Griff bekommen. Jeder habe eine andere Strategie. „Ich habe mir angewöhnt, mich nachmittags hinzulegen. Nach zweieinhalb Stunden Schlaf fühle ich mich richtig fit.“ Deshalb kann sie auch abends mal ausgehen, ohne am nächsten Arbeitstag durchzuhängen.

Obwohl ihr das Backen ganz große Freude bereitet, hat sie Gerhard Schillings Bäckerei Ende Juni verlassen. Maria Klingner ist nach Dresden zurückgekehrt, um im elterlichen Betrieb in Altgorbitz einzusteigen – einem Futtermittelhandel. Dieser wurde 1869 gegründet. „Ich bin die fünfte Generation und möchte den Betrieb gern weiterführen“, sagt sie. Vom Backen will sie aber nicht lassen. Deshalb hat sie Gerhard Schilling angeboten, bei ihm auszuhelfen. Der Bäckermeister nahm das Angebot an. Seit Anfang Juli fährt sie jeden Sonnabend von Dresden nach Kaufbach, um dort zu backen. Ihr Traum ist es, später eine Familie zu haben und ein Café zu führen. Das wird sie aber nur eröffnen, wenn der Familienbetrieb von der sechsten Generation weitergeführt wird.