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Bald nur Wasser im Tank

Drei Wissenschaftler der TU Dresden sind derzeit dabei, die Natur nachzubauen – und den Antrieb der Zukunft zu finden. Und der könnte im Wasserstoff liegen.

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Prof. Inez Weidinger bei der Auswertung der Laserergebnisse mit Laborleiter Philipp Wollmann (vorn) und Dr. Khoa Ly: Im Laser werden
Schwingungen der Moleküle sichtbar, was für die Erforschung von Wasserstoff als Antrieb wichtig ist.
Prof. Inez Weidinger bei der Auswertung der Laserergebnisse mit Laborleiter Philipp Wollmann (vorn) und Dr. Khoa Ly: Im Laser werden Schwingungen der Moleküle sichtbar, was für die Erforschung von Wasserstoff als Antrieb wichtig ist. © Foto: Thorsten Eckert

Hat die Natur schon vor Jahrmillionen den Antrieb der Zukunft „erfunden“? Die Alternative zum derzeit viel gescholtenen Verbrennungsmotor? Am Institut für Elektrochemie der TU Dresden gehen drei Wissenschaftler einer heißen Spur nach: der Wasserstoff- Brennstoffzelle. Das Ganze könnte jetzt sogar noch einmal richtig „befeuert“ werden, denn Deutschland soll Weltmarktführer beim Wasserstoff als Energieträger werden. Das jedenfalls hat die Bundesregierung Anfang Juni entschieden und stellt zur Förderung der Technologie zusätzlich neun Milliarden Euro bereit. Ob von diesem Geld auch etwas nach Dresden fließt, ist derzeit noch unklar – klar ist aber, dass die TU-Experten davon überzeugt sind, den Schlüssel in der Natur finden zu können: Am Beispiel der Photosynthese. Die macht vor, was die Wasserstoff-Brennstoffzelle nachmachen soll; Energieproduktion in einem Kreislaufsystem. Die Bäume „atmen“ bekanntlich das Kohlendioxid aus der Luft ein, spalten es, nutzen den Kohlenstoff fürs Wachstum und „atmen“ anschließend den nicht benötigten Sauerstoff wieder aus. Der im Holz gebundene Kohlenstoff wird später wieder abgegeben, beim Verbrennen des Holzes zum Beispiel oder bei der Zersetzung abgestorbener Bäume und Pflanzen. So gelangt er zurück in die Luft, bildet dort mit dem Sauerstoff wieder Kohlendioxid, das wiederum von Bäumen eingeatmet werden kann. Ein Kreislauf.Drei Wissenschaftler der TU Dresden sind derzeit dabei, die Natur nachzubauen – und den Antrieb der Zukunft zu finden. Und der könnte im Wasserstoff liegen.

Die Brennstoffzelle wird siegen

Nach diesem Kreislaufsystem soll auch die Brennstoffzelle arbeiten; und zwar mit Wasserstoff. Daran jedenfalls forschen Prof. Inez Weidinger und die beiden Nachwuchswissenschaftler Dr. Khoa Ly und Laborleiter Dr. Philipp Wollmann. Und sie wissen dabei, dass die Brennstoffzelle eine Art Wette auf die Zukunft ist, wie es Dr. Khoa Ly umschreibt. Denn auch Batterie-Antriebe oder die CO2- Rückgewinnung aus der Luft – das „Einfangen“ und Umwandeln der Abgase von Verbrennungsmotoren zurück zu Brennstoffen sozusagen – konkurrieren derzeit mit der Wasserstoff-Brennstoffzelle. Eine Zeit lang werden wohl mehrere verschiedene Antriebssysteme gleichzeitig aktuell bleiben. „Wie in der Zeit, als der Verbrennungsmotor die Pferdekutsche abgelöst hat“, sagt Khoa Ly. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem sich der effektivste Antrieb durchsetzen wird. Und das wird die verbesserte Brennstoffzelle sein, sind die drei Dresdner Wissenschaftler überzeugt. Aktuell funktioniert eine Wasserstoff- Brennstoffzelle vereinfacht beschrieben so: Es werden quasi Wasserstoff und „normale“ Luft „getankt“, in der Brennstoffzelle werden dann an zwei verschiedenen Elektroden – Anode und Kathode – der Wasserstoff und die Luft gespalten, sodass zum einen Wasser entsteht und zum anderen elektrische Energie erzeugt wird. Das alles ist derzeit sehr aufwendig und teuer. Denn in der Regel wird Platin für die Elektroden genutzt. „Was viel kostet und zudem nicht gerade umweltfreundlich abgebaut wird“, erklärt Inez Weidinger. Also haben die Forscher zwei Ideen: Erstens, auch andere, preiswertere Metalle zu nutzen und zweitens soll die Brennstoffzelle die benötigten Brennstoffe gleich selbst herstellen … Ein Ausgangsstoff könnte dabei Wasser sein. Hieraus würde die Brennstoffzelle dann zum Beispiel mit Licht oder Strom aus regenerativen Energiequellen den Wasserstoff wieder herstellen, den Sauerstoff „ausatmen“, anschließend den Wasserstoff verbrennen und damit die Elektroenergie erzeugen, mit der Fahrzeuge angetrieben werden könnten. Und das am Ende vielleicht sogar in einem möglichst geschlossenen Kreislauf. Heißt, alle Spaltprodukte sollen anschließend wieder zusammengesetzt werden und das Ganze von vorn starten. 

Die Natur macht es vor

Utopie? Die Natur macht jedenfalls vor, dass es funktionieren könnte. Die schon erwähnte Photosynthese ist das eine, die Atmung ein weiteres Beispiel. Der Mensch braucht eben kein teures Platin, um den Sauerstoff aus der Luft zu verwerten, sondern nur häufig vorkommende Elemente wie Eisen oder auch Kupfer, die er über die Nahrung aufnimmt. „Preiswerte Metalle“, unterstreicht Dr. Khoa Ly. Eigentlich müsste man also nur die Natur „nachbauen“, schon wären viele Umweltprobleme und der drohende Kampf um weltweit schrumpfende Ressourcen vom Tisch. Klingt einfach, „ist es aber nicht“, macht Inez Weidinger klar. Und doch ist ihr die Überzeugung anzumerken, dass es der Wissenschaft gelingen könnte. „Wir sind hartnäckig“, sagt sie - und ihre beiden Mitstreiter nicken bestätigend. Was tut nun also das Dresdner Forscher- Trio? „Wir arbeiten mit Lasern, so wollen wir herausfinden, wie sich die nachgebauten Moleküle auf der Elektrode verhalten, wenn Spannung anliegt“, erklärt Laborleiter Dr. Philipp Wollmann. Unter dem hochmodernen Spezialmikroskop der Laseranlage im zweiten Geschoss im Andreas-Schubert- Bau sehen die Wissenschaftler, was passiert, wenn via Laser Lichtenergie zugeführt wird. Wie sich welcher Stoff verhält. „Das Laserlicht versetzt die Moleküle der Stoffe in Schwingungen, wir sehen also, welche Moleküle sich wie verändern.“ So sollen Antworten gefunden werden, beispielsweise auf die Frage: Wie macht die Natur das mit der Photosynthese und der Atmung im Detail? Oder: Welche Moleküle sind geeignet für den Nachbau in der Brennstoffzelle? Ein erster Schritt also, um die genialen Brennstoffumwandlungen der Natur auf künstlichen Elektroden nachzubauen. Regenerativ und umweltfreundlich. „Wir wollen die Brennstoffzelle besser machen, die Wasserstoffherstellung einfacher und preiswerter – und letztlich vielleicht sogar diesen ominösen Kreislauf schließen helfen“, bringt es Inez Weidinger auf den Punkt. Der Weg dorthin, sagt sie, ist noch weit. „Aber wir wissen, es ist möglich“. Und natürlich beflügelt auch das Wissen, dass nun auch die Politik vom Wasserstoff als Zukunftsmodell überzeugt ist. 

Von Jens Fritzsche

Hier geht es zur Themenwelt: ENERGIE Strom und Wärme in Sachsen