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Bange Erwartungen

Die Volksabstimmung am Sonntag über die Sparpolitik hat Griechenland tief gespalten. Die Sorgen in der Bevölkerung sind groß: Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht - wie auch immer das Referendum ausgeht.

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© dpa

Athen/Berlin. Griechenland geht mit bangen Erwartungen in die Volksabstimmung über die Sparpolitik.

Einen Tag vor dem Referendum an diesem Sonntag sorgten Spekulationen über eine mögliche Kürzung von Bankguthaben für zusätzliche Aufregung in der Bevölkerung. Die Regierung und die Banken traten den Befürchtungen entgegen, dass es aufgrund der dramatischen Finanzkrise des Landes zu Einschnitten bei den Guthaben kommen könnte.

„Solche Pläne gibt es absolut nicht“, sagte die Präsidentin des griechischen Bankenverbandes, Louka Katseli, dem TV-Sender Skai am Samstag. „Das Szenario einer Kürzung von Bankguthaben gehört in den Bereich der Fantasie“, betonte sie.

Diese Termine stehen in Griechenland an

5. Juli:

Die Griechen sollen in einem Referendum über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket abstimmen.

7. Juli:

Frühestens am Dienstag nach der Volksabstimmung könnten Griechenlands Banken und die Börse in Athen wieder öffnen.

10. Juli:

Griechische Staatspapiere mit kurzen Laufzeiten (T-Bills) in Höhe von 2 Milliarden Euro werden fällig und müssten durch neue abgelöst werden. Dieser Termin ist vor allem für das Urteil der Ratingagenturen wichtig.

13. Juli:

Athen muss eine weitere Rate von knapp 500 Millionen Euro an den IWF zurückzahlen.

17. Juli:

Weitere T-Bills in Höhe von einer Milliarde Euro werden fällig.

20. Juli:

Athen muss insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen. Sollte diese Zahlung ausfallen, dürfte es der EZB laut Experten kaum noch möglich sein, weiter Ela-Kredite an griechische Banken zu vergeben.

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Nach den gescheiterten Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern gilt das Votum der Bevölkerung als wichtiges Signal für eine mögliche Wiederaufnahme der Gespräche. Aber auch nach der Volksabstimmung können die Griechen nicht mit einer schnellen Rettung rechnen. Die Bundesregierung dämpfte am Freitag Hoffnungen der Linksregierung in Athen, zügig frische Hilfsgelder zu erhalten. Der Ausgang des Referendums ist nach Umfragen völlig offen.

Die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ berichtete unter Berufung auf Bankkreise, die griechischen Geldinstitute erstellten Pläne, Kürzungen von wenigstens 30 Prozent bei Guthaben von über 8 000 Euro vorzunehmen. Dies solle im Rahmen einer Sanierung des griechischen Finanzsystems geschehen, schrieb das angesehene Blatt in seiner Online-Ausgabe.

Das Athener Finanzministerium bezeichnete den Bericht als eine „Provokation“. Damit solle Einfluss genommen werden auf den Ausgang der Volksabstimmung. Griechische Bankkunden können derzeit an den Geldautomaten nur 60 Euro pro Tag von ihren Konten abheben. In der kommenden Woche droht den Banken nach Medienberichten das Geld ganz auszugehen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schloss ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone nicht aus. „Ob mit Euro oder vorübergehend ohne: Diese Frage können nur die Griechen selbst beantworten“, sagte er der „Bild“-Zeitung (Samstag). Offensichtlich mit Blick auf die in jedem Fall fortbestehende EU-Mitgliedschaft der Griechen fügte er hinzu: „Klar ist auch: Wir werden die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen.“

Die griechische Presse wertete das Referendum als einen der entscheidendsten Momente in der jüngsten Geschichte des Landes. „Ja zum Euro und Europa. Die Bürger halten die Zukunft des Landes in ihrer Hand“, titelte die Traditionszeitung der politischen Mitte, „To Vima“. Das Sprachrohr des regierenden Syriza-Linksbündnisses „I Avgi“ titelte: „NEIN“. Regierungschef Alexis Tsipras werde durch ein Nein gestärkt werden und „binnen zwei Tagen“ ein Abkommen mit den Gläubigern abschließen, ist das Blatt überzeugt.

Die deutsche Wirtschaft hofft auf eine Zustimmung der Griechen. „Unsere Hauptsorge ist: Was passiert nach einem „Nein“ der Griechen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, der Deutschen-Presse Agentur.

Das anstehende Referendum hat die Griechen gespalten. Am Freitagabend demonstrierten in Athen Zehntausende für oder gegen die Reformprogramme. Tsipras rief dazu auf, mit einem „Nein“ neue Verhandlungen mit den Geldgebern zu ermöglichen. Dagegen erwarten Finanzexperten, dass eine Ablehnung den Verbleib Griechenlands im Euroraum gefährden dürfte. (dpa)