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Bangen um den Elch

Im Sommer starben im Wildgehege Moritzburg zwei Elch-Babys. Jetzt kämpft der Tierarzt um das Leben des Bullen.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Donnerstagvormittag im Moritzburger Wildgehege. Viele Besucher sind an diesem nasskalten Tag noch nicht unterwegs. Dennoch versuchen Mitarbeiter der zum Forstbezirk Dresden gehörenden Einrichtung, diese von der Elchanlage fernzuhalten. Die beiden dort lebenden Tiere, eine erst im Vorjahr nach Moritzburg geholte junge Kuh und ein elf Jahre alter Bulle, sollen möglichst nicht gestört werden.

Der Grund: Tierarzt Dr. Mathias Ehrlich will das männliche Tier in Narkose legen. Kein ungefährliches Unterfangen. Schließlich muss der Veterinär in der fünf Hektar großen Anlage für die Betäubung nahe genug an das wehrhafte Tier herankommen. Aber die Narkose ist notwendig. „Lebensnotwendig“, wie Wildgehegeleiter Rüdiger Juffa sagt. „Vor zwei Wochen haben wir bemerkt, dass sich der Elchbulle eine Verletzung zugezogen hat.“ Am Geweih, direkt unterhalb des sogenannten Rosenstocks. „Eine Stelle, wo er selbst nicht hinkommt.“ Das war wohl auch ein Grund, dass die Wunde zu eitern anfing und sich dort Maden breit machten, wie der Tierarzt bei der Untersuchung und Behandlung der Verletzung festgestellt hatte.

„Das Wundsekret stinkt immer noch sehr“, sagt Rüdiger Juffa und klingt besorgt. „Ich hoffe, dass die Behandlung trotzdem Wirkung zeigt und das Tier nicht leidet.“ Denn er weiß auch um die Konsequenz, wenn sich der Zustand des Elchbullen nicht verbessern würde. „Wenn nichts mehr helfen sollte, müsste ich den Elch totschießen.“ Wie der langjährige Wildgehegechef sagt, kenne er solch stark eiternde und von Maden befallenen Wunden sonst eigentlich nur von fleischfressenden Bewohnern des Wildgeheges. Vor ein paar Jahren seien daran aber auch schon einmal zwei Elche gestorben: eine Kuh und ein Kälbchen. „Die hatten beide Bissverletzungen, die sich entzündeten“, ergänzt Rüdiger Juffa. Der jetzt erkrankte Bulle überlebte damals. „Trotz einer Wunde, aus der literweise Eiter geflossen ist.“ Welches Tier seinerzeit die Elche gebissen hatte, sei nicht mit Sicherheit zu sagen gewesen. „Allerdings deuteten die in den Wunden gefundenen Erreger auf Prädatoren hin. Also Marder, Fuchs oder Wolf“, sagt der Forstmann.

Geduld und Erfahrung des Tierarztes führten nach einiger Zeit zum Erfolg. Der Schuss mit dem Betäubungsmittel trifft sein Ziel. Aus sicherer Entfernung beobachtet Mathias Ehrlich, wie der Koloss immer ruhiger wird, bis die Narkose schließlich eine gefahrlose Inspektion und Behandlung der Wunde erlaubt.

Rüdiger Juffa wartet mit Spannung auf das Ergebnis. „Die Wunde sieht schon viel besser aus. Ich denke, er schafft es“, spricht der Tierarzt schließlich die erlösenden Worte. „Ich bin heilfroh“, sagt daraufhin erleichtert der Wildgehegeleiter.

Schließlich ist der Elch das Wappentier des Moritzburger Wildgeheges. Aber auch das Sorgenkind. Denn immer wieder haben die großen und in ihrer Haltung anspruchsvollen Tiere in den vergangenen Jahren durch Ausbrüche und Todesfälle für Aufregung gesorgt. Zuletzt erst vor ein paar Monaten. Dabei hatte eine Zwillingsgeburt der jungen Elchkuh zunächst die Hoffnung geweckt, dass es erstmals seit 2010 wieder eine erfolgreiche Aufzucht von Elchbabys geben könnte.

Doch dann starb einer der beiden kleinen Elche vermutlich aufgrund der ungünstigen Witterung. Die Todesursache konnte nicht festgestellt werden, weil der Köper schon zu sehr verwest war. Kurze Zeit später brachen die beiden Elterntiere aus der Anlage aus. Was die großen Tiere in Panik versetzte, ist nach wie vor nicht klar. Während das Jungtier die fast dreitägige Abwesenheit seiner Mutter offenbar gut verkraftet hatte, starb es wenig später überraschend an einer schweren Gelbsucht.

Obwohl das Tier sofort nach Dresden in die Landesuntersuchungsanstalt Sachsen gebracht wurde, konnte dort nicht genau ermittelt werden, was die Krankheit ausgelöst hatte. Und auch die Untersuchung von Gewebeproben an der veterinärmedizinischen Universität in Wien brachte keine abschließende Gewissheit, wie Mathias Ehrlich auf SZ-Nachfrage sagte.

Ein anderes Problem, so hofft Rüdiger Juffa, ist aber inzwischen gelöst. Vor die nur rund 1,80 Meter hohe historische Mauer wurden inzwischen etwa doppelt so hohe Abweiser aus Holz aufgestellt. Auf einer Länge von fast 70 Metern. Sie sollen verhindern, dass die Elche dort wieder ausbrechen können.