Weißbierära in Possendorf ist Geschichte

Ein Glas für das abendliche Weißbier findet sich bei Saffers in Possendorf immer. Bei 3.200 Gläsern aus 55 Ländern und 1.942 Brauereien - so besagt es die private Statistik - braucht man in dem Einfamilienhaus nicht weit zu laufen. Die 1990 begonnene Sammlung bleibt, auch wenn der Hausherr nicht mehr erweitern will. Seine Frau Birgit schmunzelt. Eine Leidenschaft gebe man nicht so einfach auf.
Aber eines hat Hanns Saffer wahr gemacht: Das fast 17 Jahre lang in seinem Keller gebraute 1. Possendorfer Weißbier ist Geschichte. Sein Brau-Hobby hat der gebürtige Franke vor einigen Wochen an den Nagel gehängt und seinen Braukessel verkauft. Das einst für 900 Euro erworbene Schmuckstück sei in Possendorf geblieben. Mehr verrät er nicht.
Als Oberamtsrat in Dresden gelandet
Sein Weißbier holt sich Saffer jetzt woanders. "Aber irgendwann musste mit der Brauerei Schluss sein. Und mit 78 fällt auch nicht mehr alles so leicht wie noch 2005", sagt Saffer, der zwar seit 1990 in Sachsen lebt, aber seine Herkunft nicht verbergen kann.
Warum auch. Sprache und Gepflogenheiten aus der alten Heimat bleiben. Wie der regelmäßige Genuss von Weizenbier. Zunächst oft auf dem Balkon seiner ersten Wohnung in der Zwinglistraße, ab Ende 1993 im eigenen Haus in Possendorf. Dort konnte er seine Idee vom eigenen Bier endlich umsetzen. Der Platz war da.
Dabei ging es Saffer, als er 1990 nach Dresden kam, zunächst darum, bei der Einführung der D-Mark mitzuhelfen. Er arbeitete bei der Deutschen Bundesbank am Dr.-Külz-Ring und war an der Umstellung des Bankwesens nach bundesdeutschem Vorbild beteiligt.
Ihn hätte nicht nur die neue Aufgabe, sondern auch die damals übliche "Busch"-Zulage gereizt. "Eine unglückliche Umschreibung", muss der einstige Bundesbankoberamtsrat eingestehen, der als Franke nicht überall in Sachsen gut angesehen war.
Nicht mehr als 200 Liter im Jahr
Dumme Sprüche würden auch heute noch fallen, aber er fühlt sich wohl in dem seit 28 Jahren zur Heimat gewordenen Possendorf. "Es gibt überall Idioten - in Ost und West", sagt er. Saffer aber wollte dazu gehören, engagierte sich auch viele Jahre in Ortschafts- und Gemeinderat.
Der Possendorfer mit fränkischen Wurzeln zeigt die Stelle im Keller, wo er etwa fünfmal im Jahr Weißbier gebraut hat. Schön kühl konnte es dort lagern. Nicht mehr als 200 Liter durften es pro Jahr sein. Bis zu der Menge ist es steuerfrei. "Da hatte der Zoll ein Auge drauf", sagt Saffer. Meist seien es aber gar nicht so viele Liter geworden. Und lange lagern musste es auch nicht.
Biergenuss fürs zünftige Musizieren
In den Genuss des 1. Possendorfer Weißbieres kamen neben der Familie und Nachbarn auch Besucher von Festen in Possendorf und Wilmsdorf - und die Poisentaler Blasmusikanten. Zwischen 2008 und 2010 veranstaltete Familie Saffer mit ihnen, Freunden und Nachbarn ein privates Fest im Garten.
Fürs zünftige Musizieren gab es zünftiges Weißbier. Dann war Schluss, weil der Auftrittsplan für die Musiker umfangreicher wurde und Zeit fürs private Fest fehlte - zum Bedauern der Beteiligten. Die Erinnerungen bleiben. Es hätte allen Spaß gemacht, sagt der Hobbybrauer a. D.
Das Rezept für das obergärige Bier hat Hanns Saffer weiter parat. Da könne man nicht viel falsch machen sagt er: "Wasser, geschroteter Malz, Gerste. Mindestens 50 Prozent Weizenmalz müssen es sein, dazu Hefe und Hopfen, die nötige Temperatur und Lagerung, fertig ist das Weizenbier". Abgefüllt hat er es mit Hilfe seiner Frau all die Jahre in Schnappverschlussflaschen.
Tausende Gläser im Haus verteilt
Zur Erinnerung an die für ihn schöne Lebens-Episode bleiben Hanns Saffer und seiner Frau Fotos, Zeitungsausschnitte und Tabellen - alles in Ordnern sortiert. Dazu kommen 250 Zapfhahnschilder und 250 auf einem Tisch sorgfältig aufgereihte Kronkorken. Auch drei Tafeln mit jeweils 650 Korken lehnen an der Kellerwand.
Nicht zu vergessen die zahlreichen Gläser, zu denen auch noch welche mit der Aufschrift "Hausbräu Saffer" gehören. Das eine oder andere Exemplar bietet er Sammlern an. Wie die von seinen Schmuckstücken erfahren? Man kenne sich in den Kreisen, sagt der 78-Jährige und mahnt noch, vorsichtig beim Aufstehen zu sein. Denn auch hinter der Sitzbank im Wohnzimmer steht ein riesiges Regal mit Weißbiergläsern.
Das Brauen in Possendorf ist beendet, aber die Weißbierleidenschaft im Hause Saffer bleibt für immer.