Hier ist es für Radfahrer in Bannewitz brenzlig

Ratlos steht Frank Neuwirth an der Kreuzung Boderitzer Straße/B 170 in Bannewitz. Mit dem Ausbau der Bundesstraße sind hier die Radfahrer vergessen worden. Nur auf der McDonald's-Seite eine Radspur, auf der anderen Seite nichts. Dabei erkennt selbst der Laie, dass die Kreuzung hier recht großflächig ist.
Der passionierte Radfahrer, der in Welschhufe wohnt, weist auf die Fußgängerampel Richtung Baumschule Lux. Dort steht nur ein Verkehrszeichen für Fußgänger. "Radelnd die Straße zu überqueren ist also ausgeschlossen", sagt Neuwirth. Eigentlich. Nicht jeder Radfahrer, der hier die B 170 überqueren muss, hält sich daran. Irgendwie verständlich.

In dem Moment saust ein Radfahrer von der Boderitzer Straße über die Ampelkreuzung. Mit einer Radspur hätte er mehr Sicherheit. Konrad Krause, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Sachsen (ADFC), und seine Kollegin Isabell Gall schauen sich gemeinsam mit Frank Neuwirth die Situation an und machen Notizen.
B170 für Millionen ausgebaut - ohne Radweg
Vor ein paar Tagen hat der ADFC wie in anderen Orten auch in Bannewitz eine Umfrage gestartet. Mitmachen könne jeder, der Rad fährt, sagt Krause. Der Fahrradklima-Test findet 2022 zum zehnten Mal statt.
Der ADFC-Sachsen-Chef und Isabell Gall nehmen alle Hinweise mit zu Beratungen bei den Zuständigen im Freistaat. Immerhin hätten vorangegangene Tests schon Verbesserungen im Radwegenetz gebracht. Und da gebe es auch in Bannewitz Nachholbedarf.
Für Krause ist es unverständlich, dass die B 170 im Bannewitzer Bereich gerade für Millionen ausgebaut wurde, aber die Radfahrer vergessen wurden. "Dabei gibt es eine 2014 vom sächsischen Kabinett beschlossene Radverkehrskonzeption, bei der ein die Bundesstraße begleitender Radweg von Dresden kommend bis zur S 191 an der Kreuzung Horkenstraße geplant ist. "Auch wenn es angesichts des jetzt abgeschlossenen Ausbaus aussichtslos erscheint, der Beschluss ist nicht zurückgenommen", sagt Krause.
Für Radfahrer verboten, weil zu gefährlich
Frank Neuwirth ärgert sich noch über ein Verbotsschild für Radfahrer an besagter Kreuzung in Richtung Dippoldiswalde. "Der gesperrte Abschnitt ist eine innerörtliche Bundesstraße mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Nach Dresden gibt es eine Spur, nach Süden zwei Spuren."
Für Neuwirth wäre da genügend Platz für einen Fahrradstreifen gewesen, wie er auch Sachsens Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) mitgeteilt hat. Dort verteidigt man das Verbotsschild für Radfahrer mit dem Hinweis auf das hohe Verkehrsaufkommen. Zudem hätte es in den vergangenen Jahren Veränderungen in Bannewitz wie dem Bau eines Wohngebietes gegeben, die auch zu neuen Nutzungsansprüchen des Verkehrsraumes führen würden, heißt es.
Für eine eigene Radfahrspur auf der Straße stehe nicht genügend Fläche zur Verfügung , "ohne das primäre Ziel des Ausbaus, eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit zu verletzen", heißt es vom Lasuv. Eine unmittelbar neben der B170 führende Radstrecke sei wegen Bebauung und Grenzen der Planfeststellung nicht möglich. für Frank Neuwirth liegt es klar auf der Hand: "Hier hat man eine Raserpiste gebaut, auf der Radfahrer nichts zu suchen haben."

Geplante Alternative - ohne Terminkette
Auch auf Nachfrage von Sächsische.de hieß es, dass zwischen Boderitzer- und Windbergstraße ein begleitender Geh- und Radweg aus Platzgründen nicht angeordnet werden kann. Gerade die Kreuzung zur Windbergstraße wäre dabei eine Engstelle, so Lasuv-Sprecher Franz Grossmann.
Allerdings verweist das Amt auf eine Alternative. Ausgebaut werden soll der Geh-, Radweg "An der Senke", der am Knotenpunkt B 170/Boderitzer Straße anschließt und Richtung Süden ins Wohngebiet führt. Termine dafür werden allerdings nicht genannt.
- Noch mehr Nachrichten aus Pirna, Freital, Dippoldiswalde und Sebnitz.
Schon jetzt kann man einen Feldweg begehen und befahren. Allerdings: Die Ausschilderung ist unübersichtlich, zudem manchmal nur für Fußgänger, dann wieder auch für Radfahrer freigegeben.
Fehlende Beschilderung an der Windbergstraße
Durch das Wohngebiet müssen sich Radfahrer erst einmal einen Weg suchen und haben dann Mühe von der Windbergstraße aus die Einfahrt zum Bahndamm Richtung Horkenstraße zu finden. Eine Beschilderung an der Straße wäre hier angebracht, finden die Fachleute vom ADFC und andere Radfahrer.
Die Ampel selbst ist dagegen hilfreich und schaltet schnell um. Ein Pluspunkt für Bannewitz. Weiter geht es, zum Teil unterbrochen durch in den Weg ragende Geländer. Dann plötzlich endet der Bahndammweg abrupt.
"Kreuzgefährlich", sagt Neuwirth. Denn die Auffahrt vom Guido-Brescius-Weg auf die B170 ist wegen der Kurvenlage der B170 waghalsig, zumal auf der anderen Seite ein Kindergarten ist, den Eltern auch ohne Auto erreichen sollten. Neuwirth plädiert hier für eine Bedarfsampel oder eine Querungshilfe wie beispielsweise eine Mittelinsel.
Lebensgefährliche Strecken in Possendorf
Während Konrad Krause die Situation festhält, kommt eine Frau mit dem Kinderwagen. Sie schaut kurz und wechselt dann die Straßenseite. Der Überblick auf die stark befahrene Bundesstraße sei niemals ausreichend, sagt Krause und fordert hier schnell eine Lösung.
Noch ein Stück vor Possendorf hat Frank Neuwirth, der nicht nur Rad- sondern auch Autofahrer ist, einen weitern Kritikpunkt. "In der Ortslage Welschhufe und Hänichen gibt es an der B170 nur einen einseitigen Gehweg, und ab Pulverweg nach Norden auf einer Länge von etwa einem Kilometer weder Querungshilfen noch Bedarfsampel.
Auch wenn es illegal sei, werde der Fußweg oft von Radfahrern mitbenutzt. Denn eine Fahrt auf der Bundesstraße ist hier lebensgefährlich. Dabei sind nicht nur Kollisionen mit Fußgängern, sondern auch mit Autos, die aus den Grundstückszufahrten kommen, jederzeit möglich "Der Weg zum Bahndamm ist für viele Anwohner einfach zu weit", so Neuwirth.
Bekannte Kritikpunkte rund um die S191
Schließlich nennt Frank Neuwirth noch zwei weitere längst bekannte neuralgische Punkte für den Radverkehr in Bannewitz. Da ist die S191, die von der Horkenstraße Richtung Dresden-Nickern führt und nur teilweise für Radfahrer frei gegeben ist. Sein Vorschlag: "Ein Radweg könnte am Ende des Tunnels Fritz-Meinhardt-Straße von dieser neben die S 191 bis zur B 170 geführt werden."
Die zweite auch von Sächsische.de bereits aufgegriffene Strecke ist die Poisentalstraße von Possendorf Richtung Freital. Eine attraktive Route für Radler auch wegen der Höhenentwicklung und kurzen Verbindung in die Stadt, aber gefährlich.

Dort fehlen innerorts Schutzstreifen und außer Ortes komplett Radwege. Trotz mehrerer Anfragen gibt es weder vom zuständigen Landesamt für Straßenbau und Verkehr noch von der Landkreisbehörde befriedigende Auskünfte zu geplanten Verbesserungen der Situation.
Fazit: Bedarf nimmt zu, bessere Lösungen für Radler müssen her
Fazit von Konrad Krause: Auch wenn Bannewitz bei der Auswertung des Fahrradklima-Tests 2018 besser als andere Kommunen abgeschnitten hätte, gebe es vier Jahre später noch einiges zu tun. Nicht eindeutige oder fehlende Beschilderungen und schwer passierbare Stellen für Radfahrer sollten und müssten verändert werden. An einigen Orten gerade nahe der B170 seien Unfälle fast vorprogrammiert. Mit Hinweisen auf Radverbindungen innerhalb ihres Gebietes könnte die Gemeinde selbst noch einiges verbessern, so Krause.
Denn der Bedarf für die Radfahrer nimmt zu, auch wenn sie bei aktuellen Baustellen noch immer vergessen werden. Das trifft nicht nur ambitionierte Radler. Immerhin werde die Hälfte der Räder inzwischen als E-Bike verkauft, so Krause. Anhöhen wie in und um Bannewitz seien also für viele kein Problem mehr. Nur die Bedingungen müssten sich endlich verbessern.
Der Fahrradklima-Test des ADFC läuft noch bis 30. November 2022. Ergebnisse werden im Frühjahr 2023 präsentiert.