Von Franz Herz
Der Sturm, der verflixte Sturm! Christa Göpfert stand fassungslos vor dem Vierseithof ihrer Familie. Vor ihren Augen sind gestern drei Seiten davon bis auf die Grundmauern heruntergebrannt. Die Feuerwehr hatte zu kämpfen, weil der Sturm mit Windstärke acht das Feuer immer wieder angefacht hat.
Großbrand im Osterzgebirge
Thomas Göpfert, dem das Haus gehört, hatte kurz vor halb drei Uhr nachmittags aus dem Fenster geguckt und gesehen, dass es in der Scheune brennt. „Ich habe sofort die Feuerwehr gerufen. Aber das hat sich dann derart schnell ausgebreitet“, sagt er und dreht sich fassungslos weg. Sofort geht der Alarm an alle Feuerwehren der Gemeinde Schmiedeberg, nach Reichstädt und nach Dippoldiswalde mit dem Hubsteiger. Später kommen noch die Wehren aus Hartmannsdorf, Seyde und Hermsdorf/Erzgebirge zum Brandort. Die Qualmwolke steht schon hoch über dem Ort. Schon von Dippoldiswalde aus weist sie den Feuerwehren den Weg. In Ammelsdorf angekommen, stehen die Wehrmänner jedoch auf verlorenem Posten. „Gegen die Böen sind wir chancenlos“, stellt Thomas Quinger bedauernd fest. Er ist der Gemeindewehrleiter von Schmiedeberg und leitet den Löscheinsatz in Ammelsdorf.
Der Hof ist das letzte Anwesen unten in Ammelsdorf. Ungehindert bläst der Wind aus Südwesten. Die Windböen sind oft stärker als der Wasserstrahl. Da nützt es auch nicht viel, dass nur 120 Meter unterhalb von dem Hof ein Löschteich liegt. „Wasser haben wir genug, aber wir kommen bei dem Wind nicht richtig ans Feuer ran“, sagt Quinger.
Der Sturm trägt die Hitze und die Funken derart schnell weiter, dass sogar ein Holzstapel, der rund zwanzig Meter vom Haus entfernt steht, immer wieder zu brennen anfängt. Kaum hat die Feuerwehr einen Brandherd gelöscht, schlagen woanders hier die Flammen wieder hoch.
64 Feuerwehrmänner sind in Ammelsdorf. Dazu Helfer vom Roten Kreuz und Polizeibeamte. „Die Brandermittler werden mit Untersuchungen beginnen, sobald alles ein wenig abgekühlt ist“, sagt Gunnar Schellin vom Polizeistandort Altenberg. Mitarbeiter der Technischen Dienste Schmiedeberg bringen Erfrischungsgetränke. Der amtierende Bürgermeister Ulrich Kretzschmar sichert im King-Haus in Schmiedeberg eine Notunterkunft für Familie Göpfert. Die Feuerwehr fordert auch das Technische Hilfswerk an, damit dessen Helfer den Brandschutt auseinanderziehen, dass alles gelöscht werden kann. Der Wind treibt auch im Freien den beißenden Qualm zu den Feuerwehrleuten. Sie müssen auch außerhalb des Gebäudes mit Atemschutz arbeiten. Damit das Material nicht ausgeht, fordern sie den Gerätewagen aus Pirna und Unterstützung aus Freital an. Die Löscharbeiten dauern bis weit nach Einbruch der Dunkelheit. Die drei Pferde, die der Familie Göpfert gehören, stehen auf der Koppel und drängen sich in eine Ecke möglichst weit entfernt vom Hof. Dort brennt ja auch ihr Stall mit ab. Zum Glück haben sich alle Bewohner gerettet, die Familie von Thomas Göpfert mit ihren drei Kindern und der Großmutter. Christa Göpfert will zum Hof und nach ihrer Wohnung sehen. Doch die Feuerwehrleute halten die Frau auf. Sie kann nicht mehr zurück. In Gartenschuhen ist sie aus dem Haus geflüchtet. Über ihre Schürze hat sie noch eine Strickjacke gezogen. Sie erzählt: „1955 habe ich hier eingeheiratet. Dann waren wir so froh, dass unser Enkel das Haus übernommen hat. Der hat hier gebaut und gemacht. Das ist alles schön geworden. Und nun passiert so eine Katastrophe. Wenn nur dieser Sturm nicht wäre ...“