Merken

Baurecht verwirkt?

Womöglich ist Gebhardts Weinschank illegal abgerissen worden – darf dort überhaupt noch weiter gebaut werden?

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Jörg Schlechte ist erbost: „Das ist wirklich eine ganz üble Nummer.“ Was den CDU-Stadtrat aufregt, ist das Schicksal von Gebhardts Weinschank: „Ich bin dort aufgewachsen und habe über all die Jahre verfolgt, was mit der alten Gaststätte wird.“ Mehr noch, Schlechte hat sich intensiv mit dem Bau auseinandergesetzt, Artikel dazu gesammelt, und so weiß er, dass der Meißner Architekt Arno Keil das ehemalige Weingut Gebhardts Weinschank vom Garderobehaken über die Teichert-Kacheln bis hin zum Fensterwirbel aus einem Guss gestaltet hat.

Auf dem gegenüber liegenden Grundstück, auf dem drei Luxusvillen entstehen sollten, die zurückgebaut werden mussten, sind die alten Baugruben teilweise mit Bauschutt aus dem Abriss verfüllt worden.
Auf dem gegenüber liegenden Grundstück, auf dem drei Luxusvillen entstehen sollten, die zurückgebaut werden mussten, sind die alten Baugruben teilweise mit Bauschutt aus dem Abriss verfüllt worden. © Claudia Hübschmann

Davon ist nun fast nichts mehr übrig. Das Gebäude wurde durch den neuen Besitzer großteils bis auf die Grundmauern abgerissen. Nach seiner Kenntnis habe aber in der Baugenehmigung etwas anderes gestanden, so Schlechte, der auch Mitglied im Bauausschuss ist: „Das Gebäude sollte teilweise abgerissen und äußerlich wieder nach historischem Vorbild aufgebaut werden.“

Sollte sich während der Bauarbeiten herausgestellt haben, dass die Substanz nicht mehr mit vertretbarem Aufwand saniert werden hätte können, so hätte der Bauherr die Bauaufsicht, also die Stadt Meißen und das Kreisdenkmalamt informieren und zu einem Vorort-Termin bitten müssen. Das sei offenkundig nicht geschehen.

Was die Bausubstanz von Gebhardts Weinschank betrifft, so hat Schlechte seine eigenen Erfahrungen damit gemacht: „Das Gebäude ist ja nicht durch Zufall immer weiter verfallen. Da sind bewusst Fenster offen gelassen worden, ich habe sie ja selbst mehrfach wieder zugemacht.“

Der Schlüssel für die Bewertung des ganzen Geschehens liegt für Schlechte in der Frage, ob das, was von Gebhardts Weinschank übrig ist „noch ein Denkmal ist, oder nicht“. Sollte das Kreisdenkmalamt zur Ansicht gelangen, dass das Kulturdenkmal zerstört worden ist, dann wäre das erstens keine Ordnungswidrigkeit mehr, sondern eine Straftat und zweitens wäre damit die Baugenehmigung hinfällig. Wäre dies der Fall, dann würde greifen, dass Gebhardts Weinschank im Außenbereich liegt, was nach sich ziehen könnte, dass überhaupt keine weitere Baugenehmigung mehr erteilt wird. „Dann hätten wir ein zweites Heilig Kreuz“, so Schlechte.

Für ihn ist klar, was zu geschehen hat: „Hier muss die Denkmalpflege hart bleiben, sonst wird ein Präzedenzfall geschaffen, sonst macht das Schule.“ Die Stadt könne sich keine weiteren Denkmalverluste wie den Hamburger Hof oder das Kornhaus oder eben Gebhardts Weinschank leisten. Er plädiert dafür, dass die Verwaltung die gefährdeten Denkmäler erfasst und den Eigentümern hilft, sich im Förderdschungel zurecht zu finden.

Auf die Frage, ob es einen Baustopp bei Gebhardts Weinschank gibt, erklärte Katharina Reso, Sprecherin der Stadtverwaltung Meißen, dass das laufende baurechtliche Verfahren noch im Gange ist, sodass sie keine neueren Informationen habe. „Zur Denkmalwürdigkeit ist noch nichts anderes entschieden als derzeit gültig, der Denkmalschutz ist also nicht aufgehoben.“ Und Kreissprecherin Kerstin Thöns erklärte: „Die Denkmalpflege wie die Stadt sind im Gespräch mit dem Eigentümer. Es ist ein offenes Verfahren.“ Jörg Schlechte erklärt: „Soviel ich weiß, gibt es für das Hauptgebäude einen Baustopp, im Garagenbereich dürfen weitere Arbeiten erfolgen.“