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Baustart in der Hafencity

Das Kreativzentrum darf gebaut werden: Es ist der erste große Schritt für das Dresdner Bauprojekt, das seit Jahren nicht aus den Startlöchern kommt.

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© Woerner & Partner / USD

Von Andreas Weller

Es wird der erste große Baustein für die Hafencity, so bezeichnet es das Immobilienunternehmen Unser Schönes Dresden (USD). Dessen Chef, Thomas Dathe, plant seit Jahren die 100-Millionen-Euro-Investition an der Elbe. Doch immer wieder gab es Probleme. Zuletzt hatte der Nachbar, das Arzneimittelwerk Menarini, gegen den Bebauungsplan für das Kreativzentrum geklagt. Nun gab es einen Vergleich.

© Visualisierung: Wörner & Partner/USD/PR
© Visualisierung: USD Immobilien GmbH
© Visualisierung: USD Immobilien GmbH

Menarini hatte geklagt, weil das Pharmaunternehmen Ärger mit den neuen Nachbarn vermeiden wollte. Denn bei der Arbeit entsteht Lärm und dagegen könnten Anwohner klagen – bisher gibt es diese schließlich nicht. Jetzt wurde am Oberverwaltungsgericht ein Kompromiss gefunden: USD darf bauen und Menarini darf tagsüber 65 statt 60 Dezibel Lärm produzieren. 60 Dezibel wären etwa so laut wie eine Nähmaschine, 65 wie Kantinenlärm, und die absolute Schmerzgrenze liegt bei 130 Dezibel. Außerdem wurde genau geklärt, wie die benötigte Stahlbetonstützwand dort angebaut werden muss. Vor dem Verwaltungsgericht hatte Menarini im Juni noch recht bekommen.

„Mit diesem Kompromiss können wir auch gut leben“, sagt Menarini-Werksleiter Jürgen Langer: „Schließlich sind wir an einer guten Nachbarschaft interessiert.“ Doch für die Wohnbebauung an der geplanten Hafencity bedeutet das noch gar nichts. „Entscheidend für uns wird, was hinter dem Kreativzentrum entsteht“, so Langer. Dafür gibt es noch keinen Bebauungsplan. Beziehungsweise: Es gab mal einen sogenannten Aufstellungsbeschluss dazu, dieser wurde aber vom Stadtrat wieder aufgehoben. Denn der Streit um die Bebauung zieht sich bereits über Jahre.

Nachbar will sich schützen

Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne): „Für die weiteren Vorhaben des Projekts Hafencity wird das Baurecht erst durch den Bebauungsplan geschaffen.“ Und dieser Ball liegt in seinem Geschäftsbereich, denn darauf warten USD wie Menarini. USD, weil das Unternehmen weiter planen will. „Lieber heute als morgen“, sagt Sprecher Ulf Mehner. Und Menarini, weil Langer da noch mal sehr kritisch draufschauen wird. „Wenn die Gebäude zu hoch werden, kann das für uns problematisch sein.“ Die USD plant dort 350 Wohnungen, Restaurants und Büros. Das Kreativzentrum könne zwar als Schallschutz fungieren. Ob das aber reicht, den strengeren Regularien in einem Wohnumfeld zu genügen, ist noch nicht klar. Wenn die Interessen von Menarini verletzt werden, behält Langer sich ausdrücklich eine erneute Klage vor, sagte er gegenüber der SZ. Der Streit ist also noch lange nicht vom Tisch. „Wir klagen aber nicht um des Klagens Willen, sondern um uns zu schützen“, erklärt Langer. Unklar ist auch, wann die Stadt mit dem Bebauungsplan fertig sein wird.

Jetzt konzentriere sich USD aber auf das Kreativzentrum. Entstehen soll ein vierstöckiger Komplex, in dem Büros und Ateliers für die Kreativwirtschaft geplant sind. „Wir freuen uns über die Einigung“, so Mehner. „Uns als Dresdner Unternehmen ist es wichtig, mit allen in guter Nachbarschaft zusammenzuarbeiten und zu leben.“ Wenn alles klappt, könnte im Mai dieses Jahres mit dem Komplex begonnen werden. Die USD werde das Kreativzentrum unabhängig von der Genehmigung für die weitere Wohnbebauung beginnen. Grünes Licht dafür hat sie. „Die USD kann nun mit der Verwirklichung des konkreten Vorhabens beginnen“, so Schmidt-Lamontain. Allerdings macht das Kreativzentrum auch nur etwa ein Zehntel der fünf Hektar großen Gesamtfläche der Hafencity aus.

Die USD plant seit 2012 die Hafencity. Nach dem Hochwasser 2013 musste aber umgeplant werden. Auch danach zog sich das Projekt hin. Als 2014 im Stadtrat die Mehrheiten wechselten, sollte ein Masterplan auch für die angrenzenden Flächen in der Leipziger Vorstadt erstellt werden. Das betraf auch das Projekt Marina Garden. Auf dem benachbarten Areal wollte Regine Töberich 244 Wohnungen bauen. Auch hier kam es zum Streit, weil die Planungen nach den Hochwasserschäden mehrfach angepasst werden mussten. Töberich hatte die Baugenehmigung bereits beantragt, als der Stadtrat eine Veränderungssperre verhängte. Die Verwaltung sah den Hochwasserschutz in Gefahr. Während der Rat darüber abstimmte, ließ die Frau ein Stück des Elberadwegs abbaggern – das Falsche, wie sich schnell herausstellte. Sie musste eine Geldbuße zahlen.

Elbviertel statt Marina Garden

Töberich zog später vor Gericht, um von der Stadt Schadenersatz in Millionenhöhe zu erstreiten, weil das Projekt zu Unrecht verhindert worden sei. Sie scheiterte, ist aber in Berufung gegangen. Am 28. Juni wird vor dem Oberlandesgericht erneut verhandelt. Mittlerweile hat die Stadt in einem Werkstattverfahren neue Pläne für das Areal entworfen, ohne Töberich – obwohl sie ausdrücklich dazu eingeladen war, sich als Eigentümerin der Flächen daran zu beteiligen. Vorgesehen sind zwischen 52 und 136 Wohnungen, Büros, eine Kita und Ateliers für die Kreativwirtschaft unter dem neuen Namen Elbviertel.