Sohland. Im ersten Moment könnte man das für eine pragmatische Entscheidung halten: Steffen Knötig, Geschäftsführer des Taubenheimer Unternehmens Akkusolar, hat im vergangenen Herbst den alten Taubenheimer Bahnhof von der Gemeinde Sohland erworben. Seine Firma, die nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt ihren Standort an der Straße An der Kleinbahn hat, verkauft und produziert unter anderem Batterien, Notstrom- und Photovoltaikanlagen - und "platzt aus allen Nähten", wie der Chef sagt. Nebenan, im ehemaligen Taubenheimer Bahnhof, will Steffen Knötig daher seine Lager- und Bürokapazitäten erweitern.
Aber ganz so pragmatisch, wie dieser Schritt zur Unternehmenserweiterung zunächst scheint, ist er dann doch nicht. "Es wäre viel einfacher gewesen, eine Halle im Wassergrund zu bauen", sagt Knötig mit Blick auf die rund 150 Jahre alte Bausubstanz des Bahnhofs. Aber, fügt er hinzu, er sei Taubenheimer und es sei ihm ein persönliches Anliegen das historische Gebäude, das mitten im Ortszentrum liegt, zu erhalten. Bereits vor fünf Jahren sei er deshalb an die Gemeinde Sohland herangetreten. An seine Worte von damals erinnert Knötig sich heute noch ganz genau: "Ich habe gesagt: Wenn sich am Bahnhof was tut, dann hätte ich Interesse."
Anbau musste abgerissen werden
Im vergangenen Herbst konnte er sich den Verfall nicht weiter mit ansehen und machte erneut Druck: "Beide Dächer waren eingestürzt. Noch einen Winter hätten die Gebäude nicht vertragen", sagt er. Er hatte Glück: Die Gemeinde war ohnehin am Grundstückserwerb von der Bahn interessiert und kaufte den Bahnhof mit. Daraufhin wechselte er den Besitzer. Zu spät für den, an das Haupthaus angrenzenden Sozialtrakt. Den musste Knötig abreißen. "Eigentlich wollte ich beide Gebäude erhalten. Aber der hintere Teil war nicht mehr zu retten. Der Rest ist aber von der Substanz her solide," sagt der neue Bahnhofsbesitzer. Was abgerissen werden musste, will Knötig originalgetreu wieder neu aufbauen.
Innen hingegen muss er komplett sanieren: "Das hat ja alles noch den Stand aus den 50er Jahren", erklärt er und meint die Sanitäranlagen im Untergeschoss genauso wie rund zehn Öfen, die nicht erhalten werden können. Wie genau es nach dem Umbau im Inneren aussehen soll, bleibt bislang noch sein Geheimnis. Nur so viel: Geplant ist eine Mischung aus Alt und Modern. Die Türen etwa, die will er aufarbeiten lassen. Auch über weitere Ideen zur Nutzung des Bahnhofs erzählt Steffen Knötig bislang nur hinter vorgehaltener Hand. Der Grund: Solange der Fördermittelantrag nicht bewilligt ist, will er sich öffentlich nicht festlegen.
Bahnhofshalle soll erhalten bleiben
Was er aber schon verrät: Die Bahnhofshalle mit dem alten Fahrkartenschalter, der Gepäckausgabe und dem Stellwerk sei noch gut in Schuss und soll erhalten bleiben. Wenigstens von außen sollen Reisende und Besucher dann die Möglichkeit haben, das Flair des alten Bahnhofs zu entdecken. Denkbar seien aber auch Führungen zu festen Terminen, vielleicht sogar die Ausstellung historischer Fotos.
Das jedenfalls wäre die Idealvariante des Taubenheimer Dorfclubs, der Steffen Knötig bei seiner Bahnhofsrettung unterstützt. Nach seiner Vergangenheit als Umsteigebahnhof von der Kleinbahn auf die Strecke von Dresden nach Zittau werde das Bahnhofsgebäude seit 1992 nicht mehr genutzt, weiß dessen Vorsitzender Günter Pätzold. Ganz trostlos habe er danach lange Zeit ausgesehen, erinnert sich seine Mitstreiterin Silvia Hauptmann. Solange, bis die Mitglieder des Dorfklubs auf die Idee kamen, die Außenfassade des Gebäudes mit bunten Bildern zu schmücken. "Das hat sich bis nach Berlin herumgesprochen. Alle waren froh, wenn sie mal in Taubenheim aussteigen konnten", sagt Silvia Hauptmann.

Beide sind froh, dass der Bahnhof nach so langer Zeit wieder einen neuen Besitzer hat und planen, gemeinsam mit ihren Vereinsmitgliedern, auf dem Bahnhofsgelände an ein weiteres Taubenheimer Original zu erinnern: Aus den Beständen des Kultladenbesitzers Max Panitz wollen sie eine alte, hölzerne Wäschemangel retten und am Bahnhof ausstellen. "Wir stellen uns ein Carport aus Holz vor, das ringsum verglast und beleuchtet ist und an Max Panitz erinnert", berichtet Günter Pätzold.
Dorfclub plant Denkmal für Max Panitz
Dieses Vorhaben aber in die Tat umzusetzen, ist gar nicht so einfach. Die Rolle, erzählt Günter Pätzold, sei nicht mehr im besten Zustand: "Das ist der Holzwurm drin. Wir müssen sie in Eigenleistung sanieren." Und auch für den wetter- und beschädigungssicheren Unterstand ist der Verein auf Hilfe angewiesen: "Die Idee, die Mangel zu retten, trifft im Dorf auf Zustimmung. Jetzt sind wir aber auf Spenden und Unterstützung angewiesen. Wir können niemanden für diese Arbeiten bezahlen", sagt Pätzold ernst. Zum Beispiel, erzählt er, hofft der Verein, dass ein Waldbesitzer sich bereiterklärt, das erforderliche Holz für den Bau des Unterstandes bereitzustellen.
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