Kreis Bautzen: Baustoffe werden knapp

Bautzen. Eine aktuelle Umfrage des Sächsischen Baugewerbeverbandes zeigt zwei Dinge: Es gibt erhebliche Preiserhöhungen und Lieferschwierigkeiten bei verschiedenen Baustoffen. Die Umfrage sei zwar nicht repräsentativ, erklärt Hauptgeschäftsführer Klaus Bertram. Aber viele Unternehmen würden angeben, dass sie seit Jahresbeginn teils große Preissteigerungen feststellen. „Vor allem bei Stahl spielt das eine Rolle. 60 Prozent der Befragten sagen das“, so Bertram. Und Stahlprodukte seien nur eingeschränkt verfügbar, was entsprechend längere Lieferzeiten zur Folge hat.
Der Verband vereint derzeit etwa 800 Unternehmen der sächsischen Bauinnungen. Außer bei Stahl nennt Klaus Bertram auch Preiserhöhungen bei Holz, obwohl das regional verfügbar sei. Vier von zehn Unternehmen geben hier an, mehr für das Material bezahlen zu müssen. Bei Kunststoffen zum Dämmen, wie Styropor oder Styrodur, sei das ebenso der Fall.
Handwerker kaufen auf Vorrat
Warum es zu diesen Preissteigerungen kommt, kann der Geschäftsführer nicht genau sagen. Laut der Umfrage zeichne sich aber ab, dass die Hälfte der Betriebe „wegen Lieferschwierigkeiten in ihrer Bautätigkeit behindert ist und 60 Prozent mit weiteren Preissteigerungen rechnen“. Im Moment bleibe nur zu hoffen, dass sich die möglicherweise corona-bedingten Produktionsrückgänge in absehbarer Zeit wieder einpegeln, fügt Klaus Bertram hinzu.
Oder man hat ausreichend Lagerplatz und vorgesorgt, wie es einige Handwerker getan hätten. Dazu gehört etwa Stefan Pietschmann, Obermeister der Dachdeckerinnung Bautzen mit seinem Betrieb im Heide- und Teichland. Der Handel habe ihm angekündigt, dass es Lieferschwierigkeiten geben könnte, „also haben wir viel aufs Lager geholt. Viele Dachdecker, die das können, haben das auch so gemacht“, fügt der Obermeister hinzu. Er selbst habe jetzt das Material für sechs bis sieben Baustellen da.
Lieferzeiten bis zu einem halben Jahr
Das sei bis vor Kurzem überhaupt nicht nötig gewesen. Und es mache mehr Arbeit und koste Zeit. Man müsse es abholen und so lagern, dass es auch geschützt ist. „Vorher hatten wir Freitag bestellt, und Montag kam die Lieferung auf die Baustelle.“ Aber seit etwa zwei Monaten habe sich die Lage verschärft.
Der Preis für Dachlatten habe sich verdoppelt, von 70 Cent auf 1,40 Euro pro Meter - im Einkauf wohlgemerkt. Und laut des deutschen Regelwerks könne er für den Dachbau nicht irgendwas kaufen und verbauen, so Pietschmann. In vielen Fällen seien S-10 Dachlatten aus unbehandeltem Rohholz vorgeschrieben. „Das ist bald wie Gold.“
Stefan Pietschmann bestätigt, dass es auch bei Dämmstoffen etwa für Flachdächer Probleme gibt und man mit Lieferzeiten von bis zu einem halben Jahr rechnen muss. Besserung sei nicht in Sicht. Da sein Auftragsbuch für dieses Jahr voll sei, könnte er aber ohnehin keine neuen Baustellen annehmen, Lieferschwierigkeiten hin oder her.
Erhöhte Nachfrage in China und Amerika
Laut dem Verband Bauindustrie Ost, der 260 Unternehmen in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt vertritt, sind im Februar 2021 im Vergleich zum Vorjahr die Preise für Kupfer um ein Fünftel, für Stahl um zehn Prozent und Materialien wie Dielen, Ziegel oder Dämmstoffe um mehr als sechs Prozent gestiegen, bilanziert Sprecherin Susann Stein.
Das habe zum Teil mit der Corona-Pandemie zu tun. „Zum einen wurden weltweite Produktionskapazitäten heruntergefahren, zum anderen führte die anspringende Konjunktur in China und Amerika zu einer erhöhten Nachfrage nach Rohstoffen.“ So könne es wegen Lieferengpässen zu Bauverzögerungen kommen. „Wenn sich keine Entspannung abzeichnet, wird sich die Entwicklung auf den Rohstoffmärkten auf die Baupreise auswirken.“
Baumärkte vor Ort haben keine Reserven
Die Herausforderungen um Preissteigerungen und Lieferengpässe müssen auch die regionalen Baumärkte und Händler bewältigen. Der Weltmarkt spielt für Sebastian Rösler, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen-Handelsgenossenschaft Kamenz mit mehreren Baumärkten im Landkreis, eine entscheidende Rolle. „Gerade die USA und China haben die Baustoffe auf dem Weltmarkt teuer leer gekauft.“ Das sorge für einen Mangel. Beim Holz seien die Preise dadurch etwa um das Fünf- bis Sechsfache gestiegen.
Ein weiteres Problem sei, dass leere Frachtcontainer im Welthandel fehlen, weil viele davon ungenutzt in den USA stünden. Die Ware wäre vielleicht verfügbar, könne aber nicht transportiert werden, was ebenfalls für Lieferverzug sorge.
„Wir spüren das flächendeckend in unseren 13 Filialen.“ 2020 seien die Lager noch voll gewesen. Das habe sich unter anderem durch den Vorratskauf vieler Handwerksbetriebe geändert. Vor allem Holz und Dämmung kosten jetzt mehr, und das könne sich auch auf den Baustellen auswirken. „Wenn die Bodenplatte plötzlich 40 Prozent teurer wird, kann das ganze Projekt kippen“, schätzt Sebastian Rösler ein.
Mehr Nachrichten aus Bautzen lesen Sie hier.
Mehr Nachrichten aus Bischofswerda lesen Sie hier.