Bautzen: Neues Buch lädt zum Spaziergang über den Taucherfriedhof ein

Bautzen. Aprilwetter im Februar. Während der Wind noch Regentropfen von den Bäumen schüttelt, lugt die Sonne für einen kurzen Moment durch die Blätter und taucht den Taucherfriedhof in mystisches Licht. 2023 soll das Kleinod an der Löbauer Straße in Bautzen im Fokus stehen, denn mittlerweile gibt es den wichtigsten Friedhof der Stadt seit 500 Jahren.
Unweit des Eingangstors, über dem in großen Lettern „Friede sei mit Euch“ zu lesen ist, stehen Pfarrer Christian Tiede vom evangelisch-lutherischen Kirchspiel Bautzen sowie Grit Richter-Laugwitz, die den Archivverbund Bautzen leitet, und halten ein Buch in ihren Händen. „500 Jahre Taucherfriedhof Bautzen“ lautet dessen Titel. Nun wird es offiziell vorgestellt – als Auftakt ins Jubiläumsjahr.
Benannt nach dem Taucherwald bei Uhyst
Entstanden ist die Anlage zu Beginn des 16. Jahrhunderts, weil die Begräbnisstätten innerhalb der Stadtmauern nicht mehr ausreichten. So bat der Rat im Juni 1523 den Meißner Bischof Johann VII. von Schleinitz um Erlaubnis, einen Friedhof außerhalb der Stadttore anlegen zu dürfen. Entstanden ist daraus der Taucherfriedhof, heute mitten in Bautzen gelegen. Seinen Namen erhielt er von der aus dem Taucherwald bei Uhyst am Taucher auf den neuen Friedhof umgesetzten Marienkapelle.
„Das Buch widmet sich dem kulturgeschichtlich bedeutsamen Taucherfriedhof sowie dem angrenzenden Michaelisfriedhof“, erklärt Grit Richter-Laugwitz, die das Projekt von Anfang an begleitet hat. Im März 2017 habe man sich erstmals getroffen und die Idee zu dem Buch entwickelt. Vor allem die vergangenen drei Jahre habe man intensiv daran gearbeitet.
Mehr als 100 Biografien recherchiert
Die Texte stammen von Kunsthistoriker Kai Wenzel, der unter anderem schon das Buch „Der Dom St. Petri zu Bautzen“ aus der Schriftenreihe des Archivverbunds als Autor unterstützt hat. Mehr als 100 Biografien jener Deutschen und Sorben, die zu Lebzeiten regionale, aber auch überregionale Bedeutung erlangten und auf dem Taucherfriedhof sowie dem angrenzenden Michaelisfriedhof ihre letzte Ruhestätte fanden, hat Heimatforscher Heinz Henke recherchiert.
Einen Text zur Natur steuert der ehemalige Friedhofsverwalter Christoph Kretschmer bei, denn der Gottesacker ist weit mehr als das und dient auch als Grünanlage mitten in der Stadt, erklärt Pfarrer Christian Tiede. Das Buch wurde gemeinsam von der Stadt, dem Archivverbund sowie dem evangelisch-lutherischen Kirchspiel Bautzen herausgegeben und erscheint beim Mitteldeutschen Verlag mit Sitz in Halle an der Saale.
Festgottesdienst und Führungen zum Jubiläum
Ein Kapitel widmet sich der Taucherkirche, die sich direkt neben dem Haupteingang an der Löbauer Straße befindet, sowie dem ehemaligen Taucherhospital, das sich einst in Richtung Ziegelwall an die Kirche anschloss, um 1900 jedoch abgebrochen wurde. Das Buch ist so angelegt, dass man damit über den Friedhof spazieren und dabei die ausgewählten Grabmale sowie Gruftgebäude des 17. bis 20. Jahrhunderts begutachten kann.
Doch anlässlich des Jubiläums ist noch mehr geplant. So wird es am 14. Mai auf dem Friedhof vor der Taucherkirche einen Festgottesdienst geben, erklärt Pfarrer Christian Tiede. „Eine kleine Arbeitsgruppe mit fünf Leuten hat sich zusammengefunden und befasst sich damit, was wir machen wollen“, sagt er.
Vor allem Führungen zu verschiedenen
Themen soll es im Laufe des Jahres geben. Genaueres ist momentan noch im Entstehen. Auf jeden
Fall wird auch da wie im Buch die Geschichte des Taucherfriedhofs und des
Michaelisfriedhofs eine Rolle spielen, ebenso die zahlreichen Grabstätten.
Diese bekannten Personen sind hier beerdigt
Einige bedeutende Persönlichkeiten sind dort beerdigt, die in Bautzen gewirkt und die Stadt geprägt haben:
- Friedrich August Adolph von Gersdorf (1767–1838) stammt aus einer traditionsreichen Oberlausitzer Adelsfamilie.
- Ernst Hans Hentschke (1910–1983) war ein Bautzener Bauunternehmer, der frühere Inhaber der heutigen Firma Hentschke-Bau.
- Wilhelm August Eduard Weigang (1843–1912) und Carl Ernst Otto Weigang (1832–1914) waren Unternehmer und Mäzene.
- Die Familie Eule ist bekannt für den Orgelbau.
- Sehenswert ist auch das bemerkenswerte, freistehende und prunkvoll gestaltete Grufthaus des vermögenden Stifters Friedrich Gottlob Francke (1695–1751).
Erinnert wird in dem Buch aber auch an die Opfer des Nationalsozialismus, die Toten des Kriegsgefangenenlagers Bautzen und andere, deren Namen zum Teil nicht so präsent sind.

Ein
wichtiger Aspekt bleibe, den Taucherfriedhof immer wieder ins Bewusstsein der Bautzener
zu bringen, erklärt Pfarrer Tiede. So kann man zum Beispiel Pate für Gräber werden, um beim Erhalt des
Kleinods zu helfen.
Und Christian Tiede hat auch noch einen Wunsch für das Jubiläumsjahr: Ein Konzert soll es geben mit Werken von Jacob van Eyck (um 1590–1657). Der Niederländer war von Geburt an blind und Blockflötenvirtuose. Er erschuf Musik, um Spaziergänger auf dem Kirchhof mit dem Klang seiner Flöte zu erfreuen. „Das stelle ich mir interessant vor auf dem Taucherfriedhof“, sagt der Pfarrer. „Ich habe mir schon mehrfach gedacht: Das möchte ich dort mal hören.“ Und wenn dann noch die Sonne durch die Bäume scheint und für mystische Stimmung sorgt…
Das Buch „500 Jahre Taucherfriedhof Bautzen“ wird am 7. Februar, um 19 Uhr, im Kirchgemeindehaus, Am Stadtwall 12, präsentiert. Im Anschluss besteht die Möglichkeit, es von den Beteiligten signieren zu lassen. Ab dem 8. Februar ist es im Buchhandel erhältlich.