Aufzucht, Schlachtung und Verkauf - alles auf einem Hof

Taubenheim/Spree. Saskia Grabsch ist es wichtig zu wissen, woher das Fleisch auf ihrem Teller kommt. Die Sohlanderin ist deshalb Stammkundin im Hofladen der Direktvermarktung Großmann in Taubenheim. „Wenn ich will, kann ich mir die Tiere auf der Weide angucken, mehr Transparenz geht doch nicht“, sagt sie. Und auf die Qualität von Fleisch und Wurst angesprochen, zählt sie ihre Lieblingssorten an Bratwurst auf und schwärmt von Spezialitäten, die es sonst nirgendwo gibt. Hinter ihr warten die nächsten Kunden. Nicht alle passen in den kühlen Laden, viele stehen in der Gluthitze draußen.
Michaela Großmann und ihre Tochter Christiane stehen hinter der Theke, kennen viele Kunden mit Namen. Sie können zu jedem Stück Fleisch und Wurst genaue Auskunft geben und dabei nicht nur die Zutaten benennen, sondern auch die Herkunft des Fleisches. Denn die Tiere, aus denen alles gewonnen wurde, gehören quasi zur Familie. Das Rindfleisch, welches in der Hoffleischerei direkt vermarktet wird, wächst nebenan bei Michaela Großmanns Bruder Peter auf. In dessen Stall stehen knapp 250 Tiere. Deren Futter wird auf den hofeigenen Feldern auf etwa 210 Hektar Fläche angebaut.

Derzeit leben mehrere Herden draußen. Pro Herde verbringen etwa 25 Mutterkühe und ein Deckbulle sowie der täglich neue Nachwuchs Tag und Nacht auf den Weiden des Familienbetriebes zwischen Oppach und Wilthen. Die Tiere werden von der Geburt bis zur Schlachtung in Weidehaltung gehalten. Von ihren langjährigen Kunden erhält Juniorchefin Christiane Großmann dann auch mal ein Video von der Geburt eines Kalbes und begeisterte Kommentare dazu.
Nur die älteren Tiere, die nicht mehr gedeckt werden, leben dann auf dem Altenteil im Stall mit Außenklima und genießen für etwa ein Jahr noch einen angenehmen Lebensabend, sagt Peter Großmann. Auch die ausgewachsenen Bullen bleiben wegen ihrer Manneskraft im Offenstall.

Nicht nur ein Rind haben Großmanns bislang an den Wolf verloren. Vor allem frisch geborene Kälber sind für das Raubtier eine leichte Beute. „Oft sind es Tiere, die so jung sind, dass sie noch nicht mal eine Ohrmarke haben“, sagt die Juniorchefin. Selbst auf dem eigenen weitläufigen Grundstück habe sie schon Wölfe gesehen. „Schützen können wir uns nicht, wir müssen damit leben“, sagt sie.
„Es ist unseren Kunden wichtig zu wissen, wie und wo unsere Tiere leben. Und nicht wenige wollen die Rinder auch mal live sehen. Das freut uns immer sehr“, sagt Christiane Großmann. Die 37-Jährige hat ursprünglich den Beruf der Kosmetikerin gelernt, sich dann aber doch für den Familienbetreib entschieden und sich als Fleischereifachverkäuferin ausbilden lassen. Der Kreislauf von Geburt, Leben und Schlachtung der Rinder ist für sie und ihre Familie natürlich. „Unsere Tiere haben ein gutes Leben, das ist uns wichtig“, sagt sie.
Freilich gehört zu einem Rinderleben auch der Tod. Denn der Lebenszweck der Tiere auf dem Großmannschen Hof bleibt schlussendlich ein schmackhaftes Fleisch. Aus diesem Grund bleibt montags der Hofladen zu. Denn dann wird geschlachtet und gewurstet. Jede Woche lässt ein Jungbulle aus der Herde von Peter Großmann sein Leben. „Die Tiere kommen direkt von der Weide in unser Schlachthaus und haben so keinen Stress“, sagt Christiane Großmann. Der würde sich nämlich negativ auf die Fleischqualität auswirken.

Hinzu kommen Lohnschlachtungen, bei denen Bauern aus der Umgebung ihre Tiere nach Taubenheim bringen und dann die fertige Wurst und das Fleisch am Ende der Woche wieder abholen. Bei allen Schlachtungen ist der Amtstierarzt anwesend, der darüber wacht, dass die Tiere gesund sind.
Von jedem Tier wird möglichst viel verwertet. Das sind bei einem ausgewachsenen Rind bis zu 390 Kilogramm Fleisch sowie etwa 200 Kilogramm Innereien. „Man kann aus fast allem etwas Schmackhaftes machen“, sagt die Fleischfachverkäuferin. Neben den Jungbullen werden natürlich auch Mutterkühe geschlachtet, vorwiegend im Herbst, wie Landwirt Peter Großmann erzählt. „Deren Fleisch ist ganz anders. Es ist fettreicher und marmorierter“, erklärt die Fleischfachfrau Christiane Großmann. Und für jedes Fleisch gebe es Liebhaber, manchmal auch außerhalb Deutschlands.
Fleischermeister Uwe Czernecka schlachtet und zerlegt die Tiere und ist mit drei Gesellen für die Wurstherstellung zuständig. Er ist ein fester Anker für die Großmanns. Seine Produkte sind im Geschäft gefragt und auch seine Fachkompetenz. Im September beginnt ein neuer Lehrling die Ausbildung. „Es ist heute Gold wert, wenn man seine Lehrlinge selbst ausbildet und dann weiß, was sie können“, sagt Christiane Großmann.
Rinderzucht besteht schon seit 1758
Der Landwirtschaftsbetrieb mit Rinderzucht und Ackerbau in Taubenheim ist seit vielen Generationen ein Familienbetrieb. Seit 1758 setzt man in Taubenheim bei Großmanns auf naturnahe Rinderhaltung. Die Idee, eine Direktvermarktung einzurichten, hatte vor 22 Jahren Johann Großmann, der Vater der Geschwister Michaela und Peter Großmann. Denn die Schlachtviehpreise seien damals im Keller gewesen. Nach einem reichlichen Jahr Vorbereitungszeit ging der Hofladen im August 2000 in Betrieb.
Nachdem die Kunden dem Modell, das eigene Fleisch vor Ort auch zu verkaufen, erst skeptisch gegenüberstanden, hat sich der Hofladen inzwischen etabliert. „Anfangs haben viele Kunden erstmal geschaut, was es da gibt“, erinnert sich Christiane Großmann. Inzwischen kommen die Kunden fürs Fleisch und die Wurst sogar von weit her, nicht nur zu den klassischen Fleischkauftagen am Ende der Woche brummt das Geschäft im Hofladen. Zudem ist das Familienunternehmen mit mehreren Verkaufswagen in der Region unterwegs.
Der Hofladen der Direktvermarktung Taubenheim ist nach dem Urlaub ab dem 23. August wieder geöffnet.