Ärger am Bautzener Fairteiler

Bautzen. Im Bautzener Fairteiler geht es nicht mehr so richtig fair zu. Als Ort des Teilens ist das kleine Pförtnerhäuschen der alten Post am Postplatz von Christin Wegner und ihren Mitstreiterinnen eingerichtet worden. Vor zwei Jahren startete die Foodsharing-Initiative in Bautzen das Projekt mit der Idee, übrig gebliebenes Gemüse, Käse oder Brot abzugeben und so der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken.
Doch der Fairteiler ist in den letzten Monaten immer mehr ein Ort für "Lungerer" geworden, wie Christin Wegner sagt. "Die Leute warten teilweise schon zwei, drei Stunden davor", sagt Wegner. Manche haben geraucht und getrunken oder die ehrenamtlichen Helferinnen mit Anrufen belästigt.
Seit Juli hat die Foodsharing-Initiative deswegen die Öffnungszeiten des Fairteilers geändert. Statt an fünf Tagen in der Woche für einige Stunden hat der Fairteiler nun keine festen Zeiten mehr, sondern er wird dienstags, donnerstags und sonnabends von den Helferinnen beliebig aufgeschlossen, damit nicht so viele davor warten.
Wegner: "Wir sind keine Tafel"
Für die, die frische Ware abgeben wollen, ist dieses Modell nicht optimal, da die Ablagekiste vor dem Fairteiler und das Fairteilerrad keine Kühlmöglichkeit haben. Die Helferinnen bitten in solchen Fällen, mit dem Team Kontakt aufzunehmen. "Wir gucken uns das jetzt erstmal bis zum Ende des Jahres an", sagt Wegner. Doch sie macht auch klar: "Wenn wieder eine Traube vor dem Fairteiler ist, dann bleibt er zu."

Zu Beginn war das kleine Pförtnerhäuschen noch jeden Tag von 8 bis 20 Uhr offen. "Am Anfang war es wirklich schön, da haben wir Leute kennengelernt mit Tränen in den Augen vor Freude", blickt Wegner zurück. Doch die würden sich mittlerweile gar nicht mehr trauen zu kommen, weil immer die gleichen 30 Leute vor dem Fairteiler sitzen und warten. Manche seien handgreiflich geworden, die Stimmung wurde aggressiver. "Manche haben die Lebensmittel als selbstverständlich angesehen", sagt Wegner.
Auch die Umstellung auf kürzere Öffnungszeiten habe nichts gebracht, es seien eher mehr geworden, die davor herumlungern. Manche würden den Fairteiler inzwischen schon mit einer Tafel vergleichen. Doch das entspricht nicht der Idee von Wegner und ihren Mitstreitern. Vielmehr soll der Fairteiler ein Tauschgeschäft sein, wo die Menschen Lebensmittel kostenlos mitnehmen, aber auch abgeben.
Initiatorinnen denken über Alternativen nach
"Das wird auch super angenommen, würden die ,Lungerer' nicht ein schlechtes Bild auf den Fairteiler werfen", sagt Wegner. Die Anzahl der Leute, die das Modell nutzen, sei deutlich gestiegen. Seien es am Anfang noch um die 20 gewesen, würden mittlerweile mindestens doppelt so viele kommen. Auch die Spendenbereitschaft an dem Fairteiler-Rad, das die Initiatoren am Busbahnhof aufgestellt haben, sei groß.
Das Foodsharing-Team holt außerdem Spenden von Gastronomen und Lebensmittelhändlern ab und ist immer offen für neue Kooperationen. Doch der persönliche Austausch am Fairteiler fehlt. Auch auf Facebook schreiben Spenderinnen, dass sie wegen der "Lungerer" mittlerweile Abstand vom Fairteiler genommen haben.
Sollten auch die neuen, beliebigen Öffnungszeiten nicht den gewünschten Erfolg bringen, denkt Christin Wegner mittlerweile über eine andere Art des Teilens nach. Sie würde den Fairteiler dann an einem anderen Ort einrichten, ohne verschlossene Türen. Auch in anderen Städten gibt es bereits solche frei zugänglichen Schränke.
Wegner hat auch gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Mehrgenerationenhaus im Stadtteil Gesundbrunnen und mit der Josua-Gemeinde gemacht. Dort teilen die Mitarbeiter gegen eine kleine Spende Essen aus. "Das ist mir fast lieber, denn dann sehe ich, dass die Lebensmittel kontrolliert abgegeben werden und die kleine Spende hilft natürlich, die Monatsmiete für den Fairteiler zu stemmen", sagt Wegner.