Alter Haflingerstall wird zum modernen Ferienhaus

Diehmen. Ein bisschen wirkt der Vierseithof in Diehmen bei Gaußig an diesem heißen August-Tag wie eine grüne, erfrischende Idylle. Im Strandflieder wippen müde Schmetterlinge, die weißen Gartenhortensien wiegen sich im leichten Sommerwind. Der Rasen wirkt frisch. Zünftig mit Strohhut und lachend begrüßt Roland Marschner die Gäste. „Ich hole mal meine Tochter“, sagt er und verschwindet in einem Gebäude.
Wenig später kommen Almut Fauser und ihr Mann Stefan aus dem Haus. Mit ihren beiden Kindern machen sie gerade eine Woche Urlaub in der alten Heimat - und testen dabei das vor allem auch nach ihren Ideen gerade fertiggestellte Feriendomizil auf dem elterlichen Hof.

Almut und Stefan Fauser gehen in den Schatten der großen Bäume. Meta und Arwin tollen durch den Garten. „In meiner Kindheit habe ich hier bei meinen Großeltern immer wieder meine Ferien verbracht. Für mich verbinden sich mit dem Ort Freiheiten, die wir in der Stadt nicht hatten. Hier gab es keine Grenzen“, sagt die gebürtige Dresdenerin. Mit ihren Eltern zieht sie 1993 von der Großstadt aufs Dorf, macht in Bautzen ihr Abitur und kehrt für die Ausbildung in einem Hotel und das anschließende BWL-Studium im Bereich Tourismus der gerade neuentdeckten Heimat den Rücken.
Doch ihre Verbundenheit mit dem Landstrich erhält sich Almut Fauser über viele Arbeitsstationen. Seit 13 Jahren wohnt sie nun mit ihrer Familie im 800 Kilometer entfernten Zürich in der Schweiz. Dort arbeitet sie in der Immobilienprojekt-Entwicklung. Ihr Mann Stefan, gebürtiger Schwabe, teilt ihre Leidenschaft für die tolle Kulturlandschaft weit im Osten Deutschlands mit großem touristischen Potenzial. „Wir sind immer gern und viel hin- und hergependelt“, sagt der 48-jährige Ingenieur.
Anfangs im alten Kinderzimmer übernachtet
In den ersten Jahren wird im alten Kinderzimmer übernachtet, bis die Eltern die Idee haben, ein erstes Nebengebäude umzubauen. Die Kinder schauen auf die Pläne und legen ihr Veto ein, weil die alten Werkstattfenster raus sollen. Stattdessen restaurieren sie im Urlaub die urigen Zeitzeugen - und finden Gefallen am Selbermachen.
2017 eröffnen die Eltern Beate und Roland Marschner die „Alte Hofwerkstatt“ als Ferienhaus. Ihre Tochter Almut hilft ihnen beim Aufstellen des touristischen Konzepts und der Vermarktung auf Übernachtungsplattformen. „Das Angebot wurde überraschend gut angenommen. Die Auslastung lag vor Corona bei teils über 50 Prozent. Die Wohnung war so oft belegt, dass wir wieder im Kinderzimmer schliefen“, sagt die 46-Jährige lachend.
Mithilfe der Leader-Förderung für touristische Objekte im ländlichen Raum könnte sich dieses Problem vielleicht lösen, denkt sich die Mutter, als sie ihrer Tochter von dieser Möglichkeit erzählt. Schließlich gibt es noch weitere wenig genutzte Gebäude auf dem Rund.
Oberlausitzer Tippel mit Pferdenamen
Almut Fauser schaut vom schattigen Platz auf das gerade fertig sanierte Ferienhaus. „In meiner Kindheit war das ein Wirtschaftsgebäude mit Pferdestall und Werkstatt, mein Vater nutzte es dann als Lager.“ Die Eltern signalisieren jedoch, dass sie in ihrem Leben genug gebaut hätten. Also schreibt Almut Fauser für die Förderung ein dickes Dossier.
Ihr Konzept für den Umbau des gut 120 Jahre alten Gebäudes kommt bei der Leader-Jury an. Es sieht vor, die Ursprünglichkeit des historischen Baus zu erhalten und einheimische Baustoffe, wie Fichte, zu verarbeiten. Beim Blick in die großzügige Wohnküche unter dem Tonnengewölbe fällt sofort die Granitsteinmauer auf.
Auf dem Tisch stehen typische Oberlausitzer Tippel in Blau-Weiß mit den Namen Puppe, Ajax und Lenka. „So hießen hier früher die Pferde“, sagt die Investorin. In einem kleinen Glasschrank liegen Produkte der Leinenweberei Kleist und der Töpferei Lehmann aus Neukirch. Die Kooperationen mit regionalen Handwerkern sollen ausgebaut werden.

Das Obergeschoss dominieren verschiebbare Doppelbetten-Kommoden-Kombinationen aus Fichtenholz. „Gebaut hat sie Norman Glaser vom Oberlausitzer Möbelhaus, überhaupt hatten wir mit Zimmermann, Fliesenleger, Steinmetz, Heizung, Sanitär und Baumeister gute Handwerker im Team. Sie sind bei unseren Ideen mitgeschwungen“, sagt Almut Fauser.
Glühlampen stellen Noten dar
Ein Blickfang ist auch die Reihe Glühlampen, die mit Textilkabeln vom Balken an der Decke baumeln. Irgendwie erinnern sie an Noten – und es ließe sich danach sogar tanzen. Es sind die ersten Takte des Hochzeitswalzers von Almut und Stefan Fauser. Solche Details machen das Refugium besonders liebevoll. Almut Fauser weiß an diesen August-Vormittag: Auch dieses Mal wird der Abschied wieder schwer fallen.
Seit Juni ist das neue Ferienhaus in der Vermietung. „Sechs Familien haben sich schon wohl gefühlt. Wir haben alles auf Herz und Nieren getestet. Und jetzt müssen wir nach Hause, denn die nächsten Feriengäste haben sich schon angekündigt“, sagt die Wahl-Schweizerin. Neben Urlaubern sind auch Heimkehrer die Zielgruppe für ihren neuen Haflingerstall - für jene, die beim Elternbesuch nicht mehr im alten Kinderzimmer übernachten wollen.