Frauen-Trio kauft Haus in Bautzens Reichenstraße

Bautzen. Das gelbe Haus mit den weißen Stuckverzierungen ist ein echter Blickfang. Das Gebäude mit der Nummer 12 auf der Bautzener Reichenstraße war über 100 Jahre im Besitz einer Familie. Seit Anfang Juli nun gehört das Haus drei Frauen aus der Oberlausitz, die seit zwei Jahren zusammenarbeiten. Annette Lischen, Marlen Jähne und Silvia Borisch wollen im ersten Obergeschoss eine geräumige Familienwohnung einrichten. Die Wohnungen darüber bleiben weiter vermietet, und auch die beiden Geschäfte im Erdgeschoss bleiben.
Wo früher Büros waren, soll nun eine Familie einziehen
Die 200 Quadratmeter im ersten Obergeschoss sollen künftig nach den Wünschen der neuen Nutzer gestaltet werden. „Wir wollen das gemeinsam planen“, sagt Annette Lieschen. Machen ließe sich auf jeden Fall einiges in der geräumigen Wohnung mit der Kreuzgewölbedecke, die zum Hinterhof außerdem eine Terrasse und einen Balkon hat. Deswegen sind sich die Frauen sicher, dass sich zeitnah Interessenten melden werden.
In der Etage waren früher Firmen eingemietet, die Stuckdecken sind alle abgehangen. „Typisch Büro“, sagt Marlen Jähne, die gelernte Immobilienkauffrau ist. Bald soll die ursprüngliche Schönheit der Räume wieder zum Vorschein kommen. Bis auf eine Zweitwohnung der vorherigen Besitzerinnen standen sie schon seit einiger Zeit leer.
Vorübergehend wollen die drei Frauen die Räume als Ferienwohnung einrichten, bis der Plan für die Familienwohnung steht. Ab Herbst soll die Ferienwohnung vermietet werden, vorher wollen die frisch gebackenen Eigentümerinnen nochmal streichen und die Einrichtung erneuern. Sie haben das Haus von vier Schwestern erworben, die es aus Altersgründen schweren Herzens abgegeben haben.
Zwei Frauen aus Bautzen und eine Rückkehrerin
Es ist nicht die erste Immobilie, die die drei Frauen gemeinsam herrichten. „Das ist unser achtes Haus“, erzählt Lischen. Sie und ihre Kolleginnen haben seit einem Jahr ein gemeinsames Investment-Unternehmen in Bautzen. Lischen ist gelernte Heilpraktikerin und berät Unternehmen zu Gesundheitsthemen. Sie ist ebenso wie ihre Freundin Marlen Jähne Bautzenerin. Beide haben neben ihren Ausbildungen auch ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert.
Jähnes Cousine Silvia Borisch ist die Dritte im Bunde. Die gelernte Kinderkrankenschwester hat in Zürich mehrere Jahre Weiterbildungen für Intensivpflege geleitet. „Ich war voll die Karrierefrau“, sagt sie. Sie qualifizierte sich ständig weiter, wollte eine perfekte Wohnung und einen perfekten Job. „Doch ich habe irgendwann gemerkt, dass ich in diesem Hamsterrad gefangen war, und fühlte mich ausgebrannt“, sagt Borisch.
Im Oktober 2019 hat sie letztendlich gekündigt und ist in die Oberlausitz zurückgekommen. Bei ihren Eltern in Ebersbach-Neugersdorf hat sie sich neu orientiert, schließlich wollte sie, wie ihre Cousine, in Immobilien investieren. Heute ist sie die „Zahlenfrau“ bei Amasi, wie die drei Frauen ihr Unternehmen genannt haben.
Das Trio will andere Frauen ermutigen zu investieren
Dort ergänzen sich die drei Frauen mit ihrem Wissen, teilen sich Termine untereinander auf. Mittlerweile haben sie mehrere Millionen Euro in Aktien, Immobilien und andere Anlagen investiert. Ihnen ist es wichtig, dass Geld kein Tabu-Thema ist, gerade unter Frauen. Immer wieder erlebt Annette Lischen, dass Frauen sich nicht trauen, ihr Geld zu investieren.
„Seid Ihr irre?“, haben auch die drei am Anfang häufiger gehört. „Jetzt hören wir immer öfter, dass die Leute das auch wollen, was wir haben“, erzählt Lischen. Ihr Erfolg soll auch andere Frauen ermutigen. "Wir erleben schon oft, dass die Finanz- und Immobilienbranche immer noch stark von Männern dominiert ist", sagt Annette Lischen.
Die Frauen machen keinen Hehl daraus, dass auch sie schon manchmal Rückschläge erleiden mussten. Doch daraus hätten sie gelernt, und auch diese Erfahrungen wollen sie an ihre Kundinnen weitergeben. Lischen, Jähne und Borisch bieten Coachings an, in denen die Kundinnen eigene Pläne entwickeln, ihr Geld anzulegen und finanziell unabhängig zu werden.
„Im Moment wollen viele ihr Vermögen einfach nur sichern“, sagt Jähne. Andere wollen Träume verwirklichen, wie etwa eine Kundin, die gern ein Pferd haben wollte, aber nicht wusste, wie. Dabei ist „Zahlenfrau“ Silvia Borisch überzeugt, dass es funktionieren kann, wenn eine finanzielle Basis da ist und die Bereitschaft, zehn Prozent des Einkommens zu sparen. Dann brauche es nur noch eine passende Strategie. Fundament, Säulen, Dach. „Das ist ein bisschen wie bei einem Haus“, sagt Borisch und blickt auf die Nummer 12 in der Reichenstraße.