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Bautzen: Theatersommer findet statt - aber anders

Intendant Lutz Hillmann hofft auf die Theateröffnung in vier Wochen und plant die Aufführung eines Sherlock Holmes-Stückes auf der Ortenburg. Mit Abstrichen.

Von Miriam Schönbach
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Bautzens Theaterintendant Lutz Hillmann möchte seine Spielstätten in vier Wochen wieder für Besucher öffnen.
Bautzens Theaterintendant Lutz Hillmann möchte seine Spielstätten in vier Wochen wieder für Besucher öffnen. © Archivfoto: Steffen Unger

Bautzen. "Alle haben es satt und wollen wieder spielen“ – ist das Resümee des Bautzener Theaterintendanten Lutz Hillmann vier Monaten nach der Schließung aller Kultureinrichtungen. Über Öffnungsszenarien, aufgestaute Premieren und den Theatersommer sprach die SZ mit ihm.

Herr Hillmann, in vier Wochen sollen die Theater wiedereröffnen. Ist dieser Plan zu halten?

Das ist ein schöner Plan, ob er realistisch ist, wird sich herausstellen. Politiker, Ministerpräsidenten, können derzeit maximal vier Wochen im Voraus planen. Wenn man dies von Zahlen, wie der Inzidenz, abhängig macht, wird alles noch unsicherer. Deshalb brauchen wir andere Orientierungswerte. Ich hoffe aber, Theater werden 14 Tage nach Ostern öffnen können.

Es ist also Bewegung in der Diskussion?

Es wird viel diskutiert, weil die Gesellschaft einen Lockdown auf Dauer nicht aushält. Deshalb müssen wir darüber reden, wie man wieder zu mehr Leben kommt. Durch neueste Studien ist nachgewiesen, dass in Konzert- und Theaterhäusern die Ansteckungsgefahr von allen öffentlichen Veranstaltungen am geringsten ist. Das sollte man einbeziehen in Öffnungsstrategien. Kunst und Kultur tragen zur Ermutigung der Gesellschaft bei und könnten jetzt der Gesellschaft guttun.

Eine Initiative aus Sport, Kultur und Wissenschaft hat einen Drei-Stufen-Plan für eine Rückkehr der Zuschauer vorgestellt. Die Eckpunkte sind personalisierte Eintrittskarten, Datenabgleich, Maskenpflicht, Tests. Welche Voraussetzungen müssen dafür in Bautzen geschaffen werden?

Alle sächsischen Theater hatten schon vor dem zweiten Lockdown Hygienekonzepte mit Nachverfolgbarkeit, Datenerfassung, Datenabgleich und Abstandsregelungen. Deshalb haben wir - die im Deutschen Bühnenverein organisierten Häuser aus dem Freistaat - in einer Arbeitsgruppe ein Zwölf-Punkte-Papier für eine schrittweisen Öffnung verfasst, was ich am Donnerstag unserer Staatsministerin Barbara Klepsch vorgestellt habe.

Was fordern sie denn?

Wir sind uns darüber einig, dass eine prozentuale Pauschalangabe der möglichen Auslastung eines Saales nicht zielführend ist. Es sind viele Faktoren, die in Infektionssicherheit einfließen, zum Beispiel wie viel Luft durch die Lüftungsanlage bewegt wird oder ob es Filteranlagen gibt. Viele Häuser haben in diesem Bereich große Investition getätigt. Natürlich müssen solche Räume anders betrachtet werden als jene, wo es keine Belüftung gibt. Wir plädieren dafür, dass die letztgültigen und durch die regionalen Gesundheitsämter geprüften Hygienekonzepte für den Wiedereinstieg zunächst gelten.

Im Moment ist nur eins klar: Nichts Genaues weiß man nicht. Warum ist Ihrer Meinung jetzt der richtige Zeitpunkt, über die Öffnung von Kultureinrichtungen zu sprechen?

Es ist Unsinn, zu behaupten, es sei noch zu früh, um über Öffnungsstrategien von Kultur zu reden. Wann wollen wir anfangen? Wir sind keine Lichtschalter, die man an- und ausknipsen kann. Wir müssen nach dem langen Lockdown Proben für die Auffrischung des Repertoires planen und Spielpläne neu erarbeiten. Saalpläne nach genehmigten Hygienekonzepten müssen erstellt, Karten verkauft, das Publikum mobilisiert werden. Wir können den Vorverkauf nicht erst eine Stunde vor der Veranstaltung starten.

Aber ist es nicht zu verstehen, dass die Politik erst über Schulen und Handel reden muss?

Ich bin weit davon entfernt, das Eine gegen das Andere auszuspielen. Aber: Wenn ich mir wissenschaftliche Gutachten anschaue, ist es ganz eindeutig, dass es keinen logischen Grund gibt, die Kultur als Letztes aufzumachen. Aber die Politik muss sich daran orientieren, wo die potenzielle Gefahr der Ansteckung am geringsten oder am höchsten ist.

Kunst könnte der Gesellschaft auch guttun, sagten Sie zu Beginn des Gesprächs…

Ja, wir kennen inzwischen alle den Corona-Blues. Wie lange wollen wir noch durchhalten ohne abzustumpfen? Der Mensch braucht Kunst und Kultur mit Theater und Konzerten aller Stilrichtungen. Es ist gesellschaftlich wichtig, dass sich Menschen wieder versammeln, um emotional angerührt zu werden.

Mit welchen Inszenierungen will das Bautzener Theater das Publikum ab April wieder locken?

Wir haben seit November eine Reihe Inszenierungen und Premieren vor uns hergeschoben, wie den „Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“. Wir müssen Produktionen, wie „Gott“ oder „Nathan der Weise“ wieder auf die Bühne bringen. Im Puppentheater warten vier Inszenierungen auf die Premiere. Ab dem 1. März proben wir den „Sommernachtstraum“, eine Koproduktion mit dem Sorbischen National-Ensemble. Das Orchester wird mit Abständen spielen können. Wir finden gerade Lösungen mit Tests für das Ensemble. Alle haben es satt und wollen wieder spielen.

Normalerweise fiel nach Ostern immer der Startschuss für den Bautzener Theatersommer. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass in diesem Jahr „Sherlock Holmes“ auf der Ortenburg ermittelt?

Er wird ermitteln. Ich bearbeite gerade das Stück. Wir spielen den ersten Teil - ohne Pause mit weniger Schauspielern. Das Publikum wird mit Abstand sitzen können. Wir planen jetzt mit 500 Zuschauern und wollen eine Woche länger spielen – vom 24. Juni bis 8. August. Es wird trotzdem opulent mit Live-Musik und Band. Dazu planen wir parallel einen vollen Spielplan im Theatergarten, den das Puppentheater mit Angeboten für Erwachsene und Kinder bestreitet.

Zutritt bekommen die Sommertheaterbesucher dann nur mit nachgewiesener Corona-Impfung?

Das geht erst, wenn alle ein Impfangebot bekommen haben. Ich hoffe, im Sommer wird es so weit sein. Dann muss man fragen: Wieso sollen sich jene weiter einschränken, bloß weil sich andere Leute nicht impfen lassen wollen. Das hat nichts mit Privilegierung zu tun, wenn ich mich wieder normal verhalten darf. Oder wollen wir den jetzigen Zustand zum Normalfall erklären?

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