Sorbisches Ensemble startet Spielzeit im neuen Haus

Bautzen. Es ist wieder Musik auf der Äußeren Lauenstraße in Bautzen. Vielstimmig klingt das Orchester kurz vor Probenbeginn aus dem Saal des Sorbischen National-Ensembles (SNE). Die Tänzer des Balletts laufen in dicken Stulpen die Treppen zum Neubau nach oben. Auf sie warten ein lichtdurchfluteter großer und kleiner Ballettsaal. Auf dem Fußboden stehen Requisiten für die erste Premiere der neuen Spielzeit. Intendant Tomaš Kreibich-Nawka und Diana Wagner nehmen das Baustellen-Schild unter den Arm. „Es ist schön, dass wir pünktlich zum Jubiläum wieder da sind“, sagt die SNE-Geschäftsführerin und blickt sich im neuentstandenen Dreiseit-Ensemble um.
Vor gut zwei Jahren fiel hier der Startschuss zur Sanierung und Erweiterung des Gebäudeteiles Süd. Mit dem Abriss des alten Ballettsaals begann der Neuanfang. Nötig wurde der Umbau, weil das Gebäude nicht mehr den technischen Anforderungen entsprach. Zudem fehlten den Mitgliedern von Orchester, Chor und Ballett ausreichende und funktionale Proben-, Garderoben- und Einspielräume. Musiker und Sänger mussten zuweilen auf dem Weg zu ihrem Auftritt zwischen wartenden Gästen hindurchlaufen. Kritik gab es auch an Arbeitssicherheit und Brandschutz.
Neubau wurde aus SED-Millionen mitfinanziert
Das ist nun Vergangenheit. Die Verwandlung des Areals in die neue Spiel- und Probenstätte sei einfach wunderbar, schwärmt Diana Wagner. „Man kommt über den Hof, sieht die Tänzer im Ballettsaal, gleich darunter probt der Chor. Die Spaziergänger können so ganz einfach einen Blick auf unsere Arbeit werfen.“ Zudem ist ein völliger neuer Eingangsbereich entstanden. Der Saal hat einen neuen Anstrich und Akustikelemente für die Decke bekommen.
Rund 2,9 Millionen Euro sind in die fast abgeschlossene Baumaßnahme geflossen. „Ursprünglich waren 2,6 Millionen Euro geplant. Die Abschlussrechnung ist auch noch nicht da“, sagt Diana Wagner. Finanziert wird das Projekt durch Sachsens Kulturministerium aus Mitteln der Parteien und Massenorganisationen der DDR, den sogenannten SED-Millionen. Dazu kommt ein Eigenanteil von 350.000 Euro. Träger des SNE ist die Stiftung für das sorbische Volk.
Mit dem Neubau kann das Haus im 70. Jahr seines Bestehens gut aufgestellt in die Zukunft schauen. Aus Anlass des Jubiläums lädt das Sorbische National-Ensemble vom 7. bis 9. Oktober zur Einweihung des renovierten Gebäudes an der Friedensbrücke zu einer Fest-Gala, einem Tag der offenen Tür und einem Familiensonntag ein.
Silvesterkonzerte wieder in der eigenen Spielstätte
Die ersten Proben des seinerzeit Staatlichen Ensembles für sorbische Volkskultur fanden am 1. April 1952 statt. Den ersten Premierenbeifall gab es knapp acht Monate später am 21. Dezember im Cottbuser Theater – anlässlich einer Veranstaltung der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft an Stalins Geburtstag.
Diesem kulturpolitischen Auftrag folgte dann die Aufführung des Kocor-Oratoriums „Der Frühling“ – und diese Musik wird auch wieder in der Jubiläumsspielzeit erklingen. Insgesamt sind zwölf Premieren – Ballett, Kinderprogramme, Orchester- und Chormusik, Kinder- und Abendvogelhochzeit – geplant. Knapp 100 Mitarbeiter stehen auf und hinter der Bühne.
Los geht es am 16. September mit der großen Tanztheater-Produktion „Wir waren – wir sind – wir werden sein“, für die aktuell im Ballettsaal geprobt wird. Hundert Jahre sorbische Geschichte werden in der Inszenierung nach dem Oratorienzyklus „Jahreszeiten“ des sorbischen Komponisten Korla Awgust Kocor erzählt. Premiere ist im Deutsch-Sorbischen Volkstheater.
Mit seinen Silvester- und Neujahrskonzerten wird das SNE indes wieder in seine Spielstätte zurückkehren. „Der Umbau macht es nun möglich, dass ein Großteil unserer Veranstaltungen wieder hier stattfindet“, sagt Diana Wagner.
Kulturgarten soll 2023 wieder stattfinden
Mit den neuen Möglichkeiten an der Äußeren Lauenstraße denkt Intendant Tomaš Kreibich-Nawka auch darüber nach, die Tradition der SNE-Sinfoniekonzerte wiederzubeleben. „Ich kann mir vorstellen, dass wir dem Publikum einmal im Quartal eine gute Mischung aus sorbischer und musikalischer Weltliteratur bieten können“, sagt er. Zudem lasse die Neugestaltung viele andere Ideen wachsen. Der neue Chorproberaum könne auch zum kleinen Saal umgebaut werden.
Neben vielen neuen Einblicken darf sich das SNE-Publikum in der neuen Spielzeit wieder auf beliebte Bestseller im Programm freuen. Die Spreewälder Sagennacht geht mit neuer Inszenierung in eine nächste Saison am Bismarckturm in Burg. Das Musikfest Schmochtitz führt im kommenden Jahr ins Nachbarland Polen. Die Musiker und Tänzer aus dem SNE begleitet dann die kaschubische Brass Banda Band „Bubliczki“. Die jungen Musiker gelten als spannendste Band der polnischen Folk-Szene.
Gute Laune dürfte bei Freunden des sorbischen Schlagers mit der Uraufführung des Programms „Mało kuraže“ aufkommen. Eine Neuauflage wird 2023 außerdem das SNE-Erfolgsformat aus diesem Sommer feiern: Der „Kulturgarten“ in der Sundowner-Bar soll mit einer Mischung aus musikalischen Gästen und eigenen Projekten in eine neue Runde gehen.