Bautzen: Ärger um Corona-Hilfen

Bautzen. Sie hat eine Online-Modeschau veranstaltet, Kundinnen durften auf Facebook live das Geschehen kommentieren. Und sie macht bei Click and Collect mit – bietet also ihre Moden zum Kauf per Abholung an. Ja, Sybille Mickan von der gleichnamigen Bautzener Modeboutique gibt sich Mühe, das Beste aus der Corona-Pandemie und dem Lockdown zu machen. Und dennoch: Die Bautzenerin ist frustriert. „Ich habe voriges Jahr 9.000 Euro Corona-Hilfen bekommen“, sagt sie. Das Problem: „Ich muss sie zurückzahlen. Ich habe danach zu viel Umsatz gemacht.“
Viele Händler und Gastronomen aus Bautzen berichten von Problemen bei der Auszahlung der Corona-Hilfen. Beim einen kommen sie zu spät, beim nächsten gibt es gar nichts. Andere müssen bereits erhaltenes Geld zurückzahlen. Von Unklarheit, wer nun Unterstützung bekommt und wer nicht, berichten wiederum andere.
Händler sollen ihren Umsatz bis zum Sommer beziffern
Das Antragsverfahren, findet Sibylle Mickan, sei zu wirr und zu kompliziert. Vor allem eine Sache stört sie: „Um die Hilfen zu beantragen, muss ich angeben, wie sich unsere Umsätze bis Juni entwickeln“, sagt sie. „Ich habe doch aber keine Glaskugel – ich weiß ja nicht einmal, wann wir wieder öffnen dürfen.“
Sie ist nicht die einzige, die das aufregt. Auch Bodo Thiemann von der gleichnamigen Bautzener Parfümerie sieht das so. „Wie sollen wir denn das vorhersehen“, fragt er – und meint seine Umsatzzahlen für den Sommer. Und ihn stört noch mehr. „Wir haben noch nicht eine müde Mark erhalten“, sagt er. Für die ersten Hilfen sei sein Unternehmen zu groß gewesen. Dann habe sich die Parfümerie, solange sie noch öffnen durfte, ähnlich wie Sybille Mickan, viel Mühe gegeben. Auch ihm sei das zum Verhängnis geworden: „Für November bekommen wir kein Geld, weil wir da für den Antrag noch zu viel Umsatz gemacht haben. Das ist absolut ungerecht.“
Antrag bewilligt - aber das Geld kommt nicht
Erst vor wenigen Tagen habe er Hilfen für den Dezember und den Januar beantragen können. Immer wieder seien die Unternehmen zuvor vertröstet worden, sagt er. Woche um Woche seien die Fristen von der Regierung verschoben worden. „Unsere Kosten laufen aber ja natürlich weiter in dieser Zeit.“ Auch er spricht von Regelungen, die wirr und unübersichtlich erscheinen. So falle auch seine Frau mit ihrem Deko-Café aus dem Raster, weil sie ein Mischbetrieb sei. „Die Regeln sollten linearer und einheitlich sein“, findet Thiemann.
Wie in einer Warteschleife fühlt sich auch Ramona Hoerold vom Café Enjoy am Bautzener Hauptmarkt. „Es hieß, es soll für November 75 Prozent des Vorjahresumsatzes geben“, sagt sie. „Der Antrag ist längst bewilligt worden. Ich habe aber noch nichts bekommen.“ Auch die Hilfen für den Dezember hat sie bereits bewilligt bekommen. Hier hat sie sogar schon eine anteilige Auszahlung von 30 Prozent erhalten. Wann das Geld für den November und der Rest für den Dezember kommt? Das ist offen. „Es heißt die ganze Zeit, die Politik hilft uns – aber es kommt nichts“, sagt sie.
IHK: "Prozedere hat viel zu lange gedauert"
Als „zu unübersichtlich“ empfindet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Dresden das Verfahren zwar nicht. Dass vieles erst im Nachhinein bekannt geworden sei, liege auch daran, dass die Regierung versucht habe, die Zugangshürden zu senken. Und: IHK-Pressesprecher Lars Fiehler weiß zu berichten, dass die November- und Dezemberhilfen mittlerweile bei vielen angekommen seien.
Dennoch übt auch Fiehler Kritik – und bestätigt die Geschichten der Bautzener Händler und Gastronomen. „Das ganze Prozedere hat von der Bekanntgabe bis zur Auszahlung ganz klar viel zu lange gedauert“, sagt er. „Wer im November kurzfristig schließen musste und erst im Januar oder Februar sein zugesagtes Geld bekommt, ist zu Recht sauer und hat auch nicht selten echte finanzielle Probleme“, sagt er.
Bautzener wollen schnelleres und einfacheres Verfahren
Die Bautzener Händler und Gastronomen fordern deshalb, dass in Zukunft alles schneller geht. Dass die Anträge eher möglich sind und das Geld schneller fließt. Ein Wunsch, den auch die IHK hat. „Es bleibt natürlich zu hoffen, dass die bereits gemachten Erfahrungen dazu beitragen, die entsprechenden Prozesse zu optimieren“, sagt Lars Fiehler.
Und das sächsische Wirtschaftsministerium? Das berichtet ebenfalls von Schwierigkeiten bei der Auszahlung der sogenannten Überbrückungshilfen des Bundes. So seien beispielsweise bei der Dezemberhilfe Anträge bewilligt und ausgezahlt worden, die sich später als nicht antragsberechtigt herausstellten. Diese Zahlungen seien zurückgefordert worden.
Und die Prognose der Einnahmen bis zum Juni? Diese Angabe könne bei Unsicherheit auch ausgelassen werden, heißt es vonseiten des sächsischen Wirtschaftsministeriums. Eine Prognose bis März würde im Zweifel ausreichen. Wird es also in Zukunft schneller gehen und einfacher werden? Ein Versprechen leistet das Ministerium nicht. Aber: „Das sächsische Wirtschaftsministerium hat sich in den Gesprächen mit dem Bund“, erklärt ein Referent, „immer wieder für eine Vereinfachung der Regelungen eingesetzt.“ Er nennt ein Beispiel. So habe der Bund erst nach einer Forderung aus Sachsen ermöglicht, dass Saisonware abgeschrieben werden kann.
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