In Bautzen entsteht eine besondere Brücke

Bautzen. Die Bautzener Firma Hentschke Bau baut eine neue Brücke. Soweit, so wenig überraschend: Das Unternehmen ist weit über die Region hinaus bekannt als Brückenbauer. Ein neues Projekt, an dem die Firma jetzt arbeitet, ist aber trotzdem etwas Besonderes: Gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden will das Unternehmen in Bautzen eine Forschungsbrücke bauen. Das teilt Firmensprecher Thomas Schiller mit.
Die Forschungsarbeit: Warum die Brücke gebaut wird
Das Projekt nennt sich „IDA-KI – Automatisierte Bewertung der Monitoringdaten von Infrastrukturbauwerken“. Es wird unter der Leitung des Instituts für Massivbau der Technischen Universität Dresden in Kooperation mit der Firma Hentschke Bau durchgeführt. Auch das "Institut für Digitales und Autonomes Bauen" der Technischen Universität Hamburg und das Weimarer Ingenieurunternehmen MKP GmbH sind daran beteiligt.
Das Ziel der Projektteilnehmer: Sie wollen schauen, unter welchen Belastungen eine Brücke wie leidet – und was das für nötige Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten bei bestehenden Brücken bedeutet. Sie wollen die möglichen Schäden auf diese Weise rechtzeitig erkennen können.
Dafür wollen die Projektteilnehmer eine Brücke bauen, die aus drei Feldern besteht. Ein Feld soll dabei typische Probleme von alten Brücken darstellen. Die anderen beiden Felder sollen aktueller Brückenbautechnik entsprechen – und mit modernen Bauverfahren errichtet werden. Dann soll die Forschungsbrücke Belastungstests ausgesetzt werden. Dabei wollen die Forschungsgruppenmitglieder bis in kritische Zustände gehen, die so an einer echten Brücke nicht getestet werden könnten.
Die Forschungsbrücke soll mit modernen Sensoren ausgestattet sein, die exakte Daten zu den Belastungen und Schäden an den einzelnen Brückenteilen liefern. Solche Sensoren können allerdings Messfehler produzieren, und die Analyse der großen Datenmengen ist aufwendig. Das Projekt will – mithilfe einer künstlichen Intelligenz – lernen, Sensorfehler zu erkennen – und zu beheben. Wenn die Brücke in einem kritischen Zustand ist, sollen die Sensoren Alarm geben.
Die Sensoren sollen dann später, in der Realität, helfen, den Zustand von Brücken zu überwachen, bei denen dies beispielsweise durch Berechnungen nicht so einfach möglich ist. Ein Beispiel hierfür könnte zum Beispiel die Bautzener Friedensbrücke sein.
Parallel zu der Forschungsbrücke gibt es ein digitales Brückenmodell – genannt „digitaler Zwilling“. Denn auch die an der Brücke montierte Sensortechnik hat ihre Grenzen. So können Sensoren nicht überall an einer Brücke angebracht werden. Außerdem können sie nur bestimmte Daten aufzeichnen; wie zum Beispiel die Temperatur oder die Verformung an einem bestimmten Punkt. Was beispielsweise nicht direkt erfasst werden kann, sind Materialspannungen. Der „digitale Zwilling“ der Brücke nutzt die vorhandenen Daten der Sensoren – und errechnet damit die offenen Informationen, wie eben beispielsweise die Materialspannung.
Das Monitoring-System soll dann am Ende in der Lage sein, Probleme an Brückenbauwerken automatisch und frühzeitig zu erkennen – und rechtzeitig zu warnen.
Das Bauwerk: Was es kostet und wo es entsteht
Gebaut werden soll die Brücke in Bautzen. Ganz genau steht noch nicht fest, wo. Wahrscheinlich soll sie aber – so teilt es die Firma Hentschke Bau mit – in der Nähe ihres Fertigteilwerks an der Hoyerswerdaer Straße errichtet werden.
Die Brücke soll dabei in Realgröße erbaut werden. Als „weltweit quasi einmalige Chance“, bezeichnet das Dr. Frank Jesse, der das Projekt bei der Firma Hentschke Bau leitet. Die dreifeldrige Spannbandbrücke soll dann etwa 45 Meter lang sein, fünf Meter breit und drei Meter hoch.
Das Projekt ist dabei kein kleines – sondern ein Millionenprojekt. Insgesamt soll es rund 3,85 Millionen Euro kosten. Einen Teil davon, nämlich 2,4 Millionen Euro, steuert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr bei.
Die Bautzener Firma: Welche Rolle Hentschke Bau spielt
Das Unternehmen Hentschke Bau baut die Forschungsbrücke – und entwickelt ein Monitoringsystem für Brücken-Neubauten. Ziel sei es, so das Unternehmen, Monitoringsysteme und digitale Wartungsmodelle künftig ins Angebotsportfolio aufzunehmen. Ab Werk sollen dann Brücken bereits mit Sensorik ausgestattet werden können. Die Straßenbauverwaltung kann dann mit den digitalen Modellen Zugriff zu allen Informationen bekommen, um Instandhaltungsmaßnahmen zu planen.
Der Gewinn: Das bedeutet das Projekt für die Region
Das Projekt soll einen Beitrag zur Strukturstärkung der Region leisten. So werden beispielsweise bei der Firma Hentschke Bau im Zuge dessen etwa fünf neue Arbeitsplätze im Bereich der datengetriebenen Innovationen entstehen, teilt Firmensprecher Thomas Schiller mit. Einer davon sei bereits besetzt worden. Die Firma Hentschke Bau freut sich zudem darüber, langfristig auf diese Weise ihr Produkt-Portfolio erweitern zu können.
Der Projektstart: Dann geht es los
In diesem Jahr wollen die Projekt-Teilnehmer das Brückenkonzept und die genaue Planung ausarbeiten, berichtet Hentschke-Sprecher Thomas Schiller. Einen genauen Bauablaufplan gebe es noch nicht. Fest stehe aber, dass die Brücke im Jahr 2024 bis an ihre kritischen Zustände belastet werden soll. Ab 2025 soll die Brücke dann als Reallabor für Interessenten aus den Bereichen Forschung und Entwicklung geöffnet werden.