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Bautzen: Aufregung um Marktschließung

Weil der Betreiber des Edekas im Allendeviertel gekündigt hat, haben Anwohner Sorgen - und einen Wunsch.

Von Theresa Hellwig
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Weil der Betreiber des Edekas im Bautzener Allendeviertel gekündigt hat, sorgen sich Andrea Kubank und Klaus Müller vom Allendetreff, dass das Einkaufsangebot wegfällt - und damit auch ein Treffpunkt.
Weil der Betreiber des Edekas im Bautzener Allendeviertel gekündigt hat, sorgen sich Andrea Kubank und Klaus Müller vom Allendetreff, dass das Einkaufsangebot wegfällt - und damit auch ein Treffpunkt. © Steffen Unger

Bautzen. Wie eine Bombe – so formuliert es Klaus Müller – sei die Nachricht im Bautzener Allendeviertel eingeschlagen. Gemeinsam mit Linken-Stadträtin Andrea Kubank engagiert er sich im Allendetreff. Und die beiden berichten von vielen aufgebrachten Anwohnern in den vergangenen Tagen. Denn in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Betreiber des Edeka-Marktes in der Hanns-Eisler-Straße den Mietvertrag gekündigt hat. Zum 30. Juni will er den Markt schließen. Oder, wie er erklärte: Dann muss er das tun. Von wollen könne eigentlich keine Rede sein.

László Megyesi hatte das mit einem Personalproblem begründet. Er finde keine neuen Mitarbeiter, sagte er – vor allem an zwei Fleischfachverkäufern mangele es ihm. Und ohne Fleischtheke lohne sich ein Edeka-Markt nicht.

Die Anwohner sind erschrocken

Viele Anwohner seien auf Klaus Müller und Andrea Kubank zugekommen, haben sie zum Beispiel im Markt angesprochen. Die Stimmung: erschrocken. Spekulationen über die Beweggründe des Betreibers kursieren, berichtet Klaus Müller. Warum, zum Beispiel, hat niemand Aushänge wahrgenommen, dass Personal gesucht werde? „Der Markt darf nicht schließen“, sagen die beiden Engagierten vom Allendetreff deshalb.

„Der Markt hat für die Bewohner des Viertels eine besondere Bedeutung“, ist Klaus Müller überzeugt. Vor allem deshalb, weil in dem Viertel viele ältere Leute leben. „Die nächsten Einkaufsmärkte sind vom Allendeviertel sicher 800 Meter entfernt“, sagt er. Gerade für die Anwohner, die nicht mehr gut zu Fuß sind, ein Problem. Insbesondere bei Wetterlagen wie jenen, die sich in dieser Woche zeigen, werde das deutlich.

Vor allem für Ältere wird es schwer

Zwar gehört Anwohnerin Simone Petzold mit ihren 55 Jahren noch nicht zur Gruppe besagter Älterer, die schlecht zu Fuß sind. Aber sie kämpft noch mit den Folgen eines Bandscheibenvorfalls. Auch sie sorgt sich, dass der Markt wegfallen könnte – und die Wege dadurch weiter werden. „Ich habe kein Auto“, sagt sie, „und bin alleinstehend.“ Wie ihr ginge es sicher einigen in der Gegend. Vor allem, wenn sperrige oder schwere Dinge wie Getränke auf ihrer Einkaufsliste stehen, ist ihr der Weg zum nächsten Einkaufsmarkt zu weit.

Aber nicht nur um den Weg geht es den Anwohnern des Allendeviertels. Der Markt sei für die Anwohner nicht bloß irgendeine Einkaufsmöglichkeit. Er sei auch eine Art Treffpunkt, Kernanlaufpunkt des Viertels. In dem Bereich gibt es auch Ärzte, einen Friseur. Schon bald soll dort auch die Bücherzelle des Allendetreffs stehen. Und: „Meinen Informationen nach müsste das die zweitälteste Kaufhalle in Bautzen sein“, sagt Klaus Müller. Der Ort habe sich als Anlaufpunkt über Jahre etabliert. Die Anwohner kommen dort zusammen.

BWB will Gebäude modernisieren

Dabei passt die Idee eines Treffpunkts auch zu den Plänen, die Kirsten Schönherr von der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft (BWB) schon durchblicken lassen hat. Der BWB gehört das Gebäude. Und wenn der Markt tatsächlich schließt, will Kirsten Schönherr das Gebäude modernisieren lassen. Sie will einen Teil des alten Gebäudes abreißen und neu bauen, vielleicht auch größer. Ihre Idee: Außen-Sitzplätze für ein Café ermöglichen, für mehr Barrierefreiheit sorgen. Eine Architektenstudie soll Klarheit über die Möglichkeiten bringen.

Eine schöne Vorstellung, findet Andrea Kubank. „Ich finde die Idee gut, Bänke vor dem Gebäude aufzustellen und Bäume zu pflanzen“, sagt sie. Im Sommer heize sich die freie Fläche vor dem Markt ganz schön auf, sagt auch Klaus Müller – auch er würde sich über mehr Grün freuen.

Stadträtin hat eine Idee

Dennoch: In der Umbauzeit dürfe das Nahversorgungsangebot nicht wegfallen, fordern die beiden. „Wir befürchten, dass der Markt in der Umbauzeit mehrere Monate dicht ist“, sagt Klaus Müller. Tatsächlich hatte Kirsten Schönherr von der BWB bereits angekündigt, dass sie im Gespräch mit möglichen Nachfolgern für den Markt ist – dass das Angebot aber sicher nicht nahtlos erfolgen werde. Vor allem wegen der geplanten Umbauarbeiten.

Klaus Müller und Andrea Kubank haben deshalb einen Wunsch. „Vielleicht wäre es ja möglich“, schlägt Andrea Kubank vor, „in der Zeit der Schließung einen Bäcker- oder Fleischerwagen vor dem Gebäude aufzustellen“.

So berichtete Sächsische bisher über die geplante Schließung des Edeka-Marktes:

Die SPD-Fraktion des Bautzener Stadtrates hat auf die angekündigte Schließung des Edeka-Marktes im Allendeviertel reagiert. Sie „fordert das Arbeitsamt, das Jobcenter, die Stadt und die Bürger der Stadt auf, alles zu tun, um die Schließung des Marktes zu verhindern. Der Unternehmer, Herr Megyesi, kämpft für dessen Erhalt. Was offensichtlich fehlt, sind Fachkräfte“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Roland Fleischer.

Er erkennt darin ein Warnsignal. „Wir fordern insbesondere deshalb, zeitnah und in Zukunft alles dafür zu tun, allen ausländischen, fachlich ausgebildeten oder ausbildungswilligen Mitbürgern die Möglichkeit einzuräumen, diese Lücke zu schließen“, sagt Roland Fleischer in Bezug auf den Personalmangel. „Ausländer nehmen uns keine Arbeitsplätze weg! Wir brauchen sie!“

Mietvertrag läuft noch bis zum Sommer

Zuvor hatte Sächsische.de berichtet, dass der Edeka-Markt an der Hanns-Eisler-Straße vor dem Aus steht. Laut Auskunft der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft hat der Betreiber des Marktes zum 30. Juni dieses Jahres gekündigt. Dieser Markt ist nicht der einzige von László Megyesi. Er betreibt auch den Edeka in der Bautzener Innenstadt, im Kornmarkthaus.

Den wird er auch weiterbetreiben, erklärt László Megyesi. Und eigentlich, sagt er, würde er auch gerne den im Allendeviertel offenhalten. Aber das sei schlichtweg nicht möglich.

Betreiber: "Wir finden keine Mitarbeiter"

Als er von den Gründen für seine Entscheidung berichtet, klingt er aufgebracht. „Ich bin der traurigste Mensch weit und breit“, sagt er, „ich muss ein Geschäft schließen.“ Seit 2009 betreibe er den Markt – eine lange Zeit. Am Gewinn mangele es nicht, sagt er, der Markt im Allendeviertel laufe gut. Erst vergangenes Jahr habe er 30.000 Euro in den Standort investiert, zum Beispiel in neue Kassen.

„Aber ich bin gezwungen“, sagt László Megyesi. Der Grund: Er finde keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter. „Ich stehe vor dem Problem, dass zwei Fleischfachverkäuferinnen in Rente gegangen sind“, sagt er. Neue finde er nicht. Und einen Edeka-Markt ohne Fleischstand führen? „Das bringt doch nichts“, sagt er.

Betreiber wollte eigentlich beide Märkte abgeben

Und es fehlen noch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erzählt er. „Meine Marktleiterin hatte ein halbes Jahr keinen Urlaub, das geht nicht. Ich kann den Markt doch nicht auf Kosten meiner Mitarbeiter weiterführen.“ Lange habe er gesucht – vergeblich. „Der Arbeitsmarkt ist leergefegt.“

Eigentlich hatte er vor, so erzählt Megyesi, bald ein paar Schritte in Richtung Ruhestand zu gehen. Eigentlich, so war sein Plan, wollte er beide Bautzener Märkte bald zusammen abgeben. Aber nur wenn er sicher sein könne, dass die Märkte dann auch eine Weile laufen – und einen neuen Betreiber nicht gleich vor große Probleme stellen. Mit der Personalnot sei das aber nicht möglich.

BWB sucht für den Laden einen Nachfolger

Also habe er eine Entscheidung getroffen. Er möchte die Märkte zusammenlegen; das Personal aus dem Allendeviertel mitnehmen in die Innenstadt. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wolle er halten, sagt er. Und den Markt im Kornmarkthaus wolle er nun auch noch ein paar Jahre weiter führen.

Und was passiert dann mit dem Markt im Allendeviertel? „Wir suchen einen Nachfolger und sind mit Edeka und Rewe im Gespräch“, teilt Kirsten Schönherr, Geschäftsführerin der Bautzener Wohnungsbaugesellschaft (BWB), mit. Der BWB gehören beide Gebäude, in denen László Megyesi seine Edeka-Märkte betreibt.

Und vonseiten einer für Edeka zuständigen PR-Agentur heißt es: "Wir sind daran interessiert im Allendeviertel für unsere teilweise sehr langjährigen Kunden auch weiterhin präsent zu bleiben."

Gebäude soll modernisiert werden

Doch ob es im Sommer nahtlos weitergeht mit einem neuen Markt, ist offen. Die BWB überlegt, so berichtet Kirsten Schönherr, umzubauen. „Wir sind bestrebt, die Nahversorgung aufrecht zu erhalten“, sagt sie, „wir wollen aber auch die Möglichkeit nutzen und modernisieren.“

So möchte die BWB den Anlieferungsbereich als Parkplatz vergrößern, Sitzplätze für ein Café ermöglichen und mehr für Barrierefreiheit tun. „Wir wollen die Aufenthaltsqualität verbessern“, sagt Kirsten Schönherr. Sie wolle jetzt eine Architektenstudie beauftragen, dann möchte sie weitersehen.

Und dennoch: So ganz verabschiedet hat sich László Megyesi von dem Edeka-Markt an der Hanns-Eisler-Straße noch nicht. Falls er doch noch Personal findet oder sich etwas anderes ergibt, überlegt er, den Markt doch weiterzuführen – wenn es dann noch möglich sein sollte.

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