"Der Bautzener Theatersommer ist immer eine große Nummer"

Bautzen. Die 26. Auflage des Theatersommers ist vorbei, am Sonntag fiel der letzte Vorhang. Mit "Sherlock Holmes - das Biest von Bautzen" ermittelte in diesem Jahr der Londoner Meisterdetektiv im Herzen Bautzens. Im Interview mit Sächsische.de zieht Lutz Hillmann, Intendant des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters, Bilanz.
Herr Hillmann, nach der Corona-Zwangspause: Wie sehr haben Sie sich persönlich auf den Theatersommer gefreut?
Endlich wieder Theater! Trotz der überaus schwierigen Zeiten, die hinter uns allen liegen, haben wir uns wieder nach dem gesehnt, was Theater ausmacht - dem direkten Kontakt mit unserem Publikum und ungehindertem Theaterspiel der Akteurinnen und Akteure auf und hinter der Bühne.
"In der turbulenten Spielzeit haben wir das Maximale gegeben"
Wie gut war denn der Bautzener Theatersommer in diesem Jahr besucht?
Insgesamt haben 27.175 Zuschauer die 35 Vorstellungen von "Sherlock Holmes - das Biest von Bautzen" gesehen. Außerdem besuchten 887 Gäste die Filme der 16. Bautzener Burgfilmnächte. Zum dritten Mal in Folge wurde auch im Theatergarten am großen Haus Sommertheater angeboten. Dort besuchten 1.019 Zuschauer die 20 Vorstellungen unter freiem Himmel. Das sind insgesamt 29.081 Besucher bei den Sommerangeboten des Bautzener Theaters. In der hinter uns liegenden, turbulenten Spielzeit haben wir das Maximale unter den vorgeschriebenen Bedingungen gegeben. Um so mehr freuen uns die hohen Zuschauerzahlen.

Manch anderes Theater könnte angesichts dieser Zahlen neidisch werden. Was macht denn der Bautzener Theatersommer richtig?
Es ist genau das: Wir gehen auf die Region ein. Ich denke, das machen wir richtig. Der Theatersommer ist immer eine große Nummer. Und ich denke, die Besucher schätzen die Kontinuität. Wir machen das zum 26. Mal - und zwar unverdrossen und ungebrochen. Wir klotzen mit den eigenen Mitarbeitern. Wir holen kaum Gäste und Stars, sondern es ist immer unser Ensemble.
"Die Freude ist da, aber auch eine Zögerlichkeit"
Merken Sie, dass nach dieser ganzen Zeit die Gäste hungrig auf Theater sind?
Sie könnten hungriger sein. Die Freude ist schon da, aber es ist trotzdem eine Zögerlichkeit da. Das spüren alle Theater, wir aber noch nicht ganz so stark wie andere, weil wir ein treues Publikum haben. Es gibt Besucher, die unverdrossen zu uns kommen und für die das obligatorisch ist, zum Theatersommer zu gehen. Es gibt viele Gegenden, wo das anders ist. Wir haben das volle Programm angeboten und geschaut, was kommt - das hat gut funktioniert.
Sie sind Ideengeber, Autor und Regisseur des Stückes. Wieso wollten Sie Sherlock Holmes gern nach Bautzen holen?
Die ursprüngliche Idee war, dieses Stück in zwei Teilen zu spielen. Vor der Pause sollte das Stück in London spielen, nach der Pause in Bautzen. Das hat 2020 nicht geklappt. Weil wir für 2021 eine eingeschränkte Fassung machen mussten, haben wir uns überlegt, nur den ersten Teil zu spielen, weil sich die gesetzlichen Vorgaben zur Corona-Pandemie ja stündlich änderten. Dieses Jahr haben wir dann den zweiten Teil nachgeholt. Den habe ich etwas größer gemacht, damit es ein vollwertiges Stück ist.
Bisher hatten alle 26 Theatersommer-Stücke einen regionalen Bezug. Warum ist Ihnen das wichtig?
Ich denke, die Stücke sollten mit der Gegend zu tun haben. Beim Theatersommer ist das möglich. Wir haben eine "My Fair Lady"-Inszenierung in Oberlausitzer Mundart gemacht. Wir haben den Stoff in die Region geholt. Beispielsweise hat "Der Widerspenstigen Zähmung" von Shakespeare auf der Goschwitzstraße in Bautzen gespielt.
"Theater entfalten ihre Wirkung regional"
Sie kommen gebürtig aus Bischofswerda. Braucht es dieses heimische Feingefühl, damit die Zuschauer mitgenommen werden?
Man muss Bautzen und die Gegend schon irgendwie mögen, und das ist manchmal schwer. (lacht) Ich denke, jeder Intendant sollte sich in einem Theater dieser Größenordnung und Struktur mit der Region auseinandersetzen. Theater entfalten ihre Wirkung regional und nicht international. Selbst das Thalia-Theater in Hamburg muss auf die Hamburger eingehen. Wir haben die Möglichkeiten, auf Besonderheiten, Stimmungen und Mentalitäten, die eine Region hat, einzugehen. Im Grunde genommen haben wir sogar die Verpflichtung. Das können Massenmedien nicht.
Was war Ihr persönliches Highlight in diesem Theatersommer?
Die Premiere. Wir haben dort vor der vollen Traverse gestanden - das war schon bewegend und besonders. Nach so einer langen Zeit dieses Live-Gefühl zu haben, ist für das ganze Haus ein besonderer Moment gewesen.
Können Sie schon einen Einblick geben, was die Besucher beim Theatersommer 2023 erwarten wird?
Wir spielen "Spuk unterm Riesenrad" von C.U. Wiesner nach dem Buch beziehungsweise der Fernsehserie. Das werden wir natürlich wieder in die Region verlegen. Das Stück wird wieder in der DDR spielen. Das gibt zum einen der Stoff her, zum anderen hat das für Besucher Kultcharakter, und viele verbinden die Zeit mit Kindheitserinnerungen. Allgemein wünschen wir uns für die neue Theatersaison, die am 5. September beginnt, so viel Normalität wie möglich - und dass sowohl unser Publikum als auch das Virus das genauso sehen.