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Ist die Oberlausitzer Teichlandschaft noch zu retten?

Die Fischwirtschaft hat die Region seit Jahrhunderten geprägt, steht aber unter erheblichem Druck. Ein Forschungsprojekt will Wege zur Rettung aufzeigen.

Von Uwe Menschner
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Das alljährliche Abfischen hat an vielen Teichen der Oberlausitz, wie hier in Klitten in der Gemeinde Boxberg, eine große Tradition.
Das alljährliche Abfischen hat an vielen Teichen der Oberlausitz, wie hier in Klitten in der Gemeinde Boxberg, eine große Tradition. © Archivfoto: Uwe Menschner

Malschwitz. Welche Zukunft hat die Teichwirtschaft in der Oberlausitz? Viel ist in den letzten Jahren über diese Frage diskutiert worden. Im Frühjahr 2020 zog der Görlitzer Landrat Bernd Lange (CDU), gleichzeitig Präsident des Sächsischen Landesfischereiverbandes, ein pessimistisches Fazit: „Wir sehen in letzter Zeit eine Zurückentwicklung des Fischereiwesens in der Region“, sagte er damals in Königswartha. Viele Faktoren würden den Teichwirten zu schaffen machen: Raubtiere, Krankheiten sowie lange Hitze- und Trockenheitsperioden, wie sie gerade jetzt wieder die Region heimsuchen.

Doch wie stellt sich die Situation aus wissenschaftlicher Sicht dar? Antworten auf diese Frage soll das vom Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft initiierte und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Forschungsprojekt „Teichlausitz“ geben. „In den vergangenen Jahren ist die Zahl der teichwirtschaftlichen Betriebe mit traditioneller Fischzucht stark zurückgegangen“, erklärt Professorin Irene Ring vom IHI Zittau, einem Außeninstitut der TU Dresden, das an dem Projekt beteiligt ist.

Teiche sind wichtig für Artenschutz und Klima

Restriktive rechtliche Rahmenbedingungen, begrenzte Absatzmöglichkeiten, eine Zunahme fischfressender Arten sowie die Auswirkungen des Klimawandels würden es den Unternehmen erschweren, wirtschaftlich zu arbeiten. Die Folge: Teiche werden aufgegeben und bleiben sich selbst und der Natur überlassen.

Nun sei genau dies ja in manchen Gebieten das Beste, was passieren kann. Nicht so jedoch in der seit mehr als 800 Jahren von der Fischzucht geprägten Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft: „Ökologisch wertvollen mitteleuropäischen Kulturlandschaften kann das zum Verhängnis werden – ohne den Erhalt traditioneller Bewirtschaftungsformen ist ihr Überleben gefährdet“, so die Professorin.

Die einst künstlich angelegten Teiche haben sich laut ihrer Einschätzung längst zu einem Eldorado des Artenschutzes entwickelt. Neben ihrer Rolle als Lebensräume für Fischotter und Co. würden sie auch für den Wasserhaushalt, den Tourismus und für das Lokalklima eine entscheidende Rolle spielen.

Experten setzen auch auf neue Forschungsmethoden

Im Projekt Teichlausitz erforschen Wissenschaftler der TU Dresden/IHI Zittau nun gemeinsam mit ihren Kollegen vom Institut für Binnenfischerei Potsdam und vom Thünen-Institut für Fischereiökologie Bremerhaven, wie die Lausitzer Teichlandschaft durch nachhaltige Bewirtschaftung erhalten bleiben kann.

Dabei nähern sie sich der Problematik von verschiedenen Seiten: „Wir schauen uns zum Beispiel die umweltpolitischen Fördermöglichkeiten an und entwickeln Vorschläge, wie die wertvollen Leistungen der Teichwirtschaft für Umwelt und Gesellschaft angemessen honoriert werden können“, erklärt Irene Ring. Doch auch aus der Praxis – nämlich von den Teichwirten selbst – wollen die Wissenschaftler Anregungen aufnehmen, wie sich unterschiedliche Haltungsmethoden auf den Artenreichtum und die Wirtschaftlichkeit auswirken.

In diesem Rahmen sollen auch neue, innovative Forschungsmethoden zum Einsatz kommen wie die Analyse der „Umwelt-DNA“, die einen Rückschluss auf den Artenreichtum zulassen soll. Dabei handelt es sich um Erbsubstanz, die von Lebewesen ständig an die Umwelt abgegeben wird.

Teichwirtschaft braucht mehr Wertschätzung

Den Begriff „nachhaltige Bewirtschaftung“ sieht Dr. Uwe Brämick vom Institut für Binnenfischerei Potsdam in diesem Zusammenhang weniger unter dem ökologischen als unter dem wirtschaftlichen Aspekt: „Dass die Teiche immer noch in Funktion und heute als wertvolle und sehr artenreiche Ökosysteme geschätzt sind, ist Beleg für ihre ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung. Problematisch ist heute die wirtschaftliche Nachhaltigkeit.“

Irene Ring vom IHI Zittau sieht die Notwendigkeit, der Teichwirtschaft und ihren Leistungen eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung entgegenzubringen und entsprechende Rahmenbedingungen zu entwickeln. Anderenfalls bestehe die Gefahr, dass die Kulturlandschaft der Teichlausitz verloren geht: „Verlieren Teiche durch Aufgabe der Bewirtschaftung erst einmal ihre Funktionalität, ist eine spätere Restaurierung nicht mehr bezahlbar.“

Das Forschungsprojekt „Teichlausitz“, das Anfang Juni mit einem Auftaktworkshop im Haus der Tausend Teiche des Biosphärenreservates Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft startete, hat eine Laufzeit bis Ende September 2024. Ziel ist es laut dem Thünen-Institut für Fischereiökologie letztlich, „Wege für den Erhalt fischereilich bewirtschafteter Teiche in der Lausitz zu entwickeln, indem deren Leistungen für das Ökosystem von der Gesellschaft angemessen honoriert werden“.