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Streuobstwiese gesucht - und ganzen Öko-Hof übernommen

Sächsische.de stellt Anbieter regionaler Lebensmittel aus dem Kreis Bautzen vor. Heute: Junge Leute bauen in Leutwitz Korn und Kartoffeln an - und haben noch viel mehr vor.

Von Anne Semlin
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Maximilian Richter, Claudia Henke, Jonas Truxa und Imker Alexander Schlotter (v. l.) haben die ökologische Landwirtschaft des Franziskushofes in Leutwitz übernommen. Hier stehen sie vor den Feldern des Hofes.
Maximilian Richter, Claudia Henke, Jonas Truxa und Imker Alexander Schlotter (v. l.) haben die ökologische Landwirtschaft des Franziskushofes in Leutwitz übernommen. Hier stehen sie vor den Feldern des Hofes. © SZ/Uwe Soeder

Göda. Leise staksen ein paar Hühner über den Vierseithof im Gödaer Ortsteil Leutwitz, picken hier und da nach Essbarem. Auf einem Vordach spielen junge Katzen. Vor dem Wohnstallhaus sitzt eine junge Frau mit ihrem Kleinkind an einem langen Tisch. Zu gemeinsamen Mahlzeiten kommen hier seit Kurzem gern mal 15 Menschen zusammen. Eine Gemeinschaft aus sieben Erwachsenen und fünf Kindern lebt seit Herbst 2021 auf dem alten Gehöft. Gemeinsam mit zwei Freiwilligen im ökologischen Jahr und weiteren freiwilligen Helfern kümmern sie sich um den Hof und die biologische Landwirtschaft.

„Von etwas Gemüseanbau für den Eigenbedarf hatten wir schon geträumt“, erzählt Maximilian Richter, der in der Gemeinschaft für die Außenkommunikation zuständig ist, „dass es dann eine richtige kleine Landwirtschaft wird, war nicht geplant.“ Zu dem Hof kamen die Dresdner eher zufällig, eine von ihnen war im Frühjahr letzten Jahres auf der Suche nach einer Streuobstwiese.

Gefunden hat sie die in Leutwitz – mit einem ganzen Hof dazu. Der Verein der Franziskusgemeinschaft, dem die Gebäude und Flächen gehören, war auf der Suche nach einem Nachfolger für Peter Leppers, der den Hof zuletzt bewirtschaftet hat.

Seit Herbst 2021 lebt eine Gemeinschaft aus sieben Erwachsenen und fünf Kindern auf dem alten Gehöft in Leutwitz.
Seit Herbst 2021 lebt eine Gemeinschaft aus sieben Erwachsenen und fünf Kindern auf dem alten Gehöft in Leutwitz. © SZ/Uwe Soeder

„Peter fand uns offenbar sympathisch“, so Richter. Im Juli erhielt die Gruppe die Zusage, Mitte Oktober ging es dann mit Kind und Kegel von Dresden aufs Dorf, in die Oberlausitz. Hier haben sie nun Verantwortung für 13 Hektar Acker, 14 Hektar Grünland, eine Streuobstwiese, Kühe, Schafe, Hühner und Gänse.

Eine landwirtschaftliche Ausbildung hat keiner der sieben Erwachsenen, trotzdem wollen sie die Bio-Landwirtschaft fortführen und sich einarbeiten. Seit Anfang des Jahres betreiben drei von ihnen einen Landwirtschaftsbetrieb, der die Gebäude und Flächen vom Verein pachtet. „Über kurz oder lang wollen wir schon, dass so viele wie möglich von uns davon leben können“, so Maximilian Richter.

Derzeit betreiben sie die Landwirtschaft im Nebenerwerb. Maximilian Richter fährt drei Tage pro Woche zu seiner Arbeit in einen Fahrradladen in Radebeul. Claudia Henke, die für den Acker verantwortlich ist, arbeitet als Sozialarbeiterin in Dresden. Jonas Truxa, der die Verantwortung für das Grünland trägt, arbeitet für ein Landschaftsarchitekturbüro.

Auf dem Hof sind die Hühner unterwegs. Im Hintergrund stapeln sich die Bienen-Beuten von Imker Alexander Schlotter.
Auf dem Hof sind die Hühner unterwegs. Im Hintergrund stapeln sich die Bienen-Beuten von Imker Alexander Schlotter. © SZ/Uwe Soeder

„Alle wachsen noch in ihre Aufgaben auf dem Hof rein“, sagt Maximilian Richter. Neben der Teilnahme an Seminaren und Weiterbildungen bekommen sie Unterstützung von Landwirten aus der Umgebung. „Da erfahren wir viel Offenheit“, erzählt Claudia Henke, die in Dresden bereits einen Bio-Laden führte.

Hofladen und Seminarräume im alten Gesindehaus geplant

Trotzdem, meint Maximilian Richter, würden immer auch Leute weiter außerhalb der Landwirtschaft arbeiten. „Wir wollen keine intensive, sondern eine kleinbäuerliche Landwirtschaft und verschiedene Standbeine auf unserem Hof vereinen.“ Mit schnellen Schritten führt er hinauf in die obere Etage des alten Gesindehauses an der Südseite des Hofes. Hier oben, wo bis vor Kurzem noch Heu lagerte, sollen mal Seminare stattfinden. „Rund um ökologische Bildung, wie Wollverarbeitung, Kräuterkunde oder Angebote für Schulklassen“, erklärt Maximilian Richter. Auch Ferienwohnungen seien denkbar.

Im unteren Teil des Gebäudes, wo im Moment noch die alte Werkstatt allerlei Werkzeug beherbergt, soll ein Hofladen eröffnet werden. Für diesen Plan konnten die neuen Landwirte bereits Fördermittel aus dem Mitmachfonds des Sächsischen Staatsministerium für Regionalentwicklung gewinnen.

Auf dem Hof sollen alte Nutztierrassen geschützt werden.
Auf dem Hof sollen alte Nutztierrassen geschützt werden. © SZ/Uwe Soeder

„Es gibt immer viel zu tun, auf dem Hof hat sich in den letzten Jahren so einiges angesammelt“, sagt Maximilian Richter. Peter Leppers habe den Betrieb zuletzt allein bewirtschaftet und manches nicht mehr geschafft. So gibt es regelmäßig „kleine Rupsen“, wie die Hofbewohner sagen – Arbeitseinsätze mit Freunden und Bekannten.

Kartoffeln und Mehl werden in Dresden verkauft

Auch das an den Hof angrenzende Getreidefeld braucht noch etwas Zuwendung. Maximilian Richter zeigt auf Ampfer und Disteln, die sich zwischen Emmer, Hafer, Dinkel und Roggen breitgemacht haben. „Das wird wohl noch dauern, bis wir diese Flächen halbwegs unkrautfrei bewirtschaften können.“ Nicht so im Kartoffelfeld gleich daneben, das Beet ist sauber und von Unkraut frei. Aber, meint Richter, „da steckt viel Handarbeit drin. Die ganzen Arbeitsstunden möchte ich nicht nachrechnen.“

Das Getreide wird von der Rätze-Mühle Spittwitz gereinigt und gemahlen. Mehl und Korn werden, wie die Kartoffeln, in der Verbrauchergemeinschaft Dresden verkauft. Gemüse bauen die Leutwitzer bisher nur für den Eigenbedarf an. Das soll sich im nächsten Jahr ändern.

Hofkäserei und Sozialprojekt sollen entstehen

Im Hof stapeln sich etliche leere Bienenbeuten. Bio-Imker Alexander Schlotter hat sich kürzlich mit seiner Imkerei Heinrichsgarten, Frau und Kind auf dem Hof niedergelassen. Hinter dem Stall stehen weitere der Holzkisten, diese hier sind bewohnt. Daneben watscheln ein paar Pommerngänse und Hühner durch ihren Auslauf. Ein Abteil weiter stehen Ina und Merle, zwei Kühe der Rasse Rotes Höhenvieh. Ihre Artgenossin Jonna liegt im Stall, sie hat vor Kurzem gekalbt. Alte, vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen sollen hier auf dem Franziskushof ihr Zuhause haben.

Wenn es nach Jonas Truxa geht, gibt es in Zukunft außerdem eine Hofkäserei. Dafür möchte er eine Ausbildung in der handwerklichen Milchverarbeitung machen. Ob die Milch dann von Kühen, Ziegen oder Schafen stammt, ist noch offen. An Ideen fehlt es den neuen Bauern offenbar nicht. Claudia Henke könnte sich vorstellen, ein Sozialprojekt für junge Mädchen auf dem Hof einzurichten.

Jetzt geht es aber erstmal zurück an den langen Tisch vor dem Wohnhaus – es gibt selbstgebackenen Stachelbeer-Kirsch-Kuchen für die Hofbewohner.

Mehr über das Leben auf dem Hof und Möglichkeiten zum Mitarbeiten unter www.franziskushof-leutwitz.de und auf dem Instagram-Profil des Hofes.