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Kein Corona-Leugner, aber gegen die Impfpflicht

Torsten Höhne aus Bautzen sagt, dass er Corona ernst nimmt. Warum er dennoch gegen die Impfpflicht und 2G ist, statt zu demonstrieren aber anders protestiert.

Von Theresa Hellwig
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Torsten Höhne aus Bautzen testet sich täglich und setzt eine FFP2-Maske auf. Dennoch spricht er sich gegen 2G im Handel und gegen eine Impfpflicht aus.
Torsten Höhne aus Bautzen testet sich täglich und setzt eine FFP2-Maske auf. Dennoch spricht er sich gegen 2G im Handel und gegen eine Impfpflicht aus. © Steffen Unger

Bautzen. Mit festem Schritt läuft Torsten Höhne an jenem Mittwochabend im Dezember bei der Sitzung des Bautzener Stadtrates nach vorn zum Rednerpult. Es ist Zeit für die Anliegen der Stadtbewohner – und der Stiebitzer hat ein Anliegen. Eines, das ihm sehr am Herzen liegt. Am Rednerpult angelangt, legt er seine Maske ab. Torsten Höhne ist hier, um die Corona-Maßnahmen zu kritisieren. Vor allem um zwei geht es ihm: um 2G in Geschäften und um eine mögliche Impfpflicht.

Torsten Höhne, der ehrenamtlich Ortsvorsteher im Bautzener Ortsteil Stiebitz ist, leugnet Corona nicht. Er spricht dem Virus nicht seine Gefahr ab, er verharmlost die Krankheit keineswegs. Gegen die Impfpflicht und gegen 2G spricht er sich trotzdem aus.

Szenenwechsel. Ein paar Wochen später, in Höhnes Büro. Vor sich hat er Zettel ausgebreitet. Es sei ihm wichtig, dass die Formulierungen korrekt sind, erklärt er. Er hat sich Gedanken gemacht. Er wisse, dass man Corona ernst nehmen müsse, beginnt Torsten Höhne. „Ich teste mich jeden Morgen. Ich trage eine FFP2-Maske“, erzählt er. „Dennoch habe ich mich gegen die Impfung entschieden.“

Angst vor einer weiteren Autoimmunerkrankung

Warum? Er leide unter Hashimoto, einer chronischen Schilddrüsenentzündung. Damit zählte er zu Beginn der Corona-Impfungen sogar zur Risikogruppe, hätte sich also eher als andere impfen lassen können. „Ich hatte aber Angst, durch die Impfung eine weitere Autoimmunerkrankung zu bekommen“, sagt er.

Das Robert-Koch-Institut berichtet auf seiner Seite, dass die Impfung auch bei Autoimmunerkrankungen kein Problem sei. So heißt es dort: „Studien konnten bisher keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer neu aufgetretenen Autoimmunkrankheit beziehungsweise einer chronisch-entzündlichen Erkrankung oder einem Schub einer bereits bestehenden Erkrankung belegen.“

Aber Torsten Höhne sagt, er höre von Beginn an den Podcast des Virologen Professor Alexander Kekulé. Und er berichtet zum Beispiel von der Autoimmunhepatitis, eine durch eine Immunreaktion ausgelöste chronische Hepatitis, die eine mögliche Nebenwirkung einiger Impfstoffe ist.

Auch das Paul-Ehrlich-Institut weist in seinem Sicherheitsbericht vom 23. Dezember darauf hin. Diese Fälle sind – und das sagt auch Kekulé – extrem selten. Laut dem Paul-Ehrlich-Institut liegt die Melderate beim Biontech-Impfstoff Comirnaty bei 0,4 Fällen pro einer Million Impfungen, beim AstraZeneca-Impfstoff Vaxzevria bei einem Fall pro einer Million Impfungen.

„Ich habe das für mich abgewogen“

Auch eine Immun-Vorerkrankung wird in diesem Zusammenhang nicht als erhöhendes Risiko genannt. Torsten Höhne weiß das. Er behält es auch nicht für sich. Er weiß auch, dass auch die Corona-Infektion bei Hashimoto ein Risiko ist. Auch das verschweigt er nicht. Dennoch sagt er: „Ich habe das für mich abgewogen – und entschieden, dass ich mich derzeit nicht gegen Corona impfen lassen will.“ Mittlerweile weiß er, dass das für ihn keine schweren Folgen hatte. Über Weihnachten hatte ihn das Virus erwischt – und er kam mit Fieber davon. Dennoch: Es sei keine Entscheidung gewesen, die er sich leicht gemacht habe.

Er habe dafür auch noch andere Gründe. So habe er im Kekulé-Podcast gehört, dass bestimmte Passagen aus den Verträgen von Biontech/Pfizer und der EU nicht öffentlich sind – unter anderem die Haftungsausschlüsse. „Das besorgt mich“, sagt Höhne.

Und es sei ihm zu unsicher, was die Impfung im Körper für Folgen habe. Auch dazu hat er einen Ausschnitt aus einem Kekulé-Podcast mitgebracht: Die Pharmakokinetik - also die Prüfung, was ein Arzneimittel mit einem Körper macht - liege nicht vollständig vor, heißt es in der Podcast-Folge. Es gebe pharmakokinetische Beobachtungen für die einzelnen Komponenten – nicht aber für den Impfstoff als Gesamtes.

„Ich würde niemanden vom Impfen abhalten wollen“

Zur Wahrheit gehört aber auch: Kekulé spricht sich dennoch für die Impfung aus. Er tut das sogar direkt im nächsten Satz, nach seiner Aussage zur Pharmakokinetik. Gerade bei der Impfung für Erwachsene, macht Kekulé deutlich, ist ihm die Datenbasis dicht genug.

Auch Torsten Höhne sagt: „Ich freue mich über jeden, der sich impfen lässt – und würde niemanden davon abhalten wollen.“ Und: „Meine Eltern sind geimpft, sogar geboostert – und das finde ich richtig.“ Es gehe ihm aber darum, dass jeder für sich eine eigene Entscheidung treffen kann.

Und die Sache mit 2G? „Ich verstehe nicht“, sagt der 57-Jährige, „warum ich als ungeimpfter Getesteter nicht in ein Geschäft gehen kann.“ Rund 800 Euro, berichtet er, habe er im Dezember im Onlinehandel ausgegeben. Geld, das er lieber in Bautzens Geschäften gelassen hätte.

„Man darf diese Leute nicht komplett ignorieren“

„Es können auch Geimpfte Corona übertragen“, sagt Höhne. Er halte es für sinnvoller, allen zu empfehlen, sich zu testen – auch Geimpften. Dass er als Getesteter mit Maske nicht einmal ein paar Winterstiefel kaufen könne, wurme ihn. „Der getestete Ungeimpfte wird ausgeschlossen – der ungetestete Geimpfte bekommt immer mehr Erlaubnisse. Diese Logik erschließt sich mir nicht“, so Höhne. „Mir scheint, dass der tiefere Sinn der 2G-Regelung das indirekte Durchsetzen der Impfmaßnahmen ist. Wenn der Grund ist, dass ein Minister mich zur Impfung erziehen will, dann soll er es wenigstens so nennen.“

Torsten Höhne hat für seinen Protest das Podium des Stadtrates gewählt – nicht die Corona-Proteste am Montag auf der Straße, bei denen regelmäßig Rechtsextreme mitlaufen, Straftaten begangen und Polizisten angegriffen werden. Will er damit ein Zeichen setzen? „Ich kenne auch einige Leute, die dort mitlaufen, weil sie nicht wissen, wie sie sonst protestieren sollen“, sagt Höhne. „Man darf diese Leute nicht komplett ignorieren.“

Deshalb habe er sich für die Rede vor dem Stadtrat entschieden. Außerdem habe er Briefe an die Landtags- und Bundestagsabgeordneten aus der Region verfasst. Und bei der nächsten Kreistagssitzung, berichtet Torsten Höhne, will er ebenfalls ans Mikro treten.