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Gaußig gedenkt sorbischem Sonderling

Michael Rostock wäre am Mittwoch 200 Jahre alt geworden. Er zählt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern der Sorben - aus mehreren Gründen.

Von Franziska Springer
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Ein Kreuz und ein Schmetterling zieren die Stele auf dem Gaußiger Friedhof, die seit 1997 an das Wirken von Michael Rostock erinnert. Am Mittwoch fand anlässlich seines 200. Geburtstages ein Gedenken statt.
Ein Kreuz und ein Schmetterling zieren die Stele auf dem Gaußiger Friedhof, die seit 1997 an das Wirken von Michael Rostock erinnert. Am Mittwoch fand anlässlich seines 200. Geburtstages ein Gedenken statt. © SZ/Franziska Springer

Gaußig. Kohlendioxid heißt auf Sorbisch "wuhlikowy dioksid". Die schiere Existenz dieses Begriffs ist insofern besonders, als dass das Sorbische eher nicht als eine ausgeprägte Wissenschaftssprache bekannt geworden ist. Dass es diesen Ausdruck dennoch gibt, verdanken die Sorben Menschen wie Michael Rostock.

In einer Gedenkandacht in der Gaußiger Kircher erinnerte die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde am Mittwoch anlässlich des 200. Geburtstages an den sorbischen Gelehrten. Er wurde vermutlich am 21. April 1821 in Ebendörfel als Arbeiterkind geboren und war später als Lehrer in Göda und der heutigen Doberschau-Gaußiger Ortschaft Dretschen tätig. Aufgrund der Einfachheit seines Lebensstils und seiner besonderen Interessen habe er "einen Ruf als sorbischer Sonderling in der Dorfgemeinschaft" innegehabt, führte Pfarrer Jan Mahling aus.

Bedeutende Forschung in der Freizeit

Seine Bedeutung für die Oberlausitz und die Sorben erlangte Rostock allerdings nicht mit seinem Ruf. Auch nicht mit seiner Profession - sondern eher nebenher, in seiner Freizeit. Das dabei geschaffene Werk suche seinesgleichen, führte der Freiberger Zoologe Bernhard Klausnitzer im Rahmen der Gedenkandacht aus: So habe sich Rostock leidenschaftlich der Insektenforschung gewidmet, sei ein exzellenter Kenner der Pflanzen und Pilze seiner Heimat gewesen.

Michael Rostock war zudem einer Vielzahl an Sprachen mächtig, kommunizierte unter anderem in Schwedisch, Polnisch, Russisch und Französisch mit Wissenschaftlern weltweit und erlangte so das Ansehen der Fachwelt. "Noch heute", so Klausnitzer, "muss jeder, der sich mit der Insektenklasse der Netzflügler beschäftigt, Rostocks Werke zur Hand nehmen." Eine Staublaus und eine Köcherfliege tragen bis heute seinen Namen.

Die sorbische Sprache weiterentwickelt

Nicht nur im Erlernen fremder Sprachen stach Rostock hervor. Auch bei der Weiterentwicklung seiner Muttersprache machte er sich einen Namen. "Rostock hat das Sorbische für verschiedene Naturwissenschaften geprägt, indem er vorhandene Begriffe sammelte und durch Wortneuschöpfungen ergänzte", sagte Trudla Malinkowa, die Vorsitzende des Denkmalsausschusses und der Sektion Geschichte der Maćica Serbska - der wissenschaftlichen Gesellschaft der Sorben. Diesem ältesten sorbischen Verein der Oberlausitz gehörte auch Rostock ab 1847 an.

Der sorbische Gelehrte Michael Rostock lebte zwischen 1821 und 1893 in der Oberlausitz. Zu seinem 200. Geburtstag werden ihm in Doberschau-Gaußig neue Denkmäler errichtet und alte saniert.
Der sorbische Gelehrte Michael Rostock lebte zwischen 1821 und 1893 in der Oberlausitz. Zu seinem 200. Geburtstag werden ihm in Doberschau-Gaußig neue Denkmäler errichtet und alte saniert. © Sorbisches Kulturarchiv

In Gedenken an das bedeutende Mitglied der sorbischen wissenschaftlichen Vereinigung wirkte Trudla Malinkowa 1997 gemeinsam mit dem damaligen Pfarrer Gerd Frey an der Gestaltung jener Stele auf dem Gaußiger Friedhof mit, die seither an das Wirken von Michael Rostock erinnert. Seinen 200. Geburtstag nahmen Kirchgemeinde und Gemeindeverwaltung zum Anlass für ein gemeinsames Projekt: "Die Kirchgemeinde hatte die Idee, die Stele auf dem Friedhof reinigen zu lassen. Außerdem sollte die gerissene Grabplatte, die mit deutscher Blei-Inschrift die letzte Ruhestätte von Michael Rostock gekennzeichnet hatte, restauriert und durch sorbische Beschriftung ergänzt werden", sagte Alexander Fischer (CDU), Bürgermeister von Doberschau-Gaußig.

Für die hierbei entstehenden Kosten von 570 Euro habe die Gemeinde Fördermittel aus der sorbischen Förderung nutzen können, so Fischer weiter. "Die Kirchgemeinde hat den organisatorischen Teil übernommen." Doch bei diesem Gedenkort allein soll es nicht bleiben. Geplant ist, eine Gedenktafel an Michael Rostock am Gebäude der Dretschener Feuerwehr anzubringen. Darüber hinaus soll ein Schild an der Michael-Rostock-Straße demnächst über die wichtigsten Eckdaten des Lebens des sorbischen Gelehrten aufklären.

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