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Nachwuchssorgen auf Obergurigs Wochenmarkt

Weil Personal fehlt, kommt der Fleischer nicht mehr auf den Markt. Der Veranstalter sorgt sich nun um die Zukunft einer der letzten Einkaufsmöglichkeiten im Ort.

Von Franziska Springer
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Vor etwa drei Jahren hat Daniel Kalley den Wochenmarkt an der Großdöbschützer Pinkmühle zum ersten Mal organisiert. Weil seit Mai der Fleischer nicht mehr kommt, sorgt er sich jetzt um die Resonanz der Kunden.
Vor etwa drei Jahren hat Daniel Kalley den Wochenmarkt an der Großdöbschützer Pinkmühle zum ersten Mal organisiert. Weil seit Mai der Fleischer nicht mehr kommt, sorgt er sich jetzt um die Resonanz der Kunden. © privat

Obergurig. Die Geschichte des Wochenmarktes an der Pinkmühle im Oberguriger Ortsteil Großdöbschütz ist rührend: Im Herbst 2018 zogen Nadine und Daniel Kalley mit dem Futtermittel und Landhandel Pink in die alte Scheune der Pinkmühle. Die beiden sind berufstätig, können den Laden, den Daniel Kalley von seinem Onkel übernahm, nur an zwei Tagen in der Woche öffnen.

Für Nadine Kalleys alltägliche Gewohnheiten blieb das nicht folgenlos: "Ich stand fortan sonnabends im Laden und konnte nicht mehr auf den Wochenmarkt nach Bautzen fahren", sagt sie. Daniel Kalley holte die fahrenden Händler daraufhin kurzerhand vor die Ladentür - der sonnabendliche Wochenmarkt an der Pinkmühle war geboren.

Die Idee ging auf: Seit nunmehr drei Jahren finden Besucher bei den dortigen Händlern im Wesentlichen alles, was sie zum Leben brauchen: frisches Brot und Brötchen, regionale Lebensmittel, Obst und Gemüse, Säfte und Marmeladen, sogar Textilien. "Am Sonnabend ist auf dem Hof immer Whooling", sagt Daniel Kalley.

Ein Glück für Obergurig, denn Einkaufsmöglichkeiten gibt es in der kleinen Gemeinde, die zur Verwaltungsgemeinschaft mit Großpostwitz zählt, sonst kaum. "Die nächsten Supermärkte befinden sich in Großpostwitz und Bautzen", sagt Nadine Kalley. Ihr Mann fügt hinzu: "Zu uns kommen vor allem Kunden, denen frische Produkte wichtig sind. Solche, die man sonst eher nicht im Supermarkt findet."

Seit Mai kommt der Fleischer nicht mehr auf den Markt

Besondere Anziehungskraft für Besucher hatte dabei immer der Verkaufswagen einer Fleischerei, aus dem heraus Fleisch, Wurst und Aufschnitt aus eigener Schlachtung angeboten wurde, haben die Kalleys beobachtet. Deren Inhaber aber kämpft mit Personalproblemen, kann deshalb den Verkaufsstand auf dem Großdöbschützer Wochenmarkt seit Mai nicht mehr besetzen.

Die Kalleys sorgen sich nun um die Zukunft des Marktes, befürchten, dass Kunden auf andere Einkaufsmöglichkeiten ausweichen. Eine Sorge, die Obergurigs Bürgermeister Thomas Polpitz (CDU) aus eigener Erfahrung teilt: "Ich habe selbst häufig auf dem Wochenmarkt an der Pinkmühle eingekauft." Seit es den Fleischerstand aber nicht mehr gibt, sei auch seine Motivation zum Marktbesuch zurückgegangen. "Die Qualität und Frische der Fleischerwaren waren schon ein Magnet", sagt er.

Seit drei Jahren lockt der Wochenmarkt jeden Sonnabend an die Pinkmühle nach Großdöbschütz in der Gemeinde Obergurig. Die Kunden schätzen hier besonders die Frische und die Regionalität der angebotenen Waren, sagen die Veranstalter.
Seit drei Jahren lockt der Wochenmarkt jeden Sonnabend an die Pinkmühle nach Großdöbschütz in der Gemeinde Obergurig. Die Kunden schätzen hier besonders die Frische und die Regionalität der angebotenen Waren, sagen die Veranstalter. © privat

Die Kalleys haben Einiges versucht, um die entstandene Lücke zu füllen. Das lohne sich, sind sie sich sicher, denn noch sei der Markt allwöchentlich gut besucht. Aber ihre Suche nach einem neuen Fleischer mit eigenem Verkaufsstand, auf die sie an verschiedenen Stellen im Gemeindegebiet, aber auch auf der Onlineplattform Facebook hinwiesen, blieb bislang ohne Erfolg. Wirklich verwundert sind Nadine und Daniel Kalley darüber nicht. Denn das Problem, sagen sie, sei ein systematisches: "Es gibt kaum noch junge Leute, die eine Lehre zum Fleischereifachverkäufer machen wollen. Und auch die Bereitschaft zur Arbeit am Wochenende ist selten geworden", sagt Daniel Kalley.

Wochenendarbeit schreckt viele ab

Das bestätigt Andreas Münch. Der Inhaber einer Lommatzscher Fleischerei ist Obermeister der Fleischerinnung Nordostmittelsachsen. Er selbst, sagt er am Telefon, habe bislang keinerlei Personalprobleme; habe aber durchaus schon von vielen Kollegen Klagen über den Mangel an Fachkräften gehört. Der betreffe aber nicht nur die Fleischereifachverkäufer. "Da können Sie auch zum Friseur oder zum Bäcker gehen. Die Bereitschaft, am Wochenende zu arbeiten, ist allgemein zurückgegangen." Gelöst werden könne dieses Problem nur mit entsprechenden Anreizen, sagt er und meint: "Übertarifliche Bezahlung und Prämien."

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Obschon Münch selbst auch ungelernte Fachkräfte beschäftigt, sieht er auch darin keine schnelle Lösung für den Oberguriger Wochenmarkt. "Auch Ungelernte müssen sich mit den Hygienevorschriften und der Warenkunde im Fleischerhandwerk auskennen. Bis sie im Verkauf an der Theke eingesetzt werden können, dauert es etwa ein halbes Jahr."

Solange können Nadine und Daniel Kalley nicht warten. Sie hoffen weiter, dass sich ihre Sorgen herumsprechen und sich ein Fleischer für den Verkauf an der Pink-Mühle interessiert. Bei der Suche, versichert auch Thomas Polpitz, wolle die Gemeinde das Ehepaar nach Kräften unterstützen, denn: "Wenn der Wochenmarkt verschwindet, wäre das für Obergurig ein Rückschritt, den wir sehr bedauern würden."

Fleischereien, die sich für einen Marktstand auf dem Wochenmarkt an der Pinkmühle interessieren, können sich unter 0176/96347072 oder per Mail an Daniel Kalley wenden.