Kreis Bautzen: Polizei ermittelt nach Spielabbruch

Bautzen. Die Polizei hat nach dem Abbruch eines Fußballspiels in Hoyerswerda Ermittlungen aufgenommen und Anzeige wegen Beleidigung erstattet. Das bestätigt Anja Leuschner von der Polizeidirektion Görlitz. „Vor Ort ermittelten die Polizisten Zeugen und erfassten deren Personalien. Der Tatverdächtige ist derzeit namentlich noch nicht bekannt, Ermittlungsansätze sind jedoch vorhanden“, erklärt die Sprecherin auf Anfrage von Sächsische.de.
Am vergangenen Sonnabend hatte Schiedsrichter Tim Wende die Partie der Kreisoberliga zwischen dem Hoyerswerdaer FC (HFC) und den Gästen des SV Post Germania Bautzen in der 78. Minute beim Stand von 7:0 abgebrochen. „Es gab rassistische Äußerungen, die für mich deutlich hörbar waren und das Spiel beeinflusst haben“, begründete Wende die Entscheidung. Die Rufe galten dem Hoyerswerdaer Spieler Amadou Sow und seien eindeutig von Bautzener Zuschauern gekommen. Der Spieler, der als Asylbewerber aus Guinea in Hoyerswerda lebt, hatte zu dem Zeitpunkt vier Tore geschossen.
SV Post Germania will Stadionverbote für die Täter
Jetzt liegt der Fall zudem beim Sportgericht, das eine finanzielle Strafe in Höhe eines vierstelligen Betrages für den SV Post Germania Bautzen verhängen kann. Ob das Spiel mit 7:0 oder einem anderen Ergebnis gewertet wird, ist noch offen. Mike Sievers, Präsident des SV Post Germania Bautzen, hatte am Sonntag auf der Facebookseite seines Vereins alle Beteiligten um Entschuldigung gebeten. „Der SV Post Germania Bautzen distanziert sich auf das Schärfste von dem Verhalten dieser Personen“, heißt es dort.
Sollten die Namen der Täter ermittelt werden, wolle der Verein jegliche finanziellen Forderungen und Verfahrenskosten auf diese Personen umlegen. „Außerdem werden wir ihnen bei uns Hausverbot erteilen, und sie bekommen dazu ein sachsenweites Stadionverbot.“ Das hieße, dass sie weder Zugang zu Spielen der Kreisklasse noch bei Dynamo Dresden hätten.
Wie die Polizei bestätigt, seien die Beleidigungen laut Aussage der Zeugen aus dem Gästeblock gekommen. Konkret gehe es um eine Gruppe von etwa 40 schwarz gekleideten Fans. Den Großteil dieser Personen kennt Mike Sievers laut eigener Aussage nicht. „Vereinsmitglieder sind es jedenfalls nicht.“ Wie für andere kleine Vereine auch sei es für Post Germania bei Heimspielen schwierig, umfassende Sicherheitssysteme zu etablieren. „Wir haben nicht das Personal, um große Sicherheitskontrollen zu machen oder gar Tickets zu personalisieren“, sagt Sievers. Bei Auswärtsspielen könne man ohnehin nur an die Vernunft der Fans appellieren.
Doch Mike Sievers weiß, dass sein Verein und dessen Fans einen gewissen Ruf haben. So werden der Boxabteilung konkrete Verbindungen zur rechten Szene nachgesagt. Und bei der ehemaligen dritten Männermannschaft seien Rechtsradikale dabei gewesen. In der Boxabteilung sei aber „wissentlich niemand mehr dabei“, der zur rechten Szene gehört. „Ich kann unseren Vereinsmitgliedern aber nicht verbieten, was sie privat machen.“
Vereine haben wenig Verständnis für Spielabbruch
Dass sich nun das Sportgericht mit der Partie vom Sonnabend beschäftigt, findet Mike Sievers korrekt. Allerdings hätte er das Spiel lieber nicht abgebrochen. Diese Beleidigungen sollen einerseits „nicht sein“, sagt er, seien andererseits aber Alltag „von der Kreisebene bis in die Bundesliga“. Allein weil sein Verein aus Bautzen kommt, sei er vielfach wegen der vermeintlich sorbischen Identität beleidigt worden.
Hoyerswerdas Trainer Stefan Hoßmang sagt, dass kein Spieler beleidigt werden dürfe. Mit dem Abbruch des Spiels seien aber alle für das Verhalten einer kleinen Gruppe bestraft worden. „Die Folge solcher Entscheidungen wird sein, dass jedes Wochenende bei gleichen Vorfällen jedes Spiel abgebrochen wird“, so Hoßmang laut Spielbericht auf den Internetseiten des HFC. Dort kommt auch sein Mannschaftsleiter Uwe Neumann zu Wort, der den Spielabbruch wegen der „angeblich diskriminierenden Aussagen eines Bautzener Fans“, die „eigentlich kaum jemand wahrgenommen hatte“, bedauert.
Auch Hoyerswerdas Präsident Bernd Ziemann kann den Spielabbruch nicht in Gänze nachvollziehen. Der Schiedsrichter habe seine Regularien, aber das Spiel hätte nicht abgebrochen werden müssen, sagt Ziemann. Er selbst sei während des Spiels zu weit von den Bautzener Anhängern entfernt gewesen, um klar zu hören, was gerufen wurde. „Aber wäre es laut genug gewesen, hätte ich es mitbekommen.“ Nach Gesprächen komme er zu dem Schluss, dass die Äußerungen „nicht sehr weit unter der Gürtellinie“ waren.
Es gab bereits Verstöße von Bautzener Zuschauern
Einige Bautzener Zuschauer hätten den vierfachen Torschützen aus Guinea gelobt, der seit der C-Jugend bei Hoyerswerda spielt und jetzt als 18-Jähriger seine erste Partie bei den Herren machte. „Der Gesamteindruck von den Bautzenern war sehr positiv“, das habe ihn überrascht, so der Hoyerswerdaer Präsident.
Im Vorfeld habe es Abstimmungen mit der Polizei gegeben, und es seien mehr Ordner im Einsatz gewesen als üblich. „Vor etwa drei Jahren gab es mal große Tumulte bei einem Pokalspiel gegen Germania, die von den Bautzener Anhängern ausgingen“, erklärt Bernd Ziemann. Deswegen habe man die Polizei darauf hingewiesen, dass eine solche Situation erneut möglich sei.
Das bestätigt Polizeisprecherin Anja Leuschner. „Bei zwei Begegnungen der beiden Vereine in der Vergangenheit ist es bereits zu Verstößen vonseiten einzelner Bautzener Fans gekommen. Daher plante die Polizei in Abstimmung mit der Heimmannschaft ein Sicherheitskonzept.“ Details wolle sie nicht nennen. Zwölf Beamte seien im Einsatz gewesen.
Verband und Schiedsrichter stehen zum Spielabbruch
Im Gegensatz zu den beiden Präsidenten sieht Schiedsrichter Tim Wende den Spielabbruch als alternativlos an. Er sei das letzte Mittel, aber „wenn das Spiel so beeinflusst und ein Spieler in dieser Form diskriminiert wird, ist ein Spielabbruch nötig“. Wende pfeift jetzt seine sechste Saison und ist auch in der höheren Landesklasse als Assistent im Einsatz. „So etwas habe ich vorher noch nicht erlebt.“
Sein Verband beschäftigt sich seit Sonnabend mit dem Vorfall und hat an der Entscheidung nichts auszusetzen, macht Gojko Sinde, Geschäftsführer des Westlausitzer Fußballverbandes, klar. „Es gab rassistische Äußerungen und Zwischenrufe. Der Schiedsrichter hielt es für unverantwortlich, den Spieler weiter unter diesen Umständen spielen zu lassen. Unser Schiedsrichter hat eine nachvollziehbare Entscheidung getroffen, hinter der wir auch als Verband stehen.“